Die falsche Braut für Ewan? (German Edition)
einen äußerst beunruhigenden Vorteil – sie wünschte sich so sehr, ihm zu glauben, wie keinem anderen Mann je zuvor.
Dieses Gefühl von Verletzlichkeit brachte ihr eine spitze Antwort auf die Zunge, doch es gelang Claire, sie hinter einem erzwungenen Lächeln herunterzuschlucken. Es konnte nicht sein, dass sie sich Wortgefechte mit Ewan Geddes lieferte, wenn sie eigentlich darauf hoffte, ihn dazu zu bringen, ihr den Hof zu machen. Aber sie hatte zu viele Jahre damit verbracht, die Komplimente von Mitgiftjägern abzuwehren, als dass sie nun ungetrübte Freude darüber hätte empfinden können.
Sie schlug einen Ton der unbekümmerten Neckerei an. "Wenn Sie glauben, dass die letzten zehn Jahre mein Aussehen verbessert haben, müssen Sie mich für sehr hässlich gehalten haben, als ich jung war!"
Claire wandte das Gesicht ab, damit er mit seinem scharfen Blick nicht erkennen konnte, ob ihre Augen möglicherweise den Schmerz verrieten, den sie empfand, und drehte eine gemächliche Runde über das Deck. Sie hörte, dass Ewans schnelle Schritte ihr folgten.
"Nun, Miss Talbot, ich kann nicht verhehlen …" Er lachte leise. "Zugegebenermaßen hatte ich damals nur Augen für Ihre Schwester."
"Wohingegen Sie jetzt auch andere Frauen ansehen?" Sosehr sie sich auch bemühte, Claire konnte der Versuchung, ihn zu necken, einfach nicht widerstehen.
Sie machte sich auf eine scharfe Antwort oder einen spöttischen Gegenhieb gefasst. Sein lautes Lachen, das so belebend war wie ein frischer Seewind, überraschte sie völlig. "Sie finden meine Bemerkung amüsant?" fragte sie.
"Aye, gewissermaßen." In seinen Augen blitzte eine unverschämte Freude auf, die einem jungen Highland Gillie viel besser angestanden hätte als einem reifen Geschäftsmann im maßgeschneiderten Anzug. "Sie haben mich zehn Jahre zurückversetzt, das ist alles. In eine Zeit, als wir beide nichts lieber taten, als miteinander zu streiten, bis die Fetzen flogen."
Seine ansteckende Kumpelhaftigkeit hätte sie viel leichter verführen können als die leidenschaftlichen oder rührseligen Liebesschwüre anderer Männer … wenn sie nicht widerstand.
"Wollen Sie mir damit tatsächlich sagen, dass es etwas gab, das Sie noch lieber taten, als meiner Schwester schöne Augen zu machen, Ewan Geddes?"
"Ich schätze, jetzt haben Sie mich erwischt, Mädchen." Er lachte über sich selbst. "Vermutlich habe ich mir auch einen zu hohen Platz in Ihrer Wertschätzung zugedacht. Es muss jede Menge Dinge geben, die Ihnen mehr Spaß gemacht haben, als freundschaftliche Beleidigungen mit einem angestellten Burschen auszutauschen."
Damit hatte er Unrecht. Es hatte nichts gegeben, das sie lieber getan hatte. Zumindest war sie sich sicher gewesen, dass er ihr wenigstens vorübergehend Beachtung schenkte, wenn er ihre dünn verschleierten Beleidigungen mit komischen Bissigkeiten erwidert hatte, die nur knapp an regelrechter Unverschämtheit vorbeigeschrammt waren. Und sie hatte ein sicheres Ventil für die sinnlose Wut gehabt, die in ihr aufgekommen war, wenn sie zusehen musste, wie der gut aussehende Gillie sich vor ihrer Schwester ins beste Licht rückte.
Claire ignorierte seine Frage aus Angst, dass ihr Tonfall oder ihr Gesichtsausdruck irgendwie die Wahrheit verraten könnte. "Meine Güte! Wo bleiben bloß Tessa und ihre Mutter?"
Und wo blieb Lady Lydiards Bote? Claire blickte nervös zum Kai. Irgendjemand hätte mittlerweile hier sein müssen. Die Einhaltung des Zeitplans war für ihr Vorhaben von unbedingter Wichtigkeit.
Ewan lehnte an der Reling und drehte seinen Zylinder zwischen den Fingern. "Glauben Sie, Lady Lydiard lässt sich absichtlich Zeit?"
Seine gute Menschenkenntnis brachte Claire unwillkürlich zum Lachen. "Zugegebenermaßen würde es ihr durchaus ähnlich sehen, so ihre Missbilligung zum Ausdruck zu bringen. Aber in diesem Fall glaube ich das nicht."
"Warum nicht?"
"Nun …" Sie wählte ihre Worte vorsichtig, um keinen Verdacht bei ihm zu wecken. "Ich kann nicht behaupten, dass Ihre Ladyschaft entzückt davon ist, Sie als Gast bei uns auf Strathandrew zu haben."
"Also wenn ich je eine Untertreibung gehört habe, dann das!" Ewan verzog sein Gesicht in einer perfekten Nachahmung von Lady Lydiard zu einem übertriebenen Ausdruck der Missbilligung.
Claire unterdrückte ein Lächeln und wehrte sich gegen den falschen Eindruck, dass er auf ihrer Seite war. "Meine Stiefmutter mag recht überkandidelt sein, aber sie ist nicht dumm. Das Einzige, was sie noch
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