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Die Fallen von Ibex

Die Fallen von Ibex

Titel: Die Fallen von Ibex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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Nebelbrücke überquerten) finster hinterher. Die Kriegerinnen passierten den natürlichen Torbogen, und die Hecke schloß sich hinter ihnen. Shadith seufzte, lehnte sich gegen den Stamm zurück und betrachtete ihre Hände. Der ätzende Pflanzensaft hatte braune Flecken in ihre Haut gebrannt, und sie rieb daran.
    »Brauche dringend eine Heilerin«, murmelte sie, schüttelte den Kopf und kletterte hinab. Momentan fiel ihr beim besten Willen nicht ein, wie sie Aleytys helfen konnte. Genaugenommen war es unmöglich.
    11
    Aleytys erwachte benommen und mit einer seltsamen Starre in allen Gliedern. Blattgesprenkelte Helligkeit schimmerte durch unregelmäßige Schattenmuster an einer stacheligen Wand. Der Geruch von Erdreich war intensiv, lehmiges Erdreich, stellte sie fest, vermischt mit dem Duft von getrocknetem Holz, das über dem festgestampften Lehmboden lag. Ein weiterer Geruch - ein Geruch, den man nur allgemein als grün benennen konnte. Bröckelnde Härte unter ihr. Stimmen, die von irgendwo heranwehten, sie konnte nicht sagen, woher, denn sie waren undeutlich und bedeutungslos und verschmolzen wie das Sirren von Mücken. Eine Hand umklammerte ihren Verstand, eine Hand umklammerte ihren Körper. Sie rang keuchend nach Luft.
    Und entdeckte, daß sie ausgezogen und an Hand- und Fußgelenken gefesselt worden war.
    Sie lag halb auf der Seite, zusammengekrümmt, und atmete den Geruch des Erdreichs und winzige Staubfäden des verwitterten Holzes ein. Nebelhaft war sie sich zweier anderer Präsenzen in diesem seltsamen Raum bewußt, doch sie konnte sich nicht auf sie konzentrieren, und so blieben sie vage, als seien sie nur aus schwarzem Faden gesponnen.
    Sie zog die Handgelenke näher an ihr Gesicht heran und sah die dicke, grüne Ranke, die sich darum herum geschlungen hatte. Sie lebte, kam ihr vor wie eine ferne Verwandte jener Ranken aus dem Fluß, die sie gefangen hatten. Ein Bild erhob sich aus dem Dunst in ihrem Kopf - eine Frau riß die kurze, grüne Ranke von ihrem Arm und schlug damit nach dem angreifenden Mann. Sie peitschte durch die Luft, traf seine Schulter; die Frau wirbelte herum, zog die Schlinge um seinen Hals und würgte ihn. Falsch, dachte Aleytys. Nicht die Frau hat ihn gewürgt. Es war die Pflanze. Sie spürte ihr unheimliches Leben; grünes, seelenloses Leben. Sie war fest um ihre Handgelenke geschmiegt, und sie wußte (ohne es zu versuchen), daß sie sie mit all ihrer Kraft nicht um einen Millimeter würde verschieben können. Ihr Kopf schmerzte.
    Mit einem Knurren setzte sie sich auf. Das Pochen in ihrem Kopf steigerte sich. Sie schloß die Augen, bis sich auch ihr rebellierender Magen wieder beruhigt hatte, bis der Raum nicht mehr schwankte und vor ihr verschwamm. Zwei, drei unbehagliche Minuten vergingen, dann hob sie die Lider und blickte sich um.
    Der Raum war annähernd kreisförmig; an der Wand hingen Grasmatten, durch das grobe Geflecht sickerte Helligkeit. Auf einer Seite dieses Eingangs kauerte eine betagte Frau in einem weiten und sehr zerknitterten weißen Gewand. Ihr Kopf war rasiert und bemalt, das Ganze auf Hochglanz poliert, so daß sich die staubigen Lichtstreifen, die durch Löcher einfielen, und die Lichtflecken aus dem Grasgeflecht hell darauf spiegelten. Eine wesentlich jüngere Zel saß neben ihr, in dasselbe runzelige Weiß gekleidet und in denselben urtümlichen Farben bemalt.
    Die Wände des Raumes waren von glatter Beschaffenheit, ein helles Braun, eine Art Rindenschicht. Von den aufgehängten Matten, den Frauen, den veränderlichen und vom Blattwerk gefilterten Lichtstreifen abgesehen, war der Raum bis hinauf zur ebenfalls glatten, spitz zulaufenden Kuppeldecke völlig kahl. Nach einer Weile bemerkte sie, daß mehr Helligkeit und Luft durch die Löcher hereinfluteten. Rauch. Wurde hereingefächert. Jetzt, da sie bewußt lauschte, konnte sie das Wispern von Fächern hören - außerhalb der Fensterlöcher, ein Geräusch, nur wenig lauter als das Rascheln der Blätter. Sie haben mich in einen dieser aufgeblähten Baumstämme gebracht, dachte sie. Ihr Verstand arbeitete träge, es schien eine ungeheure Energie vonnöten, auch nur einen einzigen Gedanken zu formen.
    Versuchsweise stupste sie gegen das Etwas, das sich so unerbittlich um ihren Geist geschlossen hatte.
    Die alte Frau stieß einige hastige Laute aus, einen scheinbar bedeutungslosen, rhythmischen Singsang, und das Netzwerk zog sich wieder enger, bis sie keuchend nach Atem rang. Sie hob die gefesselten Hände,

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