Die Fallen von Ibex
fertig war, bewegte er einen kleinen, summenden Detektor über die Flanken des Bündels und schnalzte mit der Zunge, als es weiterhin keinen positiven Befund gab. Kommentarlos und mit schnellen, präzisen Bewegungen füllte er das Bündel wieder. Daraufhin wischte er sich die Fingerspitzen geziert an seinen Shorts ab, erhob sich in einer einzigen fließenden Bewegung. Er musterte sie vom Kopf bis zu den abgestoßenen Spitzen ihrer grauen Wildlederstiefel, dann streckte er die Hand aus und schnippte mit Daumen und Mittelfinger.
Aleytys wickelte den grauen Gazeturban ab und ließ den Stoff zu Boden flattern. Er beobachtete sie genau, wartete. Sie schüttelte den Umhang ab, reichte ihn zu ihm hinüber. Er kehrte das Innere nach außen, ließ die Finger über den Pelzbesatz gleiten, ergänzte diese erste Untersuchung erneut mit dem Detektor. Er ließ den Umhang fallen. „Stiefel”, verlangte er. Seine Stimme war ein knurrendes Schnarren.
Seufzend ließ sie sich auf dem Boden nieder, zog die Stiefel aus und warf sie ihm zu. Er knetete sie, tastete sie ab, schob den Detektor darüber und untersuchte mit größter Sorgfalt Sohlen und Absätze. Er knurrte, als er auch hier nichts fand.
Aleytys rümpfte die Nase. „Ich versuche keine Tricks, Ha’chtman.” Sie beugte sich vor, wollte die Stiefel wieder anziehen.
Er stoppte sie. „Ausziehen”, sagte er.
„Was?” Sie schüttelte den Kopf. „Heb’ das Ding über mich, das reicht.”
Sein Mund wölbte sich angewidert vor. „Du bist kein Vergnügen für mich, ‘spina.” Er schnippte mit den Fingern. „Entscheide dich.”
„Ausziehen oder die Sache vergessen?” Sie erhob sich. „Ah-hai, hoffentlich ist das die Sache wert.” Sie löste den Kragenverschluß des Hemds, zog es sich über den Kopf, warf es ihm zu; dann streifte sie die Hose herunter. Sie zog die Nase kraus, breitete die Arme aus. Ihre Unterwäsche war hauchdünn, durchscheinend, mehr ein Schutz ihrer Haut vor dem Material der normalen Kleidung, denn etwas, das verbergen sollte. Er ignorierte ihre Verärgerung, schob den Detektor über ihren Körper und untersuchte dann den weichen, grauen Stoff des Hemdes.
Aleytys seufzte, wickelte den Turban neu, stopfte vereinzelte Strähnen darunter, die den streng geschlungenen Zöpfen entkommen waren. „Sie nehmen die Sache ernst.” Sie stieg in die Hose, als er sie ihr zurückgab, schloß den Bund, griff nach der Bluse.
„Ich hab’ meine Haut gern da, wo sie hingehört.” Er hielt ihr den Umhang hin, war ihr dann mit dem Packen behilflich. Er war stärker, als der drahtige Körper auf den ersten Blick vermuten ließ; das Gewicht des Bündels bereitete ihm keinerlei Schwierigkeiten.
„Weißt du, worauf du dich einläßt?”
„Ziemlich. Ich bin kein zartes Blümchen.” Sie folgte ihm; gemeinsam verließen sie den Raum und betraten einen bedrückend engen Tunnel. Lichtfasern und fingerbreite Leitungen schlängelten sich wie verfilztes Wurzelwerk an der Decke. Aus kleinen Leuchtröhren sickerte ein fahles, blauen Strahlen, das ihre Haut in etwas verwandelte, das Maden sicherlich höchst liebreizend fanden, auf die düsteren Schatten, durch die sie gingen, jedoch kaum Eindruck machte. Der Boden war ziemlich trocken; doch über die Metabetonwände sickerte in schmierigen Rinnsalen Nässe und sammelte sich in Entwässerungsschlitzen. Die Luft war kühl, mit einem dumpfen Schimmelgeruch durchwirkt. Das gelegentliche Scharren ihrer Stiefelsohlen, ihr Atmen, all diese kleinen Geräusche, reisten weit voraus und zurück, bis es unmöglich war, neue von alten Geräuschen zu unterscheiden.
Der Schmuggler wechselte hastig in einen seitwärts abzweigenden Tunnel, der sich in einem komplizierten Muster aus Biegungen und langen Krümmungen dahinwand. Sie nahm an, daß er auf einer wesentlich direkteren Route zurückkehren würde; er wollte sie verwirren, wollte verhindern, daß sie - wenn die Zeit kam allein zurückfinden konnte. Schützt seine Geldquelle, dachte sie, zog eine Grimasse und machte sich daran, sich den Weg einzuprägen.
Sie begegneten niemandem in dem unterirdischen Labyrinth; schweigend und in ununterbrochener Monotonie schritten sie aus.
Ihr Führer hielt ohne Vorwarnungen an, machte einen jähen Schritt zur Seite, so daß sie beinahe gegen ihn prallte. „Warte hier”, murmelte er und huschte davon. Aleytys wischte sich mit einem Ärmel übers Gesicht und überlegte, ob sie den Umhang ausziehen sollte; doch sie entschied sich dagegen.
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