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Die falsche Frau

Die falsche Frau

Titel: Die falsche Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Mackowski
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Abschiedsbrief?
    Wie wenig er Claire doch gekannt hatte. Claire und Selbstmord?
    François fühlte Druck auf der Blase und ging ins Bad. Während er pinkelte, sah er sie vor sich.
    Die Art, wie sie sich in ein Handtuch hüllte nach dem Duschen. Wie sie Massageöl zwischen die Hände gab und damit ihren Körper einrieb.
    Seine Augen glitten über die Wanne.
    Im Abfluss entdeckte er einen Ring blonder Haare. Claires Haare.
    François zog den Reißverschluss seiner Hose hoch, nahm die Haare raus und musste sich im selben Augenblick übergeben.
    Claire und Katzan!
    Er war jetzt ganz sicher. Aber warum gerade Katzan?
    Ihre Gesichter tanzten um ihn herum.
    Ein weiterer Schwall Unverdautes ergoss sich auf die weiße Fläche der Wanne. Wie sie lächelten! Aber Claire wich zurück, und Katzan war näher gekommen. Er hatte ihren Geruch angenommen. Ihre Hände, ihren Atem, so, als wären sie eins. François fühlte seine mageren, feindseligen Finger auf seinen Lenden, wie sie über seinen Rücken wanderten und ein Schwindelgefühl in ihm erzeugten, dann wilde Stöße, die sich wie Stromwellen in seinem Körper ausbreiteten und erst verebbten, als der letzte Rest Erbrochenes gurgelnd durch den Abfluss gesickert war.
    Danach schmeckte sein Mund nach Wüste.
    Sein Blick wanderte über den Badezimmerboden. Da stand ein Mülleimer. François öffnete den Deckel. Er fast leer, nur ein Stück Papier klebte zusammengeknüllt an der Seite. Er nahm es raus und strich es mit zitternden Fingern glatt. Eine Kritzelei. CS stand da mit Lippenstift, die Initialen waren durchgestrichen. Genauso wie auf der Serviette, die er seit dem Verschwinden von Claire bei sich trug.
    Kein Zweifel, Katzan und Claire mussten ein Verhältnis gehabt haben.
    Bis vor ein paar Stunden hatte er noch geglaubt, dass ihn und Katzan nichts auseinander bringen könnte, selbst wenn einer vom anderen nichts hörte, sie getrennt waren und vorübergehend Schweigen herrschte.
    Hier war es also passiert.
    François stellte sich vor, wie Katzan es mit ihr getrieben hatte.
    Claire und ihn betrügen?
    Claire, die heimlich seine Post öffnete und dann so ungeschickt wieder zuklebte, dass sie Spuren hinterließ? Claire, die ihn nächtelang löcherte und wissen wollte, wie er die Legion ohne die Liebe einer Frau überstehen konnte?
     
    François ging ins Schlafzimmer und wühlte das Bett durch. Er fand eine halb leere Packung Valium. Unter dem Kopfkissen lag ein aufgeschlagener Fahrplan der österreichischen Bundesbahn. Abfahrzeiten Wien-Paris. Jemand hatte Uhrzeiten angekreuzt.
    Sie wollte zurück, dachte er, aber warum lag der Plan ausgerechnet hier? Hatte Katzan sie etwa gegen ihren Willen festgehalten und mit Tabletten vollgepumpt?
    Das Telefon, dachte er, stürzte in den Flur und ließ seine Finger über die Tastatur gleiten. Er drückte auf Wahlwiederholung. Die Taxizentrale meldete sich. Zuerst dudelte nur ein Band. Endlich die gelangweilte Stimme einer Frau.
    »Du musst mir helfen«, sagte er ohne lange rumzureden.
    »François Satek?«, fragte sie.
    »Ja.«
    Am anderen Ende war die Tussi, die ihn neulich, kurz vor seiner Vernehmung im Präsidium, so angehimmelt hatte.
    »Wer hat von hier einen Wagen bestellt?«, fragte François. »Und wo wollte er hin?«
    »Nannte sich Katzan«, sagte die Frau. »Ist zum Flughafen.«
    »Halt ihn auf«, sagte er. »Hörst du?«
    Nach einer elend langen Pause, in der François Papier rascheln hörte, redete sie endlich.
    »Der braucht sowieso noch ‘ne Weile«, sagte sie kaugummikauend. »Die Tangente ist gesperrt. Was ist denn mit dem?«
    »Los, ich brauch die Nummer des Fahrers«, sagte François. »Du erreichst mich über Funk in meinem Wagen. Schnell, der Mann soll umdrehen und den Weg durch den Prater nehmen. Lass dir was einfallen, und keine Polizei, ist das klar?«
    »Wieso Polizei?«
    Bis die Tussi richtig begriffen hatte, verging eine Ewigkeit, aber irgendwie gab er ihr das Gefühl, sich in einer entscheidenden Phase an der Verfolgung eines Schwerverbrechers zu beteiligen.
    »Eine Autopanne«, sagte François. »Das kriegst du doch hin, oder?«
    Dann legte er auf, stieg in sein Taxi und zwang sich zu kontrollierten Bewegungen.
     
    Gurt. Zündschlüssel. Kupplung. Gas.
    Er schaltete den Funk an.
    So leicht würde ihm Katzan nicht entkommen.
    Kurz darauf piepste das Funkgerät.
    »Ja?«
    Die Frau aus der Taxizentrale.
    »Wagen 784 wird am Clubhaus Nähe Wasserwiesenweg eine Reifenpanne simulieren und auf dich warten«, sagte sie

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