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Die Fallen von Ibex

Die Fallen von Ibex

Titel: Die Fallen von Ibex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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gemerkt.
    . . Sie erhob sich zitternd, wandte sich ab und wußte nicht, was sie jetzt tun sollte…
    Wohin jetzt? überlegte sie, und dann schaltete sie alles Denken ab, tastete sich durch das Gewirr der Mauern… und das Gedankenlabyrinth, das sie selbst geschaffen hatte.
    Ein Schlag. Am Rücken. Tief. Neben das Bündel. Zuerst war da kein Schmerz, nur eine gigantische, diffuse Überraschung. Ihre Knie knickten ein; ihr wurde schwindelig. Dennoch gelang es ihr, die Drehung zu vollenden - sie kam herum, starrte das Wesen mit dem Bogen an, das zwischen den zerfallenden Häusern aufgetaucht war und mit der Geduld eines Raubtiers darauf wartete, daß sie zusammenbrach. Sie spürte seinen Eifer, sein (oder ihr) völliges Vertrauen auf die Endgültigkeit der Verletzung. Das Bündel verrutschte ein wenig, stieß gegen den Schaft. Sie brach in die Knie, Hitze durchraste sie; ein jäher, starker Schmerz durchdrang den Schock. Sie biß die Zähne zusammen, unterdrückte das Keuchen und griff nach dem dunklen Strom tief in sich. Heilerin, denk daran. Heilerin. Aber sie wankte, denn der Glut der Schmerzen folgte der dämonische Feuerhauch von Gift und brachte Schwäche mit sich; ihre Gedanken kreisten, zerbröckelten, trieben davon.
    Gift. Sie kennen sich mit ihren Giften aus. Hanas Worte. Aleytys kämpfte gegen die Schwäche an, eine Schwäche, die paradoxerweise jedoch immer stärker wurde, je länger sie sich dagegen wehrte. Ringsumher brodelte der Boden, und die Toten erhoben sich, durchbrachen die Oberfläche, kamen blauweiß und verfault und stinkend und voller Maden, und sie glotzten sie aus weißen, aufgequollenen Augen heraus an - Männer, Frauen, Kinder, deren Köpfe nur mehr von Sehnen gehalten wurden, und deren Arme wie unter Krämpfen auf dem Boden umherschlugen, und deren Hände auf sie zukrochen. Sie schrie, spürte die Berührung einer weichen, schmierigen Hand, schrie wieder, als auch die anderen Toten auf sie aufmerksam wurden und herankrabbelten, sich rings um sie her zusammendrängten, verstümmelt, gräßlich, eingehüllt in einen entsetzlichen Gestank. Sie kämpfte gegen die Übelkeit an, kniff die Augen zusammen, wollte sehen und versuchte wieder, nach dem heilenden Strom tief in ihr zu greifen… Und dann war Harskari bei ihr, und es schien ihr, als stehe die alte Zauberin direkt neben ihr, als werde sie von ihr gescholten, obwohl sie vage wußte, daß das nicht sein konnte. Harskaris dunkle Altstimme sickerte in ihre Gedanken ein, obwohl sie die einzelnen Worte nicht verstand. Sie hob eine Hand, und es kam ihr vor, als ergreife Harskari diese Hand. Sie fühlte, wie eine geheimnisvolle Kraft in sie hineinströmte, und sie griff zum dritten Mal nach ihrem symbolischen dunklen Strom, und die Kraft dieses Stromes kam, ergoß sich mit einem urwelthaften Tosen in sie hinein, die schwarzen Wasser brodelten in ihr, durchströmten sie und schwemmten das Gift hinaus. Sie kauerte sich zusammen, blinzelte seltsam erleichtert auf den bleichen Staub hinab, der bereits von einem hochstehenden Mond erhellt wurde; fern verblaßte der Sonnenuntergang. Sie wälzte sich herum, schlängelte sich aus den Tragegurten des Bündels; es fiel mit einem dumpfen Laut, den sie nur mehr vage registrierte. Ihre Aufmerksamkeit war auf andere Dinge konzentriert. Harskari blockierte den Schmerz, und Shadiths Stimme wisperte Ermutigung. Sie griff nach hinten, umklammerte den Pfeilschaft.
    Und drückte die mit Widerhaken versehene Spitze durch ihr gefühlloses Fleisch, bis sie die Haut an der Vorderseite ihres Körpers durchbrach. Sie hob das Hemd an, starrte auf die glänzende weiße, mit ihrem Blut gefleckte Pfeilspitze; ernst, vage überrascht, da sie aus Porzellan, und nicht, wie sie angenommen hatte, aus Stahl bestand. Das Wesen stieß einen schrillen Schrei aus, den Aleytys jedoch nur leicht irritiert wahrnahm. Sie achtete nicht wirklich darauf. Sie zog das Jagdmesser und schnitt die Pfeilspitze ab.
    Shadiths wortloser Warnruf ließ ihren Kopf hochrucken. Das Wesen - sie konnte nicht feststellen, ob es sich um einen Mann oder eine Frau handelte - hatte den Bogen wieder gehoben. Harskari war vollauf mit der Wunde beschäftigt, doch Shadith war da, verschmolz mit ihr, wie sie es bereits so oft getan hatte, auf Maeve und auf anderen Welten, und sie griff an. Ihr Geist tastete hinaus, suchte und fand die Schwachstelle der Waffe - und führte den Schlag dagegen aus. Die durchgescheuerte Bogensehne riß; der Pfeil schwirrte harmlos zu

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