Die Falknerin: Historischer Roman (German Edition)
Gesicht gezogen hatte. An mehr konnte oder wollte er sich nicht erinnern, was Trine davon überzeugte, dass er log und es bestimmt nicht seine erste Begegnung mit den Männern gewesen war. Trine schaute zu Herrn Sepi, der nicht erkennen ließ, ob auch er Verdacht geschöpft hatte.
Am nächsten Morgen ritten sie weiter. Immer tiefer ging es in den Wald hinein und zugleich immer höher die Berge hinauf. Trine hatte das Gefühl, längst im Böhmischen zu sein. Ihre Reittiere schleppten sich müde dahin, bis plötzlich eines den Kopf hob und wieherte.
Sepi hielt an und lauschte. Ein Pferd gab in der Regel nur Laut, wenn es einen Artgenossen witterte. »Ich glaube, wir sind gleich da«, verkündete er.
In dem Moment machte das Tier einen Satz zur Seite, dass selbst Sepi, der ein ausgezeichneter Reiter war, ins Schwanken geriet und seine Steigbügel verlor. Ein Ritter mit heruntergelassenem Visier brach aus den Büschen und stürmte, furchterregend das Schwert schwingend, auf den Kaufmann zu. Trine schrie auf. Sepi versuchte noch, nach seiner Waffe zu greifen, aber es war bereits zu spät.
»Ergebt Euch, oder Ihr seid des Todes!«, brüllte ihn der Angreifer an, und es bestand kein Zweifel, dass es ihm mit dieser Drohung ernst war.
Sepi hob die Hände als Zeichen, dass er nicht gedachte, Widerstand zu leisten.
Der andere sah es, senkte das Schwert und rief: »Was in drei Teufels Namen macht ihr beiden denn da?«
Das Visier wurde geöffnet, und ein vertrautes Gesicht kam zum Vorschein. »Dasselbe könnte ich Euch fragen, Herr Sedlic. Mein Gott, wenn man Euch so auf sich zustürmen sieht, glaubt man, der Herr der Hölle habe es höchstpersönlich auf einen abgesehen. Ihr könnt einem aber auch einen Schrecken einjagen.« Es war Sepi anzusehen, wie erleichtert er war.
»Und du träumst vor dich hin, als befändest du dich auf der Tribüne des Turnierplatzes neben einer schönen Frau und nicht im Grenzland, wo es von Schurken nur so wimmelt. Die Waffe in der Lederscheide und den Schild festgebunden. Mensch Junge, dich könnte jeder dahergelaufene Wegelagerer aus dem Sattel pusten. Hast du denn gar nichts in Prag gelernt?«
»Ich fürchte, ich war mehr mit dummen Streichen beschäftigt. Deshalb bin ich auch Kaufmann geworden. Ich kann zu meiner Entschuldigung höchstens vorbringen, dass ich nicht erwartet hatte, auf dieser Straße belästigt zu werden. Sie gilt eigentlich als sicher.«
»Es gibt keine sichere Straße, und die hier ist’s schon gar nicht. Keine halbe Stunde entfernt wimmelt es nur so von zwielichtigen Gestalten.«
»Dorthin sind wir unterwegs. Das sind friedliche Leute, Vertriebene. Die tun nichts.«
»Dann musst du andere meinen. Die, die ich sah, waren bis an die Zähne bewaffnet.« Jan fasste wie zur Bestätigung den Griff seines Schwerts fester. »Die da …«, nun deutete er auf die Armbrust an Sepis Sattel, »… wird dir nicht viel nützen.«
Der junge Mann öffnete den Mund, um etwas zu sagen, wurde aber von Trine unterbrochen. »Woher kennst du die Leute?«, fragte sie mit ungewohntem Nachdruck.
»Es sind Hussiten«, erklärte Sepi. Jan runzelte die Brauen und stieß zischend Luft zwischen den Zähnen durch.
»Und bei denen sollen wir um Hilfe für Frau Margarethe bitten?«
Sepi nickte. »Niemand kennt sich in der Gegend besser aus.«
Die Zofe hob abwehrend die Hände. »Ohne mich. Das hättet Ihr mir sagen müssen, Herr Sepi.«
»Nun stell dich nicht so an. Das sind ehrliche Leute. Die rauben dir schon nicht die Seele.«
Das nicht, dachte die Zofe, aber etwas anderes könnte passieren. Sie setzte ein trotziges Gesicht auf und beharrte auf ihrem Standpunkt. »Es geht nicht.«
»Warum hast du sie überhaupt mitgenommen, Sepi?«, bekam sie Schützenhilfe von Jan. »Das ist doch viel zu gefährlich. Ich gab ihr die Anweisung, nach Passau zu gehen und den Bischof um Truppen zu bitten. Dort wäre sie in Sicherheit gewesen und hätte ebenfalls etwas für ihre Herrin tun können.«
»Auf Truppen des Fürstbischofs könnt Ihr bis zum Sankt Nimmerleinstag warten. Ins Grenzland wagen sie sich nicht, schon gar nicht in dieser Jahreszeit, und was dich angeht, Trine: Es ist zu spät, um bockig zu werden. Mitgegangen, mitgehangen.«
»Ich könnte hier auf Euch warten, Herr, gemeinsam mit dem Herrn Sedlic.«
»Kommt nicht infrage«, sagten beide Ritter gleichzeitig.
Jan grinste. Er würde sich ganz sicher nicht in die Büsche schlagen und diesen Jungspund die Kastanien allein aus dem Feuer
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