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Die Falken Gottes

Die Falken Gottes

Titel: Die Falken Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Wilcke
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Stirn und fragte sich, was hier vor sich ging. Er war nie auf die Idee gekommen, eine weitere Dienstmagd ins Haus zu holen. Svante war wohl davon überzeugt, daß er eine weitere Frau für sein Bett suchte, doch daran hatte Magnus in letzter Zeit keinen Gedanken verschwendet. So schnippisch und hochnäsig sich Ebba auch oft verhalten mochte, war sie doch stets willig, seine Lust zu befriedigen.
    Ihm kam in den Sinn, daß es sich bei der Frau nur um dieses seltsame Mädchen handeln konnte, das ihn und Ebba im Stall überrascht hatte. Was, um Himmels willen, hatte diese Person, die nicht recht bei Verstand zu sein schien, mit ihm zu schaffen?
    »Wo ist die Frau jetzt?« wollte er wissen.
    Svante zuckte mit den Schultern. »Sie hat in der Küche auf dich gewartet, dann ließen Agnes und ich sie kurz allein, und als wir zurückkehrten, war sie verschwunden.«
    Hoffentlich für immer, dachte er. »Ich habe keine Ahnung, wer diese Frau sein mag«, meinte Magnus. »Denn ich kann dir versichern, daß ich nicht vorhabe, eine neue Magd in unserem Haushalt zu beschäftigen.«
    Svante nahm die Antwort regungslos hin. Ihr schien es egal zu sein, welche Versprechen er ihr gab. Mittlerweile brummte Magnus’ Kopf so heftig, daß er sich nur noch nach seinem Bett sehnte. Er küßte Svantes Hand und zog sich dann zurück.
    Auf der Treppe mußte er husten und so sauer aufstoßen, daß er kurz befürchtete, sich noch einmal übergeben zu |73| müssen. Himmel, warum nur setzte ihm der Alkohol derart zu? Auch die anderen Männer an Oxenstiernas Tafel waren sturzbetrunken gewesen, als er sich verabschiedet hatte, aber Magnus zweifelte daran, daß sie sich ähnlich elend fühlten wie er.
    Auch wenn er sich am liebsten sofort schlafen gelegt und vor dem nächsten Morgen nicht mehr aufgestanden wäre, wollte er doch zunächst in der Schreibstube die kopierte Chiffre des Sekretärs Sonnert ablegen. Er taumelte in das Zimmer und stellte erstaunt fest, daß auf dem Boden mehrere Papiere verstreut herumlagen. Auch der Deckel der Truhe, in der er viele Schriftstücke aufbewahrte, war hochgeklappt worden. Jemand hatte den Raum durchstöbert.
    Bevor Magnus einen weiteren klaren Gedanken fassen konnte, machte er aus den Augenwinkeln eine Bewegung aus. Er hatte sich noch nicht halb umgewandt, da traf ihn auch schon ein harter Fußtritt in den Magen.
    Magnus stöhnte auf und sackte auf die Knie. Ein zweiter Tritt, diesmal vor die Brust, zwang ihn ganz zu Boden. Er rollte sich schwerfällig auf die Seite und erhaschte einen Blick in das Gesicht einer Frau, die sofort darauf auf das offene Fenster zustürzte und auf ein Vordach sprang.
    Keuchend kroch Magnus auf allen vieren zum Fenster und schaute der Frau nach, die wohl über einen der Erker in den Hof geklettert war und nun hinter der Hecke des nebenliegenden Gartens verschwand.
    Magnus fluchte gepreßt und rieb seinen schmerzenden Bauch. Es grämte ihn, daß er zu betrunken gewesen war, um sich gegen die Tritte dieser Frau zu wehren. Vor allem aber sorgte er sich darum, daß Johan Oxenstierna nun endgültig das falsche Spiel, das Magnus seit Monaten mit ihm trieb, durchschaut hatte, denn er hatte das Gesicht der Frau erkannt, bevor sie geflohen war.
    »Oxenstiernas Magd«, brachte er stöhnend hervor.

|75| Kapitel 7
    Das helle Scheppern der Schiffsglocke weckte Ove Dahlgren. Er schlug die Augen auf, doch das schwache Licht, das in das Unterdeck der
Vedia
fiel, ließ ihn zweifeln, ob der Tag schon angebrochen war. Dahlgren hörte polternde Schritte und aufgeregte Stimmen. Er nahm an, daß sie endlich die deutsche Küste erreicht hatten.
    Stöhnend setzte er sich auf. Die Decke, auf der er geschlafen hatte, war naß, und die kalte Feuchtigkeit war wie Blei in seine Knochen gezogen. Es war unmöglich, hier auf dem Unterdeck eine trockene Stelle zu finden. Die Nässe verfolgte ihn wie ein Schatten. Das Wasser tropfte durch die Ritzen der Schiffswände oder wurde bei starkem Seegang vom Oberdeck nach unten gespült. Wenn das Schiff allzu heftig schlingerte, schlugen zudem die Wein- und Wasserfässer leck. Zwischen all den Pfützen und Lachen huschten die Ratten umher, die einzigen Kreaturen, die sich in dieser Umgebung wohl zu fühlen schienen.
    Dahlgren hatte gehofft, die Überfahrt in weniger als fünf Tagen hinter sich zu bringen, doch schon bald nachdem die
Vedia
aus dem Hafen von Norrköping abgelegt hatte, war ein Sturm aufgezogen, der das Schiff vom Kurs abbrachte und es bis an die Küste

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