Die falsche Tochter - Roman
»Die Rechnung stelle ich dir dann später.«
»Ich könnte tatsächlich Hilfe brauchen, und möglicherweise könnte ich dir auch schon eine Anzahlung geben.«
»Babe« – Jake gab ihr einen flüchtigen Kuss –, »keine Sorge, ich vertraue dir.«
Kopfschüttelnd blickte Callie ihm nach, als er quer über das Gelände zu den anderen ging. »Noch ein Krimi«, murmelte sie.
Bill McDowell war ein bisschen betrunken. Eigentlich brauchte er dazu nicht mehr als ein Bier, aber zur Sicherheit trank er zwei, damit der Zustand auch anhielt. Er hatte gesehen, wie Jake sich an Callie herangemacht hatte. Und was noch schlimmer war: Er hatte gesehen, wie sie darauf reagiert hatte. Sie würde an diesem Abend bestimmt nicht zum Ausgrabungsgelände kommen, um mit den anderen zu grillen und zu reden. Dabei wollte Bill sie doch einfach nur anschauen. Er konnte sich gut vorstellen, was jetzt, in dieser Minute, passierte, während er hier draußen saß, sein zweites Bier trank und zuhörte, wie dieser Typ aus dem Ort, Matt, auf seiner Gitarre herumzupfte. In diesem Moment besorgte es dieser verdammte Graystone Callie. Sie war viel zu gut für ihn, das sah man doch auf den ersten Blick. Sie war so klug und so hübsch. Und diese drei Grübchen, die entstanden, wenn sie lachte, brachten Bill beinahe um den Verstand. Wenn sie ihm nur eine Chance gäbe, dann würde er ihr schon zeigen, wie ein Mann eine Frau behandeln musste. Nachdenklich trank er sein Bier aus und malte sich aus, wie er diesen Jacob Graystone zusammenschlagen würde. Ja, genau das würde er tun. Schwankend stand er auf.
»Hey, komm, Kleiner!« Amüsiert packte Digger Bill am Arm, damit er nicht umfiel. »Wie viel hast du schon getrunken?«
»Genug.«
»Scheint mir auch so. Wo willst du hin?«
»Ich muss pinkeln. Was dagegen?«
»Keineswegs«, erwiderte Digger fröhlich. »Möchtest du das Klo im Wohnwagen benutzen?«
»Ich will ein bisschen spazieren gehen.« Bill riss sich los. Er wollte sich nicht von jemandem, der mit Jake zu tun hatte, bemuttern lassen. »Hier ist es mir zu voll.«
»Ja, das habe ich gemerkt. Pass bloß auf, dass du nicht in den Teich fällst und ertrinkst«, sagte Digger. Dann dachte er, dass eigentlich nichts dagegen sprach, wenn er ebenfalls seine Blase erleichterte, und machte sich auf den Weg zu seinem Wohnwagen.
Bill taumelte weg von den Zelten, der Musik und den anderen Leuten. Was wollte er eigentlich hier, wenn Callie nicht da war? Er wusste natürlich nicht mit absoluter Gewissheit, dass sie jetzt gerade mit Jake im Bett lag. Vielleicht wäre sie ja gerne seiner Einladung gefolgt, dachte er, während er durch die Bäume torkelte, aber Jake hatte sie nicht gehen lassen. Das würde er dem Bastard heimzahlen. Er würde zu ihm gehen, sich vor ihm aufbauen und Callie einfach mitnehmen. Sie wäre mir bestimmt dankbar, dachte Bill, während er seine Blase erleichterte. Er stellte sich vor, wie Callie sich an ihn klammerte, zu ihm aufschaute, und wie ihre Grübchen bebten, als sie ihn zaghaft anlächelte. Und da er von der Vorstellung des ersten heißen Kusses, den er Callie geben würde, so gefesselt war, hörte er das Geräusch hinter sich nicht.
Er stürzte bäuchlings zu Boden, als ihn der Schlag traf. Jemand rollte ihn unsanft zum Teich hinunter. Bill stöhnte auf, aber als er in das kühle Wasser glitt, hatte ihn der Schmerz bereits bewusstlos gemacht.
»Okay, das ist das Grundmuster.« Jake saß vor seinem Zeichenblock, während Callie am Computer arbeitete.
Nachdem sie eine Weile darüber debattiert hatten, hatten sie sich darauf geeinigt, in seinem Büro zu arbeiten. In den ersten beiden Stunden war der Lärm eines Actionfilms, den sich ein Mitglied des Teams ausgeliehen hatte, zu ihnen hereingedrungen. Doch jetzt war es ganz still im Haus geworden, und man hörte nur noch Leos leises Schnarchen, der auf dem Sofa im Wohnzimmer schlief.
Callie blickte vom Monitor auf und betrachtete Jakes Entwurf. Sie musste zugeben, dass er ihm gut gelungen war. Jake hatte Callies Namen als zentralen Punkt in die Mitte geschrieben, die ihrer Adoptiveltern auf die eine Seite, die der Cullens auf die andere. Die Namen von Henry Simpson, Marcus Carlyle, Richard Carlyle, dem Bostoner Kinderarzt und die der jeweiligen Angestellten – soweit sie ihnen bekannt waren – standen, in Gruppen zusammengefasst, auf der Seite ihrer Eltern.
Die Namen von den Listen, die Suzanne und Betsy Poffenberger erstellt hatten, waren auf der anderen
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