Die Fallen von Ibex
mit Worten und Geistberührungen.
Schreie bohrten sich in ihren Kopf- quälende Schreie dicht an der Hörgrenze, kreischende, unregelmäßige Rhythmen. Das Gyr stöhnte und wankte. Harskari übernahm und sang mit ihrer Stimme einen Gegenzauber für das Tier, und Aleytys wob einen Schutzschirm aus purer Luft, der den anderen Singsang dämpfte. Sie raubte ihm die Kraft, ihnen Schmerzen zuzufügen.
Wespen von der Länge ihres kleinen Fingers stürzten sich auf sie herab; stachen sie; und sie ertrug auch das. Das plötzliche stechende Brennen war störend, das in ihren Körper freigesetzte Gift ließ sie schwindelig werden, aber sie hielt es aus. Sie drehte sich im Sattel, lachte, als sie sah, wie sehr sich der Abstand zwischen ihr und den Zel vergrößert hatte. Wir schaffen es, sagte sie sich und kicherte, klammerte sich am Hals des Gyrs fest und griff dann nach ihrem dunklen Strom und spülte die Gifte aus ihrem Körper hinaus.
Sie hatten jetzt beide die Insel weit hinter sich gelassen und näherten sich den Ausläufern des kultivierten Landes. Shadith jagte bereits über weite Geröllhalden am Ende des Tales empor; kürzte den Weg Richtung Straße ab. Sie war nahezu außer Sicht, ein Huschen aus Bewegung und Farbe über den vielen Bodenwellen. Aleytys schaute noch einmal zurück, dann hatte sie das Ende der Felder erreicht und ermunterte das erschöpfte Gyr mit einem leisen Summen wieder zu schnellerem Laufen. Die Frauen hinter ihr schwärmten aus, ritten langsamer, die drei Ältesten waren Knie an Knie beieinander, hielten sich gegenseitig an den Händen, und die bemalten Schädel hoben und senkten sich im Einklang. Wieder spürte Aleytys ein Lachen in sich aufsteigen, doch sie unterdrückte es, beugte sich statt dessen tief über das Gyr und trieb es weiter.
Die Wespen kehrten zurück, in summenden, wimmelnden Wogen , aber dieses Mal griffen sie nicht sie an, sondern das Tier, das sie ritt.
Das Gyr schrie vor Schmerz, schrie und bockte in krampfhaften Drehbewegungen und versuchte, seine Peiniger abzuschütteln. Das Tier brach zusammen, schrammte über den Boden, torkelte, bis es endlich lag, stöhnend, zuckend, den Hals flach auf dem Boden ausgestreckt, die großen, roten Augen tränend, das Maul in schnappender Bewegung.
Aleytys war bereits von einem der ersten Bocksprünge abgeworfen worden, doch es gelang ihr, geschmeidig abzurollen und in einer weiterführenden, fließenden Bewegung wieder auf die Füße zu kommen.
Sie rannte zu ihrem Gyr hinüber und blieb erschüttert neben seiner Hinterflanke stehen. Sie blickte den heranstürmenden Zel entgegen. Triumphierendes Trillern und Johlen mischte sich mit dem klagenden Röcheln des Gyrs. Zorn loderte in Aleytys auf. Ohne nachzudenken, sammelte sie pure Energie in den Händen, formte sie zu schimmernden Kugeln und schleuderte sie gegen die Schutzschirme dieser Teufel; die Kugeln prallten ab, kreisten, wurden von ihren Geisthänden abgefangen und abermals vorangeschleudert; trafen, zerplatzten an den Schirmen der Zel… und durchbrachen sie. Zwei Kriegerinnen verkohlten zu bizarrer schwarzer Schlack und starben. Die Gyori der Lebenden schrien vor Schmerz, als das geschmolzene Licht auf sie herabspritzte und Löcher in Fell und Fleisch brannte. Aber dann stand der Schirm wieder - und hielt. Sie konnte ihn nicht mehr bezwingen. Erschöpft, ausgebrannt stand sie da und sah ihnen entgegen.
Das Gyr richtete sich plötzlich hoch und stürmte davon, den Kopf zurückgerissen, damit es nicht auf die herabhängenden Zügelenden trat; es folgte Shadith, folgte ihr, bevor Aleytys genügend bei Kräften war, um sich wieder in den Sattel zu schwingen. „Harskari”, flüsterte sie, und ihre Stimme brach bei jedem Wort. Die Antwort erfolgte augenblicklich, doch sie wehte wie aus ewigen Abgründen heran, schwach und kaum verständlich, und die Bernsteinaugen und das Gesicht waren in der Finsternis ihres Verstandes nur vage gezeichnet.
Ganz langsam beruhigte sich ihr Atem wieder, ganz langsam verklang das Zittern. Wieder griff sie nach dem dunklen Strom.
Neue Kraft und Erleichterung ergossen sich in sie hinein, beides füllte sie aus. Sie hob wieder die Hände.
Die Kriegerinnen schwärmten in einem engen Bogen aus. Die drei Ältesten hielten sich in der Mitte dieses Bogens, das Gesicht ihr zugewandt. Die rasierten Köpfe, selbst die Gesichter, schienen ganz aus einem ungestüm ineinander verschlungenen Flechtwerk aus Blumen und Ranken zu bestehen, all dies in leuchtenden
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