Die falsche Tochter - Roman
begrüßen.
»Jetzt sehen Sie sich bloß diese riesigen Löcher im Boden an. Graben Sie die selbst?«
»Ja, zumindest ein paar davon. Ich hatte gehofft, von Ihnen zu hören.«
»Ich dachte, ich komme einfach mal vorbei und schaue mir alles mit eigenen Augen an. Ich habe Sie heute früh im Radio gehört. Es hat sich echt wissenschaftlich angehört.«
»Danke. Haben Sie etwas herausfinden können?«
Betsy musterte Callie. »Sie haben mir gar nicht erzählt, dass Sie Suzanne Cullens Tochter sind.«
»Macht das einen Unterschied?«
»Ja, sicher. Ich weiß noch, wie damals, als es passierte, ein Foto von Suzanne und Jay Cullen in der Zeitung erschien. Ein Babyfoto von Ihnen war auch abgebildet. Überall in Hagerstown wurden Flugblätter verteilt. Und jetzt sind Sie wieder da. Ist das etwa nichts?«
»Ich bin Ihnen für alles, was Sie mir erzählen können, dankbar, und sollte sich irgendetwas davon als hilfreich erweisen, könnte ich mir vorstellen, dass die Reporter mit Ihnen reden möchten.«
»Glauben Sie wirklich? Na, das wäre doch was. Also, ich
habe mit Alice und Kate geredet, und Alice wusste noch, dass Mary Stern als Hebamme bei Suzanne Cullen im Kreißsaal war. Das weiß sie deshalb so genau, weil sie mit Mary gesprochen hat, nachdem Sie entführt worden waren. Alice klatscht unheimlich gerne. Sie hat mir auch noch ein paar andere Namen nennen können, den der Nachtschwester und so weiter. Ich weiß allerdings nicht, ob sie alle noch hier in der Gegend wohnen.«
Sie zog ein Blatt Papier aus der Tasche. »Ich habe die Namen selbst im Telefonbuch nachgeschlagen. Ich bin ein neugieriger Mensch. Mary Stern lebt mittlerweile unten in Florida. Sie hat sich scheiden lassen, danach wieder geheiratet und mit knapp vierzig noch ein Baby bekommen. Sandy Parker ist bei einem Autounfall vor ungefähr fünf Jahren ums Leben gekommen. Schreckliche Geschichte, ich habe davon in der Zeitung gelesen. Sie kam gerade von der Nachtschicht.«
Callie versuchte, das Blatt Papier an sich zu nehmen, aber Betsy hielt es eisern fest, rückte ihre Brille gerade und las weiter. »An diese Barbara Halloway hier konnte ich mich erst erinnern, als Alice von ihr erzählte. Sie war höchstens ein Jahr bei uns und hat auch nur Nachtschicht gemacht. Ich kannte die meisten Nachtschwestern nicht besonders gut, aber Alice hat mir auf die Sprünge geholfen.«
»Danke, Mrs Poffenberger. Das hilft mir sicher weiter.«
»Sie war ein schnippisches junges Ding«, fuhr die ältere Frau fort. »Kam frisch von der Schwesternschule. Sie hatte rote Haare und wollte sich wohl einen Arzt angeln. Sie hat auch einen bekommen, aber nicht hier, sondern irgendwo oben im Norden. Sie ist, kurz nachdem es passiert ist, weggezogen, deshalb habe ich mich auch nicht gleich an sie erinnert. Sie hatte so eine kühle Art. Wenn ich Sie wäre, würde ich sie mir genauer anschauen. Ja, sie hatte so etwas Kühles.«
»Danke. Das mache ich. Und wenn ich etwas herausfinde, sage ich Ihnen Bescheid.«
»Außerdem stehen hier noch ein paar Pfleger auf der Liste. Jack Brewster zum Beispiel, das war ein gewiefter Bursche. Er
war ständig hinter den Schwestern her, ob sie nun verheiratet waren oder nicht.«
In diesem Moment kam Jake herbeigeschlendert. »Dr. Dunbrook? Tut mir Leid, dass ich Sie stören muss, aber Sie werden an Segment fünfunddreißig gebraucht.«
»Bitte? Oh ja, natürlich. Bitte entschuldigen Sie mich, Mrs Poffenberger. Und noch mal vielen Dank für Ihre Mühe.«
»Machen Sie sich deswegen keine Gedanken. Rufen Sie mich einfach an, wenn Sie noch etwas brauchen. Meine Güte, das ist ja wie in einem Krimi.«
Callie steckte das Blatt Papier in ihre Gesäßtasche und trat vom Zaun weg, als Betsy in ihr Auto stieg. »Es gibt kein Segment fünfunddreißig«, sagte sie grinsend zu Jake.
»Du hast ziemlich panisch ausgesehen, deshalb bin ich gekommen, um dich zu retten.«
»Ich hatte keine Panik, mir sind nur beinahe die Ohren abgefallen. Meine Güte, diese Frau hört einfach nicht auf zu reden.« Callie stieß die Luft aus. »Aber sie hat mir auch einen riesigen Gefallen getan. Ich habe jetzt mindestens ein Dutzend Namen.«
»Und was willst du jetzt unternehmen?«
»Ich fange wohl am besten mit der Suche im Internet an und gucke nach, wie viele von den Leuten überhaupt noch leben und hier in der Gegend wohnen. Und dann werde ich weitersehen.«
»Brauchst du Hilfe?«
»Du bist in der letzten Zeit äußerst hilfsbereit.«
Er trat dicht an sie heran.
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