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Die falsche Frau

Die falsche Frau

Titel: Die falsche Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
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mein drittes Gespräch mit Adrian Horstkotte. Dieses Mal saß ich ihm
nicht allein gegenüber. Evalina Krauss leistete uns Gesellschaft und betrachtete
den tätowierten Mann mehr neugierig als besorgt.
    Â»Bullen sind für mich keine Menschen«, knurrte er. »Bullen sind die
Prügelknechte der herrschenden Klassen.«
    Ich erklärte ihm die Tatbestände, deren er verdächtigt wurde, und
belehrte ihn über seine Rechte. Er ließ die Prozedur gähnend über sich ergehen.
    Â»Was haben Sie persönlich eigentlich davon, wenn dieser Anschlag
stattfindet?«, fragte ich dann.
    Â»Eine Drecksau weniger auf der Welt«, erwiderte er achselzuckend.
»Ausnahmsweise mal eine von den großen. Cool!«
    Â»Sie wissen also von dem geplanten Anschlag?«
    Â»Einen Scheiß weiß ich.«
    Seine Antwort war den Bruchteil einer Sekunde zu schnell gekommen,
und das wusste er ebenso gut wie ich.
    Â»Ich mache Ihnen jetzt einen Vorschlag«, sagte ich sachlich. »Ich
mache ihn nur ein Mal, aber Sie müssen sich nicht gleich entscheiden.«
    Â»Ich mache keine Deals mit Bullen.«
    Â»Sie sagen mir, was Sie wissen, und ich lasse Sie laufen. Im anderen
Fall werden Sie noch wochenlang gesiebte Luft atmen. Meine Leute haben Sie
inzwischen auf einem Video identifiziert. Sie wurden im April bei einer der
Montagsdemonstrationen in Stuttgart dabei gefilmt, wie Sie mit Steinen werfen.
Auf Polizeibeamte, und es waren große Steine. Außerdem waren Sie bei einer
Gruppe, die einen Müllcontainer auf die Straße geschoben und in Brand gesteckt
hat. Mit etwas Glück reicht es sogar für eine Anklage wegen versuchten
Totschlags.«
    Er schwieg mit bockiger Miene und gesenktem Blick.
    Â»Herr Horstkotte«, sagte ich förmlich. »Sie haben meinen Vorschlag
gehört. Übers Wochenende dürfen Sie bei uns wohnen bleiben und haben viel Zeit,
sich zu entscheiden. Ich werde dafür sorgen, dass man nett zu Ihnen ist und Sie
in Ruhe lässt. Am Montagmorgen sehen wir uns wieder.«
    Â»Fick dich ins Knie!«, lautete seine phantasielose Antwort. »Irgendwann
bin ich wieder draußen. Irgendwann. Ich weiß, dass du Kinder hast. Grüß sie von
mir.«
    Ich erstarrte. Es war nicht das erste Mal, dass man mir während
einer Vernehmung drohte. Meist war das sogar ein gutes Zeichen. Ein Zeichen von
Schwäche auf der Gegenseite. Die letzte Abwehrfront, bevor die Dämme brachen.
Aber es war das erste Mal, dass meine Töchter offen bedroht wurden.
    Â»Bete zu Gott oder zu wem du magst, dass meinen Töchtern in nächster
Zeit nichts zustößt«, hörte ich mich mit tonloser Stimme sagen. »Wenn eine von
ihnen auch nur einen Kratzer hat, dann werde ich dich finden. Und dann wirst du
dir wünschen, du wärst mir nie begegnet.«
    Â»Das wünsche ich mir schon die ganze Zeit«, erwiderte Adrian
Horstkotte mit eiskaltem Blick.
    Â»Terrorismus?«, fragte ich entnervt. »Wieso denn jetzt
ausgerechnet Terrorismus? Das ist doch kein Thema für ein Buch!«
    Wir lagen nackt auf unserer Matratze und hatten uns schon ein wenig
gestreichelt, als ich mehr neckisch als ernst gemeint die Frage stellte, was
denn nun am Thema ihres neuen Buchs so geheimnisvoll war.
    Â»Es interessiert mich nun mal.« Theresa rückte ab von mir und klang
gekränkt. »Kein Grund, gleich so aus dem Häuschen zu geraten.«
    Â»Und deshalb liest du stapelweise Bücher?«
    Â»Ich bin Historikerin und habe einen gewissen Anspruch«, erwiderte
sie schnippisch. »Es wird aber kein reines Sachbuch werden, keine Sorge. Mir
schwebt eine Art teilfiktiver Tatsachenroman vor. Mit ein paar
Liebesgeschichten garniert. Sonst liest das ja kein Mensch.«
    Â»Sex sells. Das haben schon die alten Griechen gewusst. Und was sagt
dein Verleger dazu?«
    Â»Nichts. Er weiß noch nichts von seinem Glück.«
    Für eine Weile schwiegen wir nebeneinander her. Schließlich
versuchte ich, sie an mich zu ziehen. Dieses Mal war es meine Schuld. Ich hatte
überreagiert. Auf gewisse Worte reagierte ich inzwischen wie ein Pawlow’scher
Hund. Theresa sträubte sich.
    Â»Ich habe gewusst, dass du so reagieren würdest.«
    Â»Wie ich leider den starken Verdacht habe, dass du eine gewisse
Sympathie für die Leute empfindest.«
    Sie setzte sich auf, zog die Decke bis zu den Schultern.
    Â»Die Menschen, die die Bastille gestürmt haben, waren

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