Die falsche Tochter - Roman
bin?«
»Wissen Sie, was bei den meisten Leuten das Problem ist, wenn man ihnen eine Frage stellt?«
Sie lächelte ihn über den Rand ihres Weinglases hinweg an. »Sie beantworten sie.«
»Genau. Aber da wir schon einmal hier sitzen, kann ich Sie eigentlich wirklich fragen. Warum sind Sie Anwältin geworden?«
»Ich streite gern.« In diesem Moment servierte der Kellner den ersten Gang, und Lana ergriff ihre Gabel.
»Sie streiten gerne. Ist das alles? Wollen Sie das nicht noch ein bisschen ausführen?«
»Hmm. Im Moment nicht. Und wenn Sie mir das nächste Mal eine Frage stellen, dann wahrscheinlich, weil Sie die Antwort wirklich interessiert. Was tun Sie denn gerne, abgesehen vom Lesen und der Jagd nach wertvollen Büchern?«
»Damit bin ich die meiste Zeit beschäftigt.«
»Sie reisen bestimmt gerne, nicht wahr?« Wenn sie ihm die Würmer einzeln aus der Nase ziehen musste, so würde sie das eben tun.
»Ja, es hat so seine Reize.«
»Und die wären?«
Dougs Gesicht drückte eine so deutliche Frustration aus, dass Lana unwillkürlich lachen musste. »Ich weiß, ich bin unbarmherzig. Aber Sie könnten auch einfach aufgeben und mir etwas über sich erzählen. Warten Sie … Spielen Sie ein Musikinstrument? Interessieren Sie sich für Sport? Glauben Sie, Lee Harvey Oswald hat aus eigenem Antrieb gehandelt?«
»Nein. Ja. Ich habe keine definitive Meinung dazu.«
»Ich habe Sie erwischt!« Sie zeigte mit der Gabel auf ihn. »Sie haben gelächelt.«
»Nein, habe ich nicht.«
»Oh doch. Da, jetzt tun Sie es schon wieder. Sie haben ein nettes Lächeln. Tut es weh?«
»Nur ein bisschen. Ich bin aus der Übung.«
Schmunzelnd ergriff sie ihr Weinglas. »Das können wir bestimmt in Ordnung bringen.«
Doug genoss den Abend mehr, als er erwartet hatte. Allerdings hieß das nicht viel, da er sich nur mit Lana getroffen hatte, um seinen Großvater zufrieden zu stellen. Und doch musste er sich eingestehen, dass er gerne mit ihr zusammen war. Sie ist faszinierend, dachte er, als sie das Restaurant verließen, eine intelligente, interessante Frau, die stark genug ist, um einen Schicksalsschlag hinzunehmen und sich dennoch ein erfülltes Leben aufzubauen. Er bewunderte das, weil es ihm
selber nicht annähernd so gut gelungen war. Außerdem schaute er sie gern an. Das Zusammensein mit ihr hatte ihn wenigstens für ein paar Stunden von seinen familiären Sorgen abgelenkt.
»Es war ein schöner Abend«, sagte Lana, als sie vor ihrem Auto standen und sie den Schlüssel aus ihrer kleinen Handtasche nahm. »Ich würde ihn gerne wiederholen.« Sie warf ihre dunklen Haare zurück und blickte Doug mit ihren strahlend blauen Augen an. »Das nächste Mal laden Sie mich ein«, fügte sie hinzu. Dann stellte sie sich auf die Zehenspitzen und küsste ihn.
Das hatte er nicht erwartet. Es hätte ihn nicht überrascht, wenn sie mit ihren Lippen kurz seine Wange gestreift hätte, aber dieser Kuss war eine warme, feuchte Einladung. Er war von einer verführerischen Intimität, die einen Mann in Abgründe stürzen konnte, von denen er nicht einmal etwas geahnt hatte. Ihre Finger glitten durch seine Haare, ihre Zunge tanzte leicht über seine, und ihr Körper schmiegte sich eng an seinen.
Doug schmeckte den Wein, den sie getrunken hatten, und die Schokolade, die es zum Nachtisch gegeben hatte, und atmete Lanas Duft ein. Sie seufzte leise und löste sich dann von ihm. Benommen blieb er stehen.
»Gute Nacht, Doug.«
Lana stieg in den Wagen und warf ihm noch einen langen, intensiven Blick zu, bevor sie losfuhr.
Es dauerte fast eine Minute, bis er wieder klar denken konnte. »Meine Güte, Grandpa, wo hast du mich denn da hineingeritten?«, murmelte er, als er zu seinem Auto ging.
7
Callie beschloss, das Feld sowohl horizontal als auch vertikal zu bearbeiten. Dadurch konnte das Team die Besiedlungsperioden aufdecken und die Verbindungen zwischen den ausgegrabenen Artefakten und Knochen herstellen, während sie gleichzeitig die Veränderungen von einer Periode zur anderen dokumentierten. Die horizontale Methode brauchte sie, um beweisen zu können, dass es sich um eine neolithische Siedlung handelte.
Callie musste sich eingestehen, dass sie auch Jake dazu brauchte. Nur ein erfahrener Anthropologe wie er konnte die Fundstücke unter kulturellen Gesichtspunkten identifizieren und analysieren.
Digger arbeitete bereits auf seinem Abschnitt, wobei er vorsichtig und geschickt wie ein Chirurg mit den Funden umging. Über seinem Bandana
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