Die Falknerin: Historischer Roman (German Edition)
Margarethe sah sich um. Ihre Freundin befand sich weiter hinten an der Tafel, wo die noch nicht heiratsfähigen Mädchen ihren Platz hatten. Bis auf Margot starrte jede zu Margarethe herüber, um dann aufgeregt zu schnattern. Die junge Hofdame sandte giftige Blicke in ihre Richtung.
Das Königspaar ließ sich vorlegen, ein Zeichen, dass mit dem Mahl begonnen werden durfte. Hundert Hände griffen nach den Schüsseln mit dampfendem Kichererbsenbrei und gekochtem Hasenfleisch. Und überall erhoben sich mehr oder weniger angeregte Gespräche. Margarethe ließ den anderen gerne bei den Schüsseln den Vortritt. Sie hatte das Gefühl, nicht einen einzigen Bissen schlucken zu können. Fieberhaft überlegte sie, wie sie herausbekommen könnte, für wen dieser Ritter eine Braut warb, und verfluchte sich selbst, dass sie vorhin bei der Königin nicht besser aufgepasst hatte.
»Soso, du bist also die kleine Waldeckerin«, brummte der Mann. Er musterte Margarethe wie einen Gaul, den er zu kaufen gedachte. »Ein wenig mager scheinst du mir«, stellte er fest. »Der lange Winter?«
Margarethe nickte wortlos. Sie hatte keine Vorstellung, worüber sie mit diesem Mann reden sollte. Der Weida tat so, als würde er ihre Verlegenheit nicht bemerken. »Die Königin ist voll des Lobes für dich. Sagt, du hättest ein gutes Händchen für Kinder. Dies ist eine sehr ehrenwerte Eigenschaft für ein Edelfräulein.«
Margarethe senkte den Blick, wie man es von ihr erwartete, und murmelte einen Dank.
»Und du scheinst nicht viel Wert auf Tand zu legen. Auch das ist erfreulich. Ich kenn manchen Ritter, den sein Weib ärmer gemacht hat als eine verlorene Schlacht. Doch ich weiß, dass das im Hause Waldeck ohnehin nicht Brauch ist. Insofern nehme ich an, dass du mit Sinn und Verstand zu wirtschaften weißt.«
»Ähm, wie meint Ihr das?«
»Nun, dass du einen Haushalt ordentlich führen kannst.«
Margarethe blinzelte ihn an. »Ich denke schon.«
»Weißt du, meine geliebte Anna, Gott hab sie selig, die hatte ihren Haushalt wirklich hervorragend im Griff. Da fehlte nie etwas, und kein Gast hatte Grund, sich zu beklagen. Leider hat sie mir keine Nachkommen hinterlassen, als sie vor zwei Jahren die Schwindsucht dahinraffte.« Er seufzte tief, und nach einem ordentlichen Schluck Wein fuhr er fort. »Es braucht dringend einen Erben auf der Osterburg, weil sonst mein Bruder die Vogtei bekommt. Schlimm wäre das. Er würde das Erbe unserer Ahnen gewiss verschachern.« Unvermittelt griff er Margarethe an die Hüfte und dann an den Busen. »Nun, ein breites Becken hast du und solltest gut gebären können. Was den Rest angeht, da nehmen wir besser eine Amme.«
Vollkommen perplex saß Margarethe da und starrte den alten Mann an. Wofür hielt der Kerl sie eigentlich, dass er sie hier vor aller Augen einfach begrapschte? Es fehlte nur noch, dass er ihre Zähne inspizierte. »Aber Herr Vogt, ich muss doch sehr bitten«, zischte sie dann empört.
Der Weida schenkte ihr ein weitgehend zahnloses Grinsen, ganz so, als würde ihn ihre barsche Reaktion amüsieren. Seine wenigen verbliebenen Zähne waren faulig, Reste vom Gemüsebrei klebten daran.
Margarethes Blick wanderte zur Königin, die ihr freundlich zunickte, was nichts anderes hieß als: Lächeln, Mädchen, lächeln! Dann bot die Monarchin ihrem Gatten demonstrativ ein Stück zerteiltes Hasenfleisch an. Eine Aufforderung an Margarethe, das Gleiche bei ihrem Tischherrn zu tun. Wenzel allerdings schlug seiner Frau ungnädig die Gabel aus der Hand und griff stattdessen nach dem Humpen.
Margarethe starrte auf ihren Teller, auf dem eine winzige Portion Hasenfleisch allmählich kalt wurde, wissend, dass die Königin sie beobachtete. Mit ihrer Gabel stocherte sie dann so lange in der Fleischschlüssel herum, bis sie das zäheste Stück gefunden hatte. Sie piekte es auf und bot es harmlos lächelnd dem Weida an. Der bedankte sich höflich, tätschelte gutmütig ihre Hand und erklärte: »Keine Sorge, Mädchen. Meine Burg ist in einem weit besseren Zustand, als ich es bin.«
Dann verschwand das Fleischstück in seinem Mund. Margot, die bislang eher grimmig dreingeschaut hatte, begann zu grinsen, während der alte Ritter versuchte, den Bissen herunterzuschlucken. Er kaute und würgte, würgte und kaute ohne wirklichen Erfolg. Doch die Blöße, das Stück einfach wieder auszuspucken, wollte er sich nicht geben, da immer noch der Blick der Königin auf ihm und seiner Tischdame ruhte. Schließlich nahm Weida
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