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Die Fallen von Ibex

Die Fallen von Ibex

Titel: Die Fallen von Ibex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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Aleytys’ Schulter. Aleytys lag auf dem Bauch, die blutige Decke unter sich, Verbände, deren Weiß bereits vor durchsickerndem Blut gefärbt wurden, bargen die Wunden. Shadith saugte mit zusammengebissenen Zähnen Luft ein, legte ihre Hand auf die schweißnasse Stirn. „Fieber. Verdammt. Lee, kannst du mich hören?” Sie beugte sich zu ihr hinab, bis ihr Ohr dicht über Aleytys’ Mund schwebte, richtete sich wieder auf. „Nichts. Was soll ich jetzt nur tun?” Sie sah Aleytys unter einem jähen Frösteln erschaudern. „Feuer. Muß dich warmhalten. Cha? Wenn ich nur wüßte, ob dir das hilft, Lee. Was, wenn das mehr Schaden anrichtet?” Sie lauschte wieder, doch es kam keine Antwort, nicht der geringste Hinweis darauf, daß Aleytys oder Harskari sie hörten.
    Erschöpft rieb sie sich über die Augen, sah sich nach der beiseitegelegten Decke um, schüttelte Blätter und winzige Äste davon ab und hüllte Aleytys darin ein. Heftige Schauer wüteten in dem übel zugerichteten Körper - noch immer; trotz der Decke, sie spürte es. Noch einmal berührte sie Aleytys’ Gesicht. Heiß.
    Nicht die richtige Art von Hitze. Aleytys’ Atem kam rauh und unregelmäßig, jeder Atemzug ein Kampf. Shadith preßte die Hand auf den Mund, schaute auf. Der Himmel hellte sich auf. Der Tagesanbruch war nahe. Möglich, daß mit ihm Verfolger von der Insel kamen. Der Gedanke gefiel ihr nicht. Sie streichelte über Aleytys’ Gesicht. „Oh, Gott, ich muß ein Feuer machen.” Blindlings, ohne Bäume und Gestrüpp wirklich zu sehen, schaute sie in der Lichtung umher. „Wird sie direkt zu uns führen. Ich muß das in Ordnung bringen.”
    Sie sprang auf, schwankte ein wenig, da ihr vor Müdigkeit schwindelig war, dann begann sie hastig Holz zu sammeln. In kurzen Abständen sah sie immer wieder nach Aleytys. Sie grub ein Feuerloch, schleuderte Grasbüschel und Erdreich achtlos beiseite; sie rammte vier Äste in den Boden, band die Spitzen zusammen, hängte eine Decke darüber und zurrte sie fest. Die Aleytys zugewandte Seite ließ sie offen. Durch die hastige körperliche Tätigkeit ein wenig aufgemuntert, und ohne darüber nachzudenken, begann sie zu pfeifen; sie stapelte Holz ins Feuerloch, zündete es an, setzte den Topf mit Wasser und Cha auf.
    Als das Feuer gleichmäßig brannte, ergriff sie das Ende jener Decke, auf der Aleytys lag, und schleppte sie näher ans Feuer - an die Hitze - heran, betrachtete sie besorgt und hoffte, daß der notwendige rauhe Transport nicht zu viel Schaden angerichtet hatte.
    Aleytys stöhnte; bewegte den Kopf.
    „Lee!” stieß Shadith heraus, krabbelte auf Händen und Füßen zu ihr hin, bis sie in ihr Gesicht hinuntersah. Aleytys’ Kopf sank zur Seite; ein Auge war halb geöffnet. Kein Anzeichen dafür, daß sie sie gehört hatte, kein Anzeichen dafür, daß sie wußte, wo oder wer sie war. Shadith berührte ihre Schulter, spürte Nässe unter ihrer Hand. Blut durchnäßte die über der verwundeten Schulter liegende Decke. Sie zerrte die Decke weg. Die Verbände waren verrutscht. Die Wundauflage war mit hellem Blut getränkt. „Nicht mehr viel da, du hast nicht genug mitgenommen, oh Gott, was mache ich, wenn sie ausgehen?” Sie hob die Wundauflage ab und warf sie ins Feuer. „Lee, oh, Lee”, flüsterte sie, als sie die neuen Wundauflagen festdrückte und neu verband. „Wie komme ich bloß an dich heran? Ich weiß nicht, was ich weiter tun soll.”
    Das Wasser kochte über; das Feuer zischte. Sie hob den Topfdeckel, streute noch etwas Cha hinein, bemerkte, daß ihre Hände zitterten. Ungeschickt setzte sie den Deckel wieder zurück, hob den Topf vom Feuer und stellte ihn dicht neben Aleytys; so konnte auch noch ein Teil seiner Hitze der Hitze des Feuers hinzugefügt werden, während der Cha zog. Sie zog die Beine an, schlang die Arme um die Knie und legte das Kinn darauf. Hinter sich konnte sie das Gyr hören; es bewegte sich rastlos umher, knabberte an den zarten Spitzen des am Gestrüpp knospenden frischen Grüns; in einiger Entfernung war das Zwitschern von Vögeln, das leise Säuseln des Windes in den Baumwipfeln, ein zaghaftes Rascheln im Gras - kleine Nagetiere erwachten. Sie war müde. Trotz ihrer verzweifelten Besorgnis schlief sie beinahe ein, mußte sie sich zwingen, den Kopf zu heben. Sie hatte dem Cha mehr als genug Zeit zum Ziehen gelassen. Sie zwang ihren schmerzenden Körper, sich zu bewegen, einen Becher herauszukramen. Sie füllte ihn zur Hälfte mit der belebenden, fast

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