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Die Fallen von Ibex

Die Fallen von Ibex

Titel: Die Fallen von Ibex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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und nickte.
    Linfyar, eilte wieder vorbei und zeigte noch immer kein Anzeichen von Erschöpfung. Er stieß ein höhersteigendes Trillern aus -einen ganz speziellen Gruß für Shadith-, kicherte fröhlich, als sie ihm antwortete und die Melodie ein wenig veränderte. Die Insel erzitterte unter einem jähen, heftigen Ruck, Aleytys wurde beiseitegedroschen, konnte sich aber reaktionsschnell mit beiden Händen abfangen… Der Junge aber glich den Ruck mühelos aus, tanzte mit ihm davon und verschwand mit einem Ausbruch von Gekicher und mit hektisch zuckenden Ohren unter den Bäumen.
    Shadith richtete sich auf, setzte das Mäuschen ab und ließ es zu seinen Brüdern und Schwestern davonhuschen. „Linfy ist ziemlich aufgedreht.”
    „Da erzählst du mir was. Ich laufe seit ein paar Stunden hinterher, um sicherzugehen, daß er damit fertig wird.” Sie klopfte vielsagend auf den sich hebenden und senkenden Boden.
    „Ich vergesse immer wieder, daß er nicht sehen kann.”
    „Ich weiß. Ich auch. Aber alles, was er macht, klappt ziemlich gut.”
    „Fledermaus-Echos.” Shadith gähnte und ließ sich ins Gras zurückfallen; aus großen Augen starrte sie in einen wolkenlosen Himmel hinauf. „Meinst du nicht auch, daß dieser Himmel ein bißchen seltsam aussieht?”
    Aleytys streckte sich neben ihr aus. ,,Mehr als Sonar-Ortung, denke ich. Seltsam? Wie seltsam?”
    „Irgendwie verschwommen. Als wären da keine Wolken zwischen uns und den höheren Luftschichten, sondern eine Art…
    schmutziges Glas. Eine Barriere.”
    „Mhmm. Luft täuscht manchmal. Hast du dir je überlegt, wie Linfy diese Welt empfindet?”
    „Manchmal. Lee…”
    „Umm?”
    „Ich glaube, es kommt Sturm auf.”
    „Weil der Himmel so eigenartig aussieht?” Aleytys zog ihre Bluse hoch und kratzte sich am Bauch. „Heiß und klebrig. Ein kleiner Regen würde uns ein bißchen abkühlen.”
    Shadith bewegte sich unruhig, hob beide Hände und spreizte die Finger zwischen sich und dem Himmel. „Ich habe diese Art von Himmel schon einmal gesehen… Hast du je einen Hurrikan erlebt?”
    „Nein, aber ich habe davon gelesen. Du meinst, wir müssen damit rechnen?”
    „Gelesen!” Shadith senkte ihre Hände. „Lesen nützt nichts.”
    Ihre Lider flatterten; sie gähnte wieder und schüttelte sich. „Ich hab’ da so ein komisches Gefühl, Lee. Dieser Geruch … die Stille.
    Die Wellen sind lang und ganz glatt, ohne Schaumkronen, die Luft ist schwer und irgendwie… dickflüssig. Bald müßten Wolken heranjagen. Auf meine Vorahnung kann ich mich verlassen, Lee, und momentan macht sie Bocksprünge. Da kommt ein Mordsding, Lee!”
    Aleytys kratzte sich noch einmal, dann schob sie die Finger hinter dem Kopf ineinander. „Wir sind hier nicht auf dem Festland…
    Möglich, daß wir ziemlich herumgeblasen werden, aber wir können obenauf bleiben.”
    „Vielleicht. Ich behaupte noch immer, du hast nicht die geringste Ahnung, was uns da bevorsteht.”
    „Und du hast Jaydugar nie im Winter erlebt.” Aleytys wandte den Kopf und betrachtete das schlanke, angespannte Gesicht.
    „Dafür aber hast du jetzt eine Geschichte zu erzählen.”
    „Dummkopf! Pah, ich denke nicht daran!”
    „Übertreib nicht.” Aleytys gluckste. „Aber gut, in Ordnung, wenn du erst überredet werden möchtest… Ich habe sowieso nichts anderes zu tun. Bitte, bitte, erzähl die Geschichte.”
    „Das nennst du überreden?” Sie rieb sich die Nase und schloß die Augen. „Es war vor langer Zeit, auf einer Welt namens Yag, eine Siedlungswelt, gerade von der Mama abgenabelt; die Pioniere waren wie vorn Hafer gestochen; ziemlich übermütig. Das war eine Sache, die andere war, daß ich dort gelandet war, irgendwie.
    Konnte beinahe vier Jahre lang nicht wegkommen. Ich bin herumzigeunert, hab’ mal das und mal jenes gemacht und bin nach ein paar Jahren schließlich an der Südküste gelandet… auf jenem der neun Kontinente, der sich einigermaßen ordentlich entwickelte.
    Mein Essen habe ich mir mit Singen verdient, in einer Hafenkneipe, ein paar Schritte oberhalb einer Müllkippe. Ich kam im Spätsommer dort an, und es war heiß und schmutzig, und die Luft war so dickflüssig, daß man sie kaute, statt sie zu atmen. Es hatte seit über einem Monat nicht mehr geregnet, jedenfalls, wenn man den Kerlen glaubte, mit denen ich sprach. Das Wetter war Unterhaltungsthema Nummer eins - noch vor Frauen und Geld. Die Leute, die das Siedlungsprojekt leiteten, wurden allmählich ziemlich nervös. Sie

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