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Die falsche Frau

Die falsche Frau

Titel: Die falsche Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Mackowski
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zuschrieb, weil sie mit Patrizia vielleicht nicht gut genug gearbeitet hatte. Offiziell war der Verdacht vom Tisch, aber was sagte das schon, irgendwie rechnete sie immer noch mit dem Schlimmsten. Mit Selbstmord oder irgendeiner anderen Katastrophe. Oder wollte sie diese Patientin insgeheim loswerden und malte sich deshalb solche Dinge aus?
    In Gedanken wieder bei Georg, stand Sarah auf, zog die Vorhänge zurück und blickte in einen Himmel voller Schäfchenwolken. Eine Idylle die sie blendete, und angesichts von so viel Schönheit, die sich nicht gerade günstig auf ihren Kopf auswirkte, ging die Grübelei erst richtig los. Wahrscheinlich hatte sie märchenhaftes Glück mit Georg. Alles an ihm ist richtig, dachte sie. Er ist charmant, freundlich, gebildet, vielleicht ein wenig verschroben, aber sonst? Wieso wollte sie dieses Glück aufs Spiel setzen?
    Sarah beschloss, die Dinge langsam angehen zu lassen, nahm eine Kopfschmerztablette und legte wie immer, wenn sie sich Klarheit verschaffen musste, eine ihrer Lieblings-CDs auf: Bachs Brandenburgisches Konzert Nr. 3. Concentus Musicus, dirigiert von Nikolaus Harnoncourt.
    Vier Tage waren vergangen, seit Karlich sie zum Theseustempel gerufen hatte. Vier Tage hatte sie sich mit Mutmaßungen herumgeschlagen, die sie nicht weiterbrachten.
    Victoria’s Secret. Was war bloß mit diesem Duft? Wie lange hatte sie dieses Parfüm schon nicht mehr angerührt? Als ob dieses Parfüm etwas an sich hatte, an das sie auf keinen Fall erinnert werden wollte. Dann die Sache mit ihrem Negligé. Wie sicher konnte sie sein, dass der Mann, der ihre Schubladen durchwühlt hatte, nicht wieder kommen würde? Ob seine Tollkühnheit der Schlüssel zu diesen ominösen Mordgeschichten war?
    Sarah saß da und weinte.
    In gewisser Weise hatte sie sich das doch alles selbst eingebrockt. Da wollte sie doch jemand fertig machen? Warum?
    War es denn so ein großer Fehler, dass sie an einer Beziehung festhielt, die nicht im Gleichgewicht war, ein wenig asymmetrisch und langweilig? Sie hatte sich eben damit abgefunden, dass Georg nicht so leidenschaftlich war wie sie, und in ein Arrangement eingewilligt wie viele andere Paare auch. Aus Selbsterhaltungstrieb, aus Gewohnheit. Ja und?
    Sarah schluckte Tränen. Bestimmt war es nur Bach, der sie so rührte.
    Es läutete.
    Blitzschnell in ihren Morgenmantel gehüllt, lief Sarah zur Tür und öffnete.
    »François?«
    Sie wollte Fragen stellen, er ließ sie gar nicht erst zu Wort kommen und erzählte von einer jungen Russin namens Svetlana, die er letzte Nacht im Hotel Orient kennengelernt hatte und von der er annahm, dass sie den Mörder von Irene regelmäßig traf, nur um sich von ihm waschen zu lassen.
    »Bist du sicher?«
    Zuerst hielt Sarah das für einen schlechten Witz, doch als François mehr von dem Kunden erzählte, fing sie an, die Sache ernst zu nehmen. Eine ziemlich originelle Perversion, dachte sie und hörte gespannt zu.
    »Der Typ hat 3 n echten Waschfimmel«, sagte François. »Der will sie baden, maniküren und hinterher nebelt er sie immer ein. Mit diesem …«
    »Victoria’s Secret«, sagte Sarah. »Und du bist sicher, dass es sich um mein Parfüm handelt? Viele Düfte ähneln sich.«
    »Ganz sicher«, sagte François. »Lass es mich noch mal riechen.«
    Sarah verschwand im Bad und kam mit dem Flakon wieder.
    »Soll ich?«
    »Auf deine Hand«, sagte François.
    Wahrscheinlich hatte ihn sein Instinkt auf die richtige Fährte geführt. Wahrscheinlich beruhte alles auf einer Verwechslung, überlegte Sarah. Dann gab sie einen Schuss Victoria’s Secret auf ihr Handgelenk. François beugte sich zu ihrem Arm, verstrich den Duft auf ihrer Haut und schnupperte. Seine Nase kitzelte, und seine Finger, die gar nicht aufhören wollten, sie zu streicheln, lösten einen Schauer nach dem anderen aus.
    »Das reicht jetzt«, sagte sie trocken.
    François ließ schlagartig ihre Hand los.
    »Dieses Parfüm wird mit einem aufwändigen Verfahren zur Gewinnung hochwertiger Pflanzenextrakte hergestellt, nennt sich Enfleurage«, erklärte Sarah, um nicht völlig die Kontrolle zu verlieren.
    »Enfleurage?«, fragte er verdutzt.
    »Glasplatten …«
    Dann nahm er wieder ihre Hand.
    » … werden von beiden Seiten …«
    Er drehte ihre Hand um.
    » … mit Blüten bestreut …«
    Er küsste sie.
    » … so oft, bis …«
    Die Küsse wanderten ihren Arm hinauf.
    » … bis das Fett mit dem Duftstoff gesättigt ist. Danach wird das Blütenöl mit Extraktionsmitteln vom

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