Die Falknerin: Historischer Roman (German Edition)
Dann klatschte sie in die Hände. »Jetzt aber schnell, sonst kommen wir zu spät.«
Während des Gottesdienstes musste sie immer wieder zu Albrecht hinübersehen. Auch er trug seinen Sonntagsstaat mit dem weiß-blauen Wappen Bayerns auf den Schultern. Seine fein geschwungenen Lippen formten inbrünstig die lateinischen Worte, während seine kräftigen Hände ein goldgefasstes Kreuz hielten. Margarethe stellte sich vor, wie sie bei ihrer Vermählung neben ihm knien und den Segen des Herrn durch den Bischof empfangen würde. Ach, was für ein schöner Traum! Und er gab ihr Hoffnung, dass am Ende doch noch alles gut werden würde.
Als der Bischof seine Schäflein ein letztes Mal ermahnt und ihnen den kirchlichen Segen gespendet hatte, lachte ihnen eine wärmende Sonne entgegen, und die Vögel grüßten mit ihrem Gesang. So schnell es schicklich war, verabschiedete sich Margarethe von den anderen, eilte zu ihrer Kammer und läutete um Hilfe. Da ihr die Zofe zu lange brauchte, beschloss die Rothaarige, sich selbst zu helfen. Hastig fasste sie ihr Haar mit einem Band zusammen, legte ihr Sonntagsgewand ab und kramte in ihrer Truhe nach dem Reitkleid. Das aber lag wieder einmal ganz unten. Eilig wurde Kleidungsstück für Kleidungsstück herausgehoben und auf die Bettstatt gelegt. Endlich hielt Margarethe das gute Stück aus grünem Leinen in der Hand. Sie schlüpfte hinein und hastete aus dem Raum.
Ihre Schritte flogen über die schmutzig grauen Bodenfliesen, dass die Wachen ihr verblüfft nachblickten. Dann mäßigte Margarethe ihre Schritte, grüßte sogar freundlich, wenn sie ein vertrautes Gesicht erspähte. Niemand sollte meinen, sie wäre auf der Flucht, auch wenn sie ihre Ungeduld nur schwer zügeln konnte. In ihrem Bauch kribbelte es, als würden tausend Bienen in ihm tanzen, und ihre Beine schienen wie von selbst zu Albrecht eilen zu wollen.
Auf dem Hof kreuzte ausgerechnet Katerinas kleiner Bruder Mihai ihren Weg. Das Bürschlein musterte sie und öffnete schon den Mund zu einem frechen Kommentar. Dann entdeckte er Albrecht und Jan, die mit den Pferden ein Stück weiter warteten. Der Knabe schloss die Lippen wieder und machte Margarethe lediglich eine lange Nase. Bevor sie ihn an seinen abstehenden Ohren packen konnte, duckte er sich unter ihren Händen weg. Der Bengel schien ihr in letzter Zeit regelrecht aufzulauern, ganz so, als wolle er ihr nachspionieren. Margarethe hatte ein ungutes Gefühl dabei, doch dann strich sie ihr Kleid glatt, als könne sie mit dieser alltäglichen Bewegung die Sorgen abstreifen. Gemessenen Schrittes überquerte sie den Hof und erreichte ihre beiden Freunde.
Albrecht hob die Augenbrauen und lächelte sie an. »Da bist du ja«, begrüßte er sie scheinbar unbekümmert, doch sein Blick blieb einen Moment zu lange an ihrem Gesicht hängen. Jans strahlend blaue Augen suchten die Umgebung ab und blieben schließlich an einem Punkt hinter ihrem Rücken hängen. Die Rothaarige schaute sich um und entdeckte den Weida. Rasch sah sie wieder weg und widmete ihre Aufmerksamkeit Jan, der ihr galant den Steigbügel hielt und ihr beim Aufsteigen half. Auch Albrecht hatte den Vogt bemerkt, der wie zufällig ihren Weg gekreuzt hatte. Der Herzogssohn saß bereits im Sattel seines Braunen. Er ließ den Hengst tänzeln und schließlich sogar steigen, wobei er das Tier so drehte, dass die am Sattelknauf baumelnde Armbrust gut zu sehen war.
Margarethe runzelte die Stirn. Diese Waffe war ungewöhnlich für einen Jagdausflug, und zudem hatte sie sie noch nie bei Albrecht gesehen. »Eine Armbrust für die Jagd?«
Albrechts Hand streichelte das polierte Holz und antwortete so laut, dass es jeder hören konnte: »Es gibt nichts Besseres, um ein Schwein zu Boden zu bringen.«
»Außer einer gut geschliffenen Saufeder«, meinte Jan und griff an die Seite seines Sattels, wo in einem ledernen Schaft eine Art Speer baumelte, an dessen Spitze sich Widerhaken befanden.
Margarethe lachte, aber es klang gekünstelt. Unsicher sah sie sich nach Weida um, der näher herangekommen war. Mit empört funkelnden Augen und geballten Fäusten baute er sich schließlich vor ihnen auf. Sein Gesicht glühte. Speichel stand in seinen zuckenden Mundwinkeln. Der alte Kämpe räusperte sich und spuckte gleich darauf in weitem Bogen aus, wobei er sich nicht hinreißen ließ, die Speichelfontäne in Richtung der Ritter zu lenken, obwohl man ihm ansah, dass er nichts lieber getan hätte. Wie konnten die beiden Jungspunde es
Weitere Kostenlose Bücher