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Die Fallen von Ibex

Die Fallen von Ibex

Titel: Die Fallen von Ibex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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Lichtung; sie wollte Wakilles Blick nicht auf sich gerichtet fühlen, wollte seine Fragen nicht beantworten müssen.
    Sie verschränkte die Hände auf dem Rücken (und imitierte damit unbewußt Shadith) und trottete unter den Bäumen dahin. „Harskari”, sagte sie. „Sprich mit mir. Sag mir, daß ich kein Dummkopf sein soll, hilf mir, wie ich Juli zu helfen versucht habe. Sag mir, daß ich keine Chance hatte, daß sie war, wie sie war.”
    An der Inselspitze ließ sie sich auf den Wurzeln nieder, und die Gischt peitschte über sie hinweg. Der Tag wurde allmählich grau; Wolkenfetzen trieben hoch oben vorbei, und Regengeruch mischte sich in den salzigen Duft, der hier über dem Ufer hing.
    „Harskari?”
    Die Bernsteinaugen öffneten sich, doch Aleytys spürte nur eine vage Erinnerung ihrer Einsamkeit. Harskari war nur widerstrebend da. „Was ist los, Aleytys?”
    „Ich habe Juli verloren.”
    „Du?”
    „Ay, wahrscheinlich ist Shadith so sehr dafür verantwortlich wie jeder x-beliebige andere, ich weiß es nicht… Ich habe mein Bestes getan, um dem Kind zu helfen. Es gibt nichts, was ich noch hätte tun können-zumindest fällt mir im Moment nichts ein. Ich mochte sie nicht einmal… Also - warum fühle ich mich so miserabel?”
    Harskari blinzelte. „Über dich selbst weißt du nicht sehr viel, nicht wahr?”
    „Doch, schon; habìch mir jedenfalls eingebildet. Bevor wir auf diese verdammte Welt gekommen sind. Ich dachte, ich wüßte, wer ich bin - und was ich bin. Aber… weißt du, da draußen, in den Neustadt-Ruinen … Du weißt, was passiert ist. Und danach… Ich habe es für ein Spiel gehalten. Ich dachte, ich … Manchmal ist es wie ein Zwang, ich meine, dieses Weitermachen; ein Zwang, der mich selbst total überrascht. Und jetzt das. Sieh mich an.”
    Harskari erwiderte nichts, doch ihre Gegenwart vermittelte Trost, auch wenn sie weiterhin schwieg. Nach einer geraumen Weile hallte ein lautloser Seufzer durch Aleytys’ Kopf. „Warum?”
    wollte Harskari mit einer sehr sanften Stimme wissen. „Warum?
    Wie oft hast du versagt in den letzten paar Jahren, Lee? Wie oft. ich meine, wenn es wirklich wichtig war, nicht zu versagen.”
    Aleytys blinzelte in die sich grau verfärbenden Wogen hinaus, wischte sich die Gischtspritzer aus dem Gesicht und dachte dar

über nach, durchblätterte alle ihre Erinnerungen an die Jahre, seit sie Jaydugar verlassen hatte.
    „Da fragst du noch?” sagte sie schließlich traurig. „Sharl. Mein Sohn. Immer wieder.” Sie schloß die Augen. „Seltsam. Das dürfte in etwa alles sein. Von den Dingen, die wirklich bedeutsam waren.”
    Die Stille dauerte an, als sie nach dem Grund forschte, weshalb Harskari ausgerechnet diese Frage gestellt haben mochte, dann riß sie die Augen weit auf. „Du meinst, ich habe in Juli einen Ersatz für Sharl gesehen?” Sie hob die Schultern und ließ sie wieder sinken, von diesem Gedanken verwirrt; sie wollte ihn mit leidenschaftlicher Bestimmtheit abstreiten - und verwarf es, noch bevor der Impuls hierzu richtig verklungen war. Sie wischte sich übers Gesicht. „Ich weiß es nicht…” Sie kam sich in die Enge getrieben vor und sehr, sehr müde, als sei etwas Straffgespanntes tief in ihr gerissen - und als sei damit auch alles andere schlaff geworden. Sie gähnte, rutschte auf den schwankenden Wurzeln hin und her, gähnte noch einmal. „Versagt. Du meinst, mehr als bei Sharl?”
    Die bernsteinfarbenen Augen blinzelten.
    „Sharl… Bei ihm versagt zu haben, ist mehr als genug, meinst du nicht auch? Alles andere… Ich habe nur meine Arbeit getan, sei es auf der Jagd oder sonstwo… Und die Jagd selbst - eine Arbeit, in der ich gut bin, und die ich vermutlich… ja, wirklich genieße.
    Nichts Weltbewegendes daran.”
    „Aber du hast jedesmal gesiegt. Mit anderen Worten, Tochter, du hattest in einem Maß Kontrolle über dein Leben und dessen Begleitumstände, das bei den meisten Menschen Neid hervorrufen würde … Nein, unterbrich mich nicht. Du hast sie alle gewonnen, diese Spielchen, die du gespielt hast, du hast gewonnen, immer wieder gewonnen, selbst die Cazarit-Jagd hast du nach deinen eigenen Regeln geführt… nicht nach den ihren. Du hast sie dir zurechtgerückt, diese Regeln… sogar mehr, als selbst Haupt weiß.
    Stimmt`s? Wie auch immer. Erfolg macht süchtig nach immer mehr Erfolg. Du leidest unter Entzug.”
    Aleytys schnaubte. „Du machst wohl Witze? Hey, du bist mir wirklich eine große Hilfe.”
    „Das versuche ich

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