Die Falknerin: Historischer Roman (German Edition)
nieder und suchte nach einer Erklärung, wie der Stoff hierhergekommen sein konnte. Doch ihr fiel nur eine Möglichkeit ein, und die gefiel ihr gar nicht. Seit der Rückkehr Sachsenheims waren vier Wochen vergangen. Dieses Tüchlein konnte sich jedoch noch nicht so lange hier befinden, denn es war nur oberflächlich verschmutzt. Margarethe seufzte und wanderte langsam zum Palast zurück, von wo Trine ihr aufgeregt winkte. In der Hand hielt sie einen Brief, und ihrem Blick nach konnte der Absender nur Albrecht sein. Margarethe beschleunigte ihre Schritte.
»Wir fahren nach München!« Margarethes Stimme überschlug sich fast, und vor Freude fiel sie Trine um den Hals.
Die lächelte und freute sich mit ihrer Herrin. »Das ist wunderbar«, sagte sie.
Margarethe hielt ihr das Pergament vor die Nase und deutete mit dem Finger darauf. »Ich kann es kaum glauben, aber der Herzog hat mich persönlich zur Jagd geladen. Das kann nur heißen …«
»Dass er Euch kennenlernen möchte.«
»Das auch, aber es muss bedeuten, dass Heinrich von Weida endlich nachgegeben hat.«
»Oder dass er gestorben ist.«
Margarethe schluckte betroffen. Sie mochte den alten Vogt zwar nicht, aber den Tod wünschte sie ihm trotzdem nicht. »Ach, das könnte natürlich auch sein.«
»Dann wärt Ihr jetzt Witwe. Ihr könntet Ansprüche erheben.«
Die Hofdame schüttelte den Kopf. »Nein, war ich bei Lebzeiten nicht seine Frau, bin ich’s auch jetzt nicht. Ich will nichts von diesem Mann, weder seinen Namen noch sein Gold.«
Sie erntete ein zufriedenes Nicken. »Ihr seid eine Frau mit Prinzipien. So jemanden trifft man selten.«
»Da magst du wohl recht haben, nur reich wird man davon leider nicht. Aber wir werden schon nicht verhungern. Ich muss das unbedingt dem Truchsess erzählen.«
»Ist er schon zurück von seiner Reise nach Nürtingen?«
»Man sagte mir, er sei gestern spät in der Nacht in Stuttgart eingetroffen, doch ich habe ihn noch nicht gesprochen.«
Trine schaute bekümmert drein. »Hoffentlich mutet er sich nicht zu viel zu. Er ist kein junger Mann mehr, und all diese Reisen sind nicht nur gefährlich, sondern auch sehr anstrengend.«
»Er wird schon wissen, was er tut«, meinte Margarethe, schrieb ein paar Zeilen, mit denen sie um ein Gespräch bat, und drückte sie Trine in die Hand. Dann machte sie sich auf den Weg zu Elisabeth. Mit Margot würde sie später reden müssen.
Die Antwort des Truchsessen kam prompt. Noch am selben Abend, gleich nach dem Nachtmahl, bat er Margarethe in seine Gemächer. Sie dachte kurz nach, beschloss dann jedoch, mit Trine über das Gartentürchen zu sprechen, verriet ihr jedoch nichts von ihrem Verdacht. Sie bat die Zofe lediglich, sich in der Zeit nach dem Essen für eine Weile dort aufzuhalten, die Pforte im Auge zu behalten, ohne selbst gesehen zu werden, und ihr am nächsten Morgen zu berichten, ob jemand in den Garten der gräflichen Familie gelangt war. Trine nickte nur wortlos, wie es ihre Art war.
Margots Vater erhob sich schwerfällig, als Margarethe den Raum betrat. Er wirkte müde, und in der Ecke stand ein Stock mit silbernem Knauf, den er vor Kurzem noch nicht benutzt hatte. Höflich verneigte er sich vor der Hofdame. Dann zeichnete sich ein Lächeln auf seinem Gesicht ab. »Meine liebe Margarethe, wie schön, Euch zu sehen. Ich gebe zu, Euch und Margot in letzter Zeit sträflich vernachlässigt zu haben, aber die Ereignisse bei Hofe überschlagen sich und erfordern meine ganze Aufmerksamkeit.«
»Wie geht es Euch, Herr von Bischishausen«, erkundigte sich Margarethe und dachte bei sich, dass er unglaublich müde aussah.
Margots Vater war wie stets angemessen gekleidet, wenn auch nicht ganz so akkurat wie gewohnt. Die Knitterfalten in Wams und Beinlingen zeugten davon, dass sein Kammerherr so sehr damit beschäftigt war, die Koffer aus- und wieder einzupacken, dass er kaum mehr dazu kam, die Kleidung in Ordnung zu halten. Dazu wirkte Bischishausen fahl und angestrengt. Margarethe hatte zum ersten Mal das Gefühl, einem alten Mann gegenüberzustehen. Die Fältchen auf der Stirn und um die Mundwinkel waren tiefen Kerben gewichen, und seine Augen leuchteten nicht mehr, sondern blickten gehetzt.
»Ich will Euch auch nicht lange aufhalten«, begann Margarethe.
Der Truchsess machte ein Zeichen, dass sie sich setzen sollte, und zog sich selbst einen Stuhl heran. »Sprecht, was liegt Euch auf dem Herzen?«, forderte er sie auf.
Fast ein wenig nervös fingerte die Hofdame den
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