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Die Fallen von Ibex

Die Fallen von Ibex

Titel: Die Fallen von Ibex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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ihn, oder ich lande im Arbeitshaus, und dort wird das ausgeführt, was sie Korrektur nennen, und wenn ich die Beine breit mache und den Mund nicht halte, naja, dann gibt es da noch immer eine gewisse Spezialbehandlung, aber darüber sollte man erst recht nicht sprechen - jedenfalls nicht in Anwesenheit von jemandem, der einen schwachen Magen hat. Allmählich war ich soweit, daß ich den Sturm herbeigesehnt habe; besser, er beeilte sich, bevor sich dieser Kerl entschlossen hatte, aber dann hab’ ich mir überlegt, vielleicht beeilt sich der Kerl, weil der Sturm kommt. Also habe ich mich darauf eingerichtet, notfalls sehr schnell in Deckung zu kommen.
    In den Meldungen hieß es immer wieder, der Sturm sei nur ein Papiertiger, niedrige Windgeschwindigkeiten und das alles, aber die Penner, die unter den Kais und in den Hauseingängen lagerten, verschwanden alle. Der Barmann sagte mir, sie hätten die Stadt verlassen. Er war in Ordnung, er mochte mich, aber da gab es keine Probleme, weil er einen festen Freund hatte. Er kannte alle Überlebensregeln, nur hielt er sich nicht immer daran… Besonders die wichtigste - trau keinem anderen, nur dir selbst - vernachlässigte er immer wieder. Er schaffte es nicht, allein zu bleiben, das brachte er einfach nicht fertig, und so war abzusehen, daß er irgendwann umgebracht werden würde, und das wußte er auch, aber er konnte nichts dagegen tun, daß er Leute mochte und von seinem Weg abwich, um ihnen zu helfen. Als der Vollstrecker kam, entdeckte er ihn - und warnte mich vor dem, was geschehen konnte… Der Mistkerl war wirklich ein verdammtes Ekel, aber ich war noch immer davon überzeugt, daß ich es mit ihm aufnehmen konnte. Der Sturm
    - das war etwas anderes. Der Barmann erzählte mir die Sache mit den Pennern, sagte, daß ihr Verschwinden ein schlechtes Omen sei.
    Ihre Gehirne waren verfault, die konnten nicht mehr richtig denken, aber sie waren lange genug auf dieser Welt, daß sie instinktiv wußten, wenn ein Sturm richtig einschlagen würde… Wenn sie also auszogen, dann war es höchste Zeit, den Kopf einzuziehen und zu beten. Ich habe mich bei ihm bedankt, und ich habe so getan, als sei jetzt alles klar, trotzdem … schätze, das war es aber nicht, und ich glaube, er hat es gewußt, aber auch für ihn gab es gewisse Grenzen.
    Am nächsten Tag habe ich mir ein paar Medikamente zusammengeschnorrt, von einem Dealer, ein paar Knaller, über die ich Bescheid wußte, und dann war ich recht schnell ziemlich krank. So meldete ich mich bei meinem Chef, sagte ihm, daß ich am Abend einfach nicht weitermachen konnte, daß ich mich für eine Weile verziehen würde, um über was auch immer wegzukommen. Der hat mich nur angesehen, und ich glaube, ich hab’ wirklich ausgesehen , wie der Teufel auf Stelzen; er zuckt zurück und brüllt mich an, ich soll bloß verschwinden und erst wieder zurückkommen, wenn ich die Sache losgeworden sei. Als ich den Schuppen verließ, sah ich den Kirchenvollstrecker kommen. Meinetwegen, vermute ich. Ich hab’ also dafür gesorgt, daß er mich erbärmlich Leidende sehr gut zu sehen bekam … Ich habe geniest und gerotzt, und meine Augen waren herrlich rot, und meine Haare ein Gewirr, das außerdem noch nach der Schmiere roch, die ich auch auf meiner Brust verrieben hatte, und der Mistkerl sieht mich an, als habe er etwas Verwestes geküßt. Sein Gesichtsausdruck… großartig. Ich hab’
    mich gleich viel besser gefühlt, obwohl das ganze Zeug jetzt erst richtig hochkam in mir.
    In dem Loch, in dem ich hauste, hatte ich ein kleines Batterie-Radio, und sobald ich da ankam, stellte ich es an, und dieser Ansager war total hysterisch. Der Sturm hatte einen Hafen in Schutt und Asche gelegt und kam jetzt direkt auf uns zu. Noch bis vor ein paar Stunden waren alle der Meinung gewesen, er würde weit küstenaufwärts auf das Festland treffen, und wir würden höchstens die Ausläufer zu spüren bekommen. Jetzt kam er also direkt auf uns zu. und die Windgeschwindigkeiten waren plötzlich enorm - und stiegen noch immer weiter; das Auge des Sturmes zog sich zusammen, wurde von Minute zu Minute kleiner. Jetzt nannten sie den Sturm bereits einen Killer, und dann kamen die Meldungen, wie es auf den Straßen draußen aussah… alle waren sie dicht - Tausende versuchten zu entkommen, und genaugenommen war eine stattliche Panik in Gang, und dann wurden auch schon die Evakuierungszentren evakuiert, weil es ganz danach aussah, daß auch diese Orte nicht sicher waren.

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