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Die Fallen von Ibex

Die Fallen von Ibex

Titel: Die Fallen von Ibex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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Wind wehte und trug die Süße des Sommers in sich. Der Himmel war bedeckt, eine hohe, dünne Wolkenschicht, jedoch ausreichend, ihre Schatten zu tilgen; ringsumher schien alles wie unter Wasser - alle Farben waren ein wenig dunkler, leuchteten mit der Unwirklichkeit einer Farbfotografie.
    Nicht lange nach der Mittagsrast hob Shadith den Jungen zu sich in den Sattel und verbannte damit das Grübeln, das sie während des ganzen Morgens stumm und ziemlich melancholisch gehalten hatte.
    Sie begann, auf sein Necken einzugehen, ihn mit jenen Pfeifliedern zu begleiten, die er ihr am gestrigen Abend beigebracht hatte, befragte ihn schließlich über das Leben in der Stadt, die er Courou nannte, ließ sich von ihm neue Weisen beibringen. In der friedlichen Schönheit der Berge war es eine Wonne, ihre Stimmen zu hören.
    Sie erreichten die Küstenebene, als die Sonne tief im Westen stand und sich in den Nebeln über den Baumkronen auflöste. Eine weite Ebene, offen und wie ein verwunschener Park, grasbewachsen, weit verstreut liegende einzelne Bäume oder Baumgruppen.
    Aus dem Geäst tropften winzige Tauperlen- die Kondensation der in den Wipfeln hängengebliebenen Nebelschleier. Abgesehen vom wehmütigen Raunen des Windes, vom leisen Huf schlag der Gyori und der gemurmelten Unterhaltung Shadiths und Linfyars herrschte eine unheimliche Stille in dem Parkland.
    Eine Herde schlanker, gescheckter Tiere trottete aus einem kleinen Hain am Straßenrand herbei; behaarte Lauscher spielten neugierig und ließen winzige Tautropfen fliegen, doppelte Jaspis-Hörner waren in perfekten Halbrunden neben den intelligenten, länglichen Gesichtern anmutig herabgezogen. Die Tiere blieben stehen, sahen den Reitern erwartungsvoll entgegen. Ruhig, furchtlos , vage neugierig, beobachteten sie, wie Aleytys bis auf weniger als ein Dutzend Meter herankam- dann eilten sie über die Straße davon und verschwanden in einem anderen Hain.
    Aleytys griff nach dem Bogen und zog die Hand wieder zurück.
    Sie wollte es nicht, wollte diese heitere Ruhe nicht stören. Sie wechselte einen Blick mit Shadith. Das Mädchen starrte sie an und lachte schließlich. Das Geräusch ihrer Stimme klang seltsam erschreckend in dieser Stille. Sie hob Linfyar aus dem Sattel, reichte ihn zu Wakille hinüber, dann trieb sie ihr Gyr an und folgte der Herde.
    „Eine Löwin mit einem Plüschherzen.” Eload Wakille zwinkerte ihr über die verfilzten Locken des vor sich hindösenden Jungen zu.
    Er war wieder bezaubernd charmant, und sie fragte sich, weshalb.
    Für einen langen Moment starrte sie ihn nachdenklich an, gab jedoch keinen Kommentar ab. Dann wandte sie sich ab und betrachtete den durchnäßten Rasen unter den Bäumen und der Nebeldecke. „Nicht viel Unterholz zu sehen, jedenfalls von hier aus.”
    Sie bedachte die triefenden Bäume mit einem mißtrauischen Blick.
    „Wenn wir hier lagern, könnte das Probleme geben…” Vorsichtig das Gleichgewicht wahrend, richtete sie sich in den Steigbügeln auf. Gleich darauf stieß sie ein zufriedenes Knurren aus und ließ sich wieder auf dem Sattelpolster nieder. Sie zeigte schräg nach vorn. „Da drüben gibt es ein paar kahle Hügelkuppen. Anzunehmen, daß sich dort die Feuchtigkeit in Grenzen hält.” Sie setzte den Gyr-Hengst wieder in Bewegung, verließ die Straße und hielt auf die Erhebungen zu. „Wer immer dafür verantwortlich ist - nett von ihm, Lagerplätze zu stellen. Bin gespannt, wo der Haken ist. Auf einer Welt wie dieser muß es immer wieder neue Haken geben.
    Shadith nennt sie die Joker im Gras. Aber ob Haken oder nicht -ich schlafe nicht gern im Morast. Schau dir diesen schwarzen Schlamm nur an! Wenn die Graswurzeln nicht wären, würden die Gyori bis zu den Kniegelenken einsinken. Ihnen gefällt das Zeug auch nicht.”
    Die Erhebungen erwiesen sich als festgestampftes Erdreich -
    Erdplattformen, in deren Mitte dunkle Aschereste längst vergangene Lagerfeuer markierten. Sie trieb ihr Gyr die Schräge hinauf und auf die festgefügte Oberfläche, saß ab und wandte sich Wakille zu, der noch immer zögerte und aufmerksam heraufblickte. „Ich sehe keine Alternative, du etwa? Es sei denn, du möchtest in nassem Gras schlafen.”
    Sie nahm ihrem Tier das Zaumzeug ab und schreckte zusammen, als Linfyar wie aus dem Boden gewachsen plötzlich neben ihr auftauchte und die Deckenrolle tragen helfen wollte. Sie schaute über die Schulter. Wakille führte sein Reittier in die Mitte der Erdplattform.
    Dort ließ er den

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