Die falsche Tochter - Roman
dies seien die Augenblicke, in denen er seinen Job liebte.«
»Die leibliche Mutter habt ihr also nie kennen gelernt?«
»Nein.« Elliot schüttelte den Kopf. »Es wurden auch keine Namen ausgetauscht. Wir bekamen lediglich die medizinischen Daten und ein grundlegendes Profil. Am nächsten Tag gingen wir zu Carlyle in die Kanzlei, und dort stand eine Krankenschwester und hielt dich im Arm. Du schliefst gerade. Wir unterschrieben erst die Papiere und zahlten das Honorar, nachdem wir dich gesehen hatten.«
»Aber du warst von der ersten Sekunde an mein Kind, Callie«, warf Vivian ein. »Die Krankenschwester legte dich mir in die Arme, und ich spürte, dass du zu mir gehörtest. Du warst mein Baby, kein Ersatz, keine Kompensation. Elliot musste mir versprechen, dass er die Adoption nie wieder erwähnt und dass er nie mit jemand anders darüber reden würde. Du warst mein Kind.«
»Es schien uns einfach nicht wichtig«, sagte Elliot. »Als kleines Mädchen hättest du es sowieso nicht verstanden. Und für Vivian war es lebenswichtig, damit sie ihren Schmerz und die Enttäuschung überwinden konnte. Wir brachten unser Kind nach Hause. Nur das zählte.«
»Aber die Familie …«, setzte Callie an.
»Sie machten sich alle genauso viele Sorgen um Vivian wie ich«, erwiderte Elliot. »Und sie liebten dich vom ersten Augenblick an. Dass du adoptiert warst, verdrängten wir einfach, und als wir dann hierher zogen, war es noch leichter zu vergessen. Niemand wusste davon, warum sollten wir also darüber reden? Die Unterlagen und die Papiere bewahrte ich allerdings
auf, obwohl Vivian mich bat, sie zu vernichten. Ich hatte das Gefühl, das sei ein Fehler, und deshalb schloss ich sie einfach weg.«
»Callie!« Vivian griff nach der Hand ihrer Tochter. »Diese Frau – es ist doch gar nicht sicher, dass sie etwas damit zu tun hat. Mr Carlyle war ein angesehener Anwalt, und wir hätten auch gar nicht mit ihm zusammengearbeitet, wenn wir ihm nicht absolut vertraut hätten. Er wurde uns von meinem Gynäkologen empfohlen, und beide Männer hatten hohe ethische Standards. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie etwas mit illegalem Babyhandel zu tun hatten.«
»Siehst du nicht auch, dass es da einen Zusammenhang geben kann? Das Baby dieser Frau wurde am 12. Dezember gestohlen, und drei Tage danach ruft dein Anwalt an und sagt, dass er ein kleines Mädchen für dich hat. Ihr unterschreibt die Papiere, lasst mich untersuchen und nehmt mich mit nach Hause.«
»Du weißt doch gar nicht, ob ihr Baby wirklich gestohlen wurde«, widersprach Vivian.
»Nein, aber das lässt sich leicht nachprüfen, und das werde ich auch tun. Du weißt, dass ich gar nicht anders reagieren kann.«
»Wenn das Kind wirklich entführt wurde, kann man Tests machen lassen, um zu bestimmen … um festzustellen, ob es eine biologische Verbindung gibt«, sagte Elliot mit bebender Stimme.
»Ich weiß. Diesen Schritt werde ich auch gehen, wenn es notwendig ist.«
»Ich kann die Prozedur beschleunigen, damit du schneller Bescheid weißt.«
»Danke.«
»Was wirst du tun, wenn …« Vivian konnte den Satz nicht zu Ende sprechen.
»Ich weiß es nicht.« Callie stieß geräuschvoll den Atem aus. »Ich weiß es wirklich nicht. Eins nach dem anderen. Du bist meine Mutter, und daran wird sich nichts ändern. Dad, ich
möchte die Unterlagen mitnehmen. Ich muss jeden überprüfen, der etwas mit der Adoption zu tun hatte. Dr. Simpson, Carlyle. Hast du den Namen der Krankenschwester, die mich in die Kanzlei gebracht hat?«
»Nicht dass ich wüsste.« Elliot schüttelte den Kopf. »Aber ich kann Simpson für dich ausfindig machen. Für mich ist es einfacher als für dich, ich brauche nur ein paar Anrufe zu tätigen.«
»Sag mir Bescheid, sobald du etwas herausgefunden hast. Meine Handynummer hast du ja, und ich gebe dir auch noch die Nummer des Motels in Maryland.«
»Fährst du denn gleich wieder zurück?«, fragte Vivian. »Oh, Callie, kannst du nicht noch ein wenig hier bleiben?«
»Nein, leider nicht. Ich liebe dich und werde dich immer lieben, ganz egal, was wir herausfinden. Aber es gibt eine Frau, die unsäglich unter dem Verlust ihres Kindes leidet. Sie verdient eine Antwort.«
Doug konnte sich nicht erinnern, jemals so wütend gewesen zu sein. Er musste sich zusammenreißen, um nicht mit überhöhter Geschwindigkeit zu fahren. Mit seiner Mutter war einfach nicht zu reden – er hatte es aufgegeben. Genauso gut hätte er mit dem Kopf gegen die Wand
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