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Die falsche Frau

Die falsche Frau

Titel: Die falsche Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
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hatte auch sie plötzlich erkannt, dass es nicht ging, dass es nicht
richtig war.
    Schweigend hatte ich mich wieder angekleidet, beim betretenen
Abschied vermutlich eine Menge Unsinn geredet, und dann war ich gegangen. Nein,
gegangen klang zu groß. Davongestohlen hatte ich mich. Zum Glück war der
Bahnhof nicht weit gewesen. Zum Glück hatten dort Taxis gestanden.
    Sie hatte sich in mich verliebt, wurde mir im Lauf unseres auf
beiden Seiten kleinlauten Gesprächs klar. Für sie war ich nicht nur irgendein
Abenteuer, nicht nur eine willkommene Abwechslung ihrer einsamen Abende.
    Geliebt zu werden kann ein verdammtes Elend sein.
    Schließlich gingen wir wieder an unsere Arbeit. Nie hatte sie so
verloren gewirkt, so … verlassen. Sollte ich aufstehen und sie berühren? Oder
würde das alles nur noch schlimmer machen?
    Ich wusste nichts mehr und verfluchte den Moment, in dem ich ihrer
Einquartierung zugestimmt hatte. Ich verfluchte mich selbst, meine blöde
Gedankenlosigkeit im Essighaus, den süffigen Weißwein, ihr verflixtes Parfüm.
Ich verfluchte meine Feigheit. Was wäre schon dabei gewesen? Menschen gingen
fremd. Fast alle. Zumindest die meisten. Viele jedenfalls. Theresa und ich
hatten uns nie Treue geschworen. Dennoch war ich mir merkwürdigerweise sicher,
dass sie mir treu war. Dass ich es sofort bemerken würde, sollte sich dies
jemals ändern. Ich dagegen war ihr untreu gewesen. Untreue beginnt im Kopf und
nicht im Bett. Gab es überhaupt Liebe ohne Treue? War es vielleicht das? War
man zur Untreue vielleicht einfach nicht imstande, wenn man wirklich liebte?
Liebte ich Theresa wirklich?
    Â»Ich … Du …« Sie sprach jetzt sehr leise und mit dem Rücken zu mir.
Aber sie saß wieder aufrecht. »Du hast vollkommen recht, Alexander. Wir sind
Kollegen, und wir sollten uns auch so benehmen. Ich würde gerne ab Montag in
einem anderen Büro arbeiten.«
    Â»Unsinn«, widersprach ich halbherzig. »Wir sind erwachsene Menschen.
Außerdem, die paar Tage noch …«
    Langsam drehte sie sich wieder zu mir. Ihre Augen waren trocken.
    Â»Wenn man vom Ende absieht«, meinte sie mit erschöpftem Lächeln,
»war es eigentlich ein netter Abend, nicht wahr?«
    Â»Ja, das war es. Ich sage jetzt nicht, wir können Freunde bleiben,
weil es zu sehr nach Hollywood klingt …«
    Â»Falls du es doch einmal sagen solltest.« Ihr Lächeln wurde stärker.
»Ich würde mich freuen.«
    Ich wechselte das Thema und berichtete ihr von meinem Telefongespräch
mit Peter von Arnstedts Mutter, von dem sie nur die letzten Sätze mitbekommen
hatte. Sie hörte aufmerksam zu, und mit einem Mal herrschte ein ruhiges,
selbstverständliches Vertrauen zwischen uns.
    Â»Prochnik und von Arnstedt haben sich für Judith um die praktischen
Dinge gekümmert«, sagte sie mit halb geschlossenen Augen. »Sie haben das
Tagungshotel ausgekundschaftet, mögliche Fluchtwege. All das wäre von Pakistan
aus unmöglich gewesen und für sie selbst viel zu riskant. Was immer sie plant,
sie braucht tausend Dinge dazu: eine Waffe, Sprengstoff vielleicht, mehrere
Verstecke, eventuell ein Fahrzeug.«
    Â»Den Mercedes?«
    Â»Der Mercedes war mit Sicherheit Teil eines Plans. Aber sie weiß
natürlich längst, dass wir ihn entdeckt haben, und wird ihre Strategie entsprechend
geändert haben. Wenn Judith für ihr Vorhaben ein Fahrzeug brauchen sollte, dann
wird irgendwo ein anderes bereitstehen.«
    Ich lehnte mich zurück, spielte mit einem Stift, von dem ich nicht
wusste, wie er zwischen meine Finger geraten war. »Du hast von Anfang an recht
gehabt«, sagte ich schließlich. »Auch wenn ich es ungern zugebe.«
    Das Lächeln stand immer noch in ihrem Gesicht.
    Â»Hat sie noch mehr Helfer, oder wird sie es allein versuchen?«,
fragte ich.
    Â»Möglich, dass es noch andere Unterstützer gibt. Auch wenn ich nicht
wüsste, wie sie die auf die Schnelle akquiriert haben könnte. In dem Moment, in
dem sie zuschlägt, wird sie aber allein sein. Es ist nicht ihre Art, sich mehr
als unbedingt nötig auf andere zu verlassen.«
    Â»Du glaubst immer noch nicht, dass sie mit diesem Abu Thala
gemeinsame Sache macht?«
    Â»Nein. Absolut nicht.«
    Der junge Konvertit und al-Qaida-Kämpfer war immer noch auf freiem
Fuß. Inzwischen war mir sogar der Verdacht gekommen, die Amerikaner könnten

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