Die falsche Tochter - Roman
Er fragte mich, ob er etwas für mich tun könne, und ich brach in Tränen aus. Stand einfach nur da und schluchzte hysterisch. Er trat hinter seiner Theke hervor, nahm mich in die Arme und tröstete mich. Und dabei kannte er mich gar nicht; ich war eine Fremde, die in seinem Geschäft einen Nervenzusammenbruch hatte. Seitdem liebe ich ihn.«
»Das sieht ihm ähnlich. Er kann gut mit verirrten Seelen umgehen.« Doug zuckte zusammen. »Oh, Verzeihung, ich wollte Sie nicht beleidigen.«
»Das haben Sie nicht. Aber ich hatte mich nicht verirrt. Ich wusste, wo ich war, wie ich dorthin gekommen war und wohin ich wollte. Aber in jenem Moment kam mir alles so düster vor. Und Roger hielt mich einfach nur fest und baute mich wieder auf. Er hängte das ›Geschlossen‹-Schild an die Tür und ging mit mir ins Hinterzimmer. Dort kochte er mir Tee und hörte sich meinen Kummer an. Manche Dinge hatte ich mir bis dahin selbst nicht eingestanden, geschweige denn, dass ich sie irgendjemandem erzählt hätte.« Lana hielt einen Moment lang inne. »Ich würde alles für Roger tun«, fuhr sie dann schmunzelnd fort. »Ich würde Sie sogar heiraten, weil das nämlich sein sehnlichster Wunsch ist. Also, nehmen Sie sich bloß in Acht!«
»Du meine Güte!« Instinktiv trat Doug einen Schritt zurück. »Was soll ich dazu sagen?«
»Sie könnten mich zum Beispiel zum Abendessen einladen. Es wäre sicher sinnvoll, dass wir ein oder zwei Mal miteinander ausgehen, bevor wir beginnen, die Hochzeit zu planen.« Bei diesen Worten starrte Doug sie so voller Entsetzen an, dass Lana lachte, bis sie Seitenstechen bekam.
»Entspannen Sie sich, Doug, ich habe noch keine Tischkärtchen gekauft. Ich hielt es nur für fair, es Ihnen zu sagen, falls Sie noch nicht gemerkt haben sollten, dass Roger diese Fantasie über uns beide hegt. Er liebt uns beide, deshalb denkt er, wir müssten füreinander geschaffen sein.«
Doug dachte einen Augenblick lang nach. »Alles, was ich jetzt sage, könnte möglicherweise gegen mich verwendet werden, deshalb halte ich lieber den Mund«, sagte er dann.
»In Ordnung. Ich bin spät dran, und ich möchte mir doch wenigstens noch einmal rasch anschauen, was die Ausgrabung für Fortschritte macht, bevor ich wieder ins Büro fahre.« Sie ging auf den Zaun zu, blickte jedoch noch einmal über die Schulter zurück und schenkte Doug ein strahlendes Lächeln. »Wollen wir heute Abend nicht wirklich essen gehen? Im Old Antietam Inn ? Sieben Uhr?«
»Ich glaube nicht …«
»Angst?«
»Nein, zum Teufel, ich habe keine Angst. Es ist nur …«
»Also um sieben Uhr. Ich lade Sie ein.«
Er klimperte mit den Wagenschlüsseln in seiner Tasche und sah sie stirnrunzelnd an. »Sind Sie immer so dominant?«
»Ja«, entgegnete sie. »Immer.«
Kurz nachdem Lana wieder in ihrem Büro eingetroffen war, trat Callie ein. Sie marschierte ohne ein Wort zu verlieren an der Sekretärin im Vorzimmer vorbei und stellte sich in den Türrahmen zu Lanas Zimmer.
»Ich muss mit Ihnen sprechen.«
»Ja, gern. Lisa? Stellen Sie bitte im Moment keine Telefonate durch. Kommen Sie herein, Callie. Setzen Sie sich. Möchten Sie etwas trinken?«
»Nein, danke.« Callie zog die Tür hinter sich zu.
Das Büro war klein, hübsch und gepflegt und hatte eine eindeutig weibliche Note. Aus dem Fenster hinter dem eleganten kleinen Schreibtisch blickte man auf einen Park. Lana Campbell musste eine Menge Geld haben, um sich eine solch bevorzugte Lage leisten zu können. Außerdem besaß sie Geschmack, wie Callie an der schicken Einrichtung ihrer Kanzlei erkannte. Doch das bedeutete noch lange nicht, dass sie eine gute Anwältin war.
»Wo haben Sie studiert?«, fragte Callie.
Lana lehnte sich in ihrem Stuhl zurück. »Bis zur Zwischenprüfung an der Michigan State. Dann habe ich meinen Mann kennen gelernt und bin zur Maryland University gewechselt. Er war aus Maryland. Und dort habe ich, so wie er, Examen gemacht.«
»Warum sind Sie hierher gezogen?«
»Wird das ein persönliches oder ein dienstliches Gespräch?«
»Dienstlich.«
»Gut. Nun, früher arbeitete ich in einer Kanzlei in Baltimore. Ich bekam ein Kind, und dann starb mein Mann. Als ich wieder halbwegs klar denken konnte, beschloss ich, in eine Gegend zu ziehen, in der ich zum einen weniger Stress bei der Arbeit hätte und zum anderen mein Kind unter guten Bedingungen großziehen könnte. Ich wollte, dass Tyler in einem Haus mit Garten aufwächst, und dass seine Mutter nicht zehn Stunden am
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