Die Fallen von Ibex
Körper. Schwer, hinter diesem fremden Gesicht ihn zu sehen. Was sollen wir nur mit der Kleinen hier machen? Andererseits … ich will keine Verantwortung für sie übernehmen müssen. Ich wünschte, sie würde nach Hause zurückgehen. Das ist der beste Ort für sie. Madar, langsam fange ich an, mich wie der Junge mit der Zaubergans zu fühlen … eine ganze Parade hinter mir, sie alle sind gezwungen, dorthinzugehen, wo auch ich hingehe. Das alte Märchen hat ein glückliches Ende genommen, für den Jungen zumindest; was mit den anderen passiert ist, weiß ich nicht. Sie fühlt sich unbehaglich, weil ich bei ihr bin. Unbehaglich und unglücklich. Und halsstarrig. Entschlossen, weiter zu leiden.
Aleytys murmelte eine Verwünschung und erhob sich. Einen Sekundenbruchteil lang blieb sie stehen und starrte auf die glitzernden blauen Wellen hinaus, dann wirbelte sie herum und ging davon, um den anderen beim Graben der Wasserlöcher zu helfen.
Vierter Tag
Die Zel wanderte am Rand ihrer Aktivitäten umher und sah zu, wie sie die langen Wedel der Wasserpflanzen an Land zogen und die Schalentiere einsammelten, die sich an den Stielen festgesetzt hatten, sah zu, wenn sie in der Nähe der Inselspitze das Netz auswarfen und - später - ihren Fang an kleinen, silbernen Fischen einholten. Sie machte Shadith nervös. Sie lungerte herum wie ein fleischgewordenes schlechtes Gewissen; eine ständige Erinnerung daran, daß Shadith, genaugenommen, jenen Körper gestohlen hatte, in dem sie nun zu Hause war. Shadiths Laune verschlechterte sich mehr und mehr, und sie mied das traurige Mädchen, so gut sie konnte. Linfyar tat seinerseits wiederum alles, um Julis Widerstand endlich niederzureißen und dafür zu sorgen, daß sie sich in der Gruppe willkommen fühlte. In optimistischen Minuten gab sich Aleytys der Hoffnung hin, daß es ihm schließlich gelingen würde.
Er bewegte sie dazu, die Mahlzeiten mit ihnen einzunehmen, hin und wieder entlockte er ihr sogar ein Lächeln, auch wenn dies stets nur knapp und widerstrebend war. Während Aleytys beobachtete und auf Distanz blieb, um dem Jungen seine Aufgabe zu erleichtern, begann sie eine Aufhellung in der düsteren Stimmung der jungen Zel zu spüren; zögernd wurde auch deutlich, daß sie Shadith allmählich als Shadith akzeptierte und nicht mehr ausschließlich jene Person in ihr sah, die sie sehen wollte.
Doch mit dieser Aufhellung und diesem Akzeptieren kam Zorn, ein Zorn, den die Zel gegen Aleytys und Shadith richtete - und am allermeisten gegen sich selbst. Sie weigerte sich, von ihrem Leiden erlöst zu werden.
Fünfter Tag
Dunkle Sturmwolken hingen im Nordosten und krochen allmählich näher, wie der Tag verging, doch trotz aller heftigen Windböen lag kein Geruch von Regen in der Luft. Sie verbrachten den größten Teil des Tages damit, ein Räuchergestell für Fische und ein Trockengestell für Wasserpflanzen zu zimmern, dann einen geflochtenen Windschutz für das Feuer. Am Abend, als es draußen laut stürmte, saßen sie am Feuer. Wakille schaute unvermittelt von dem Netz auf, das er gerade flickte; er unterbrach seine Arbeit nicht. Als er sprach, tanzte der Feuerschein über den Furchen und Falten seines Gesichts. „Weit weg von hier und vor langer Zeit lebte ein alter Mann (ja, Linfy, älter als ich, viel älter), der mehrere gute Söhne hatte, an einem Ort, wo die Bäume an Umfang so groß sind wie diese Insel, und die Flüsse manchmal so breit wie Meere. Er war ein Dieb, und seine Söhne waren Diebe, so wie auch sein Vater und die Brüder seines Vaters und sein Großvater Diebe waren, wie überhaupt alle in der Verwandtschaft. Als nun der alte Mann zu alt wurde, um noch länger durch Fenster ein- und aussteigen oder Reisende anspringen zu können, die von Stadt zu Stadt zogen, da wurden er und seine Söhne - der Familientradition folgend - Schwindler, eine andere Art von Dieb, Linfy, jemand, der Worte zum Stehlen benutzt… Hör auf zu grinsen, Jägerin! Ich selbst bin nur ein ehrbarer Händler, der sich seinen Lebensunterhalt zu verdienen versucht. Nun … eines Tages kam er mit seinem kleinen Haufen in eine Flußstadt, und dort ließen sie sich allesamt für eine Weile nieder, um sich nach neuen Pfründen umzusehen.
In diesem Städtchen nun lebte ein Händler, der alles kaufte und verkaufte, worin für ihn ein Profit liegen konnte. Das war sein legales Geschäft. Unter der Hand war er ein Geldverleiher. Das war gegen das Gesetz an jenem Ort, denn niemand sollte einen
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