Die Falknerin: Historischer Roman (German Edition)
Freund nehmen. Seither hatte der Alte emsig die Glut der Eifersucht beim Sedlic geschürt. Mehr brauchte es gar nicht. Der junge Bursche schlich ohnehin schon um Margarethe herum wie ein Katerchen, das nicht wusste, wie es an die Milchschüssel gelangen konnte. Nun, der Vogt war sich sicher, Jan würde in seiner Verzweiflung nicht nur auf die Leckerei verzichten, sondern auch noch dankbar zusehen, wie der Vogt die Schüssel ausleckte. Die Zunge des Weida fuhr unbewusst über seine Lippen, während er seiner Braut bewundernd nachblickte. Je länger er sich mit ihr beschäftigte, umso mehr begehrte er sie! Sie war wie die schöne Helena und dabei doch eine gerade erst knospende Rose. Es erfüllte ihn mit Stolz, dass er und kein anderer sie bald pflücken sollte. Sein ehrgeiziger Bruder würde Stielaugen bekommen, wenn sie an seiner Seite in die Osterburg einziehen würde, und der eingebildete Wittelsbacher würde kochen vor Wut.
Es war Zeit, dem jungen Hengst zu zeigen, dass man auch als zukünftiger Herzog nicht ungestraft in anderer Leute Revier wilderte. Zum Glück war er selbst alt genug, um zu wissen, dass Margarethe keine Schuld trug: Frauen kamen nie davon, wenn es ein Angehöriger des Hochadels auf sie abgesehen hatte. Wie auch? Entweder machte man sie sich mit Schmeicheleien und Geschenken gefügig, oder man setzte sie unter Druck. Nur würde diesmal nicht der kräftigste Hirsch gewinnen, sondern der schlaueste. Mochte Margarethe auch von einem Herzog träumen, würde sie sich letztlich doch in ihr Schicksal fügen. Eines Tages würde sie ihm dafür danken, dass er sie zu einer ehrbaren Frau gemacht hatte, statt sie zur Hure eines Wittelsbachers werden zu lassen. Weida blinzelte Margarethe nach. Dann drehte er sich um und ging entschlossen zum Palast. Er hatte noch etwas zu erledigen. Doch bevor er dazu kam, spielte ihm der Zufall in die Hände. Jan Sedlic ritt ihm auf einem schweißnassen Pferd entgegen. Der Vogt blieb stehen und wartete.
»Herr Sedlic, wie gut, dass Ihr gerade im Palast der Königin seid«, sprach er ihn ohne lange Begrüßung an. Jan runzelte die Stirn.
»Könntet Ihr mir einen Gefallen tun?«
»Wenn’s nicht zu lange dauert. Ich hab zu tun.«
»Ach, höchstens eine halbe Stunde. Doch wo Ihr gerade hoch zu Ross seid …«
»Dann sprecht, und ich will sehen, was ich für Euch tun kann.«
»Nun, ich sah vorhin Margarethe zum Hradschin hinaufreiten, aber schaut Euch den Himmel an.« Der Vogt wies mit dem Zeigefinger auf die dunklen Wolken am Horizont. »Ich fürchte, es wird regnen, und sie ritt ohne Mantel fort. Eigentlich wollte ich ihr selbst nacheilen, aber bis mein Pferd gesattelt ist, könnte es bereits nass werden. Ob Ihr vielleicht so freundlich wärt und ihr einen Umhang bringt?«
Weida sah dem Jüngling an, dass er diese Aufgabe liebend gerne übernehmen wollte, und verkniff sich ein zufriedenes Grinsen.
»Na, dann gebt schon her«, antwortete Jan scheinbar gleichgültig.
»Einen Moment, ich bringe Euch das Kleidungsstück sofort. Ich habe es schon bereitlegen lassen.«
Rasch drehte sich der Vogt um und eilte in den Palast, doch statt zu Margarethes Kammer, hastete er zu der seiner Verbündeten Katerina von Wettin.
Die Tochter seines Lehnsherrn wartete bereits auf ihn. Sie thronte auf einem hohen Lehnsessel und spielte mit einer Narzisse. Sie hob kaum den Blick, als er sie mit einer knappen Verbeugung begrüßte. »Was hat Euch denn den Atem verschlagen, Heinrich von Weida«, meinte Katerina spöttisch.
»Habt Ihr den Mantel?«, fragte der Weida nicht ohne Ungeduld.
»Ihr solltet auf das Haus Wettin vertrauen.« Sie reichte ihm das Kleidungsstück, das sie von ihrer Magd aus Margarethes Kammer hatte holen lassen.
»Habt Dank!«, meinte der Vogt knapp und hatte die Hand schon an der Tür, als Katerina ihn zurückhielt.
»Ach, Herr Vogt, ist Euch eigentlich zur Kenntnis gekommen, dass ich es bin, die Euch bei Eurem Jagdausflug mit Margarethe begleiten wird? So will es die Königin.«
»Nein, das war mir nicht bekannt.«
»Nun wisst Ihr’s.«
»Ja, und?«
»Was ich sagen möchte … Falls Ihr den Jagdausflug dazu nutzen wollt, Margarethe näher kennenzulernen, in der Kutsche zum Beispiel, würde es mir nichts ausmachen, ein kurzes Stück des Weges zu reiten.«
Der Vogt musterte die Tochter seines Lehnsherrn scharf, doch er schien sich nicht verhört zu haben. Wofür hielt sie ihn eigentlich? Und doch, warum nicht? Was der Wittelsbacher konnte, das konnte ein Weida
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