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Die Fallen von Ibex

Die Fallen von Ibex

Titel: Die Fallen von Ibex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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preßte die Fäuste abwechselnd gegen das linke, dann gegen das rechte Auge, schließlich auf den Mund. Ihr Magen rebellierte. Das war der mit Drogen versetzte Rauch. So viele Dinge, die gegen sie wirkten. Wäre der Rauch nicht gewesen, sie hätte ihre Kräfte sammeln können… hätte versuchen können, die Frauen zurückzuschlagen, den PSI-Dämpfer abzuschütteln. Ohne diesen Dämpfer würde ihr die Droge keinerlei Probleme mehr bereiten können… genausowenig wie die Ranken an ihren Hand- und Fußgelenken. Sie konnte mit ihnen fertig werden. Aber nicht so. Diese Kombination war stärker; besiegte sie.
    Dennoch blieb sie zuversichtlich, daß sie es schaffen konnte wenn sie nur genügend Zeit hatte. Die Frage war, ob sie ihr genügend Zeit ließen.
    Minuten vergingen, wurden zu Stunden; abzumessen allein am steten Pochen ihres Herzens. Die Blätterschatten vor dem Fensterloch links von ihr bewegten sich, wurden auf die gegenüberliegende Wand projiziert und krochen darauf entlang… und schließlich auf ihre Füße zu. Sie schluckte krampfhaft. Der Rauch trocknete Mund und Kehle aus. Sie ertrug es noch eine Weile, dann krächzte sie zu den stummen Frauen hin: „Wasser.”
    Weder die alte noch die junge Zel bewegten auch nur einen Muskel.
    „Ihr habt also vor, mich zu quälen”, sagte sie und legte all ihren Hohn in ihre heisere Stimme. „Wilde. Hab’s mir gedacht. Kennen sich nicht aus mit zivilisierten Sitten.” Ihr Hals schmerzte, und sie verstummte, den Blick jedoch weiterhin auf das gleichmütige Gesicht der alten Frau gerichtet.
    Die Miene der Zel blieb unverändert reglos. Und sie sagte auch nichts.
    Aleytys spürte ein Emporwogen von Zorn, das die in ihr gefangene Energie aufwühlte und ihren Körper gefährlich aufheizte. Sie beruhigte sich, besänftigte den Pool. Sie hatte ihn ganz vergessen, und das war ein Fehler. Er war es wert, bei gewissen Schachzügen berücksichtigt zu werden, eine mächtige Waffe gegen diese Frauen… vorausgesetzt, sie konnte ihn richtig einsetzen. Sie konnte nicht mehrgleisig denken; eine Sache, das war alles. Sie starrte die alte Frau an und wußte, daß ihr Zorn sehr offenkundig war, doch das war ihr gleichgültig. Hunger und Durst gesellten sich zusätzlich zu der austrocknenden Wirkung des Rauches, zu der alles betäubenden Wirkung des PSI-Dämpfers. Apropos: Wie hielten sie diesen Dämpfer aktiviert? Durch den Singsang? Die Drogen? Wie auch immer, Hunger und Durst hatte sie schon oft überlebt. Sie bereitete sich darauf vor, auszuhalten.
    Und langweilte sich nach wenigen Minuten. Sie machte sich daran, mit winzigen Geistzähnen an jenen Kräften zu nagen, die sie fesselten; sie prüfte ihre Talente, um festzustellen, ob ihr eines dieser Talente möglicherweise von Nutzen sein konnte… ein Schlupfloch verschaffen konnte, durch das ein Entwischen möglich war.
    Jedes noch so kleine Knabbern erbrachte eine Reaktion der Frauen; sie hielten den Zugriff auf ihre Talente blockiert, sie vereitelten jeden Versuch des Hinausgreifens. Sie hatte nur diesen Pool aus in ihr verbliebener Restenergie, und sie spürte ihn sieden, vermochte ihn kaum unter Kontrolle zu halten und war sich sehr des Risikos bewußt, das sie damit einging. Sie wußte, wie gefährlich der Energie-Pool sein konnte, wenn er zu lange ungenutzt zurückgehalten war, doch er war ihre größte Überlebenschance, deshalb dachte sie nicht daran, ihn aus sich heraussickern zu lassen - es wäre wie ein Ausbluten gewesen.
    Ihre passiven Wahrnehmungsorgane funktionierten recht gut, wenngleich ein wenig betäubt und langsam. Sie konnte die Feindseligkeit in den Frauen, die sie bewachten, spüren, eine Feindseligkeit, die besonders bei der jüngeren glühend heiß war; sie hegte einen ganz persönlichen Haß auf sie, den Aleytys nicht verstehen konnte. Doch was sie viel mehr überraschte, war der Mangel an Neugier, besonders bei der älteren Zel. Bisher war sie immer der Meinung gewesen, daß Neugier treibendes Element eines jeden intelligenten Wesens war, und ihre Erkundungszüge in die Faulstellen, ihr Suchen nach neuen Pflanzen und Tieren mußte Resultat einer Art von Neugier sein. Nun, vielleicht war Neugier nicht ganz das richtige Wort. Vielleicht war dieses Erkunden, Suchen bereits seit Ewigkeiten in der Kultur des Stammes institutionalisiert, so daß es sich nur noch um instinktives Nachahmen handelte. Wespen, dachte sie. Zielgerichtetes Verhalten, etwas, das wie intelligentes Handeln aussieht, jedoch nur

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