Die falsche Tochter - Roman
dafür sicher nicht verdient.«
»Ich weiß auch nicht besonders viel über das, was Sie hier tun, aber ich kann Ihnen mit Sicherheit sagen, dass Sie in den nächsten Tagen hier nicht arbeiten können. Allerdings müssen Sie sich alle zu meiner Verfügung halten.«
»Wir werden hier nicht so schnell wieder fortgehen«, erwiderte Callie. »Das war es, was Dolan auch nicht verstanden hat.«
»Noch etwas –« Hewitt befeuchtete erneut seine Fingerspitze und blätterte in seinem Notizbuch. »Ich war gestern im Baumarkt in Woodsboro. Offenbar hat jemand ein paar Spraydosen mit roter Farbe gekauft, die zu der auf Ihrem Auto passt.«
»Jemand?«, wiederholte Callie.
»Ich habe gestern Abend mit Jimmy Duke gesprochen.« Hewitts
Gesicht verzog sich zu einem säuerlichen Lächeln. »Und mit seinem Freund Austin Seldon. Jimmy hat behauptet, er habe die Farbe gekauft, um das Auto seines Sohnes wieder herzurichten, aber der Wagen ist völlig verrostet und hatte vorher eine ganz andere Farbe. Es hat nicht lange gedauert, bis die beiden gestanden haben.«
»Gestanden«, wiederholte Callie.
»Jetzt kann ich sie wegen der Tat verhaften, wenn Sie das möchten. Oder ich kann dafür sorgen, dass sie die Neulackierung Ihres Wagens bezahlen und sich persönlich bei Ihnen entschuldigen.«
Callie holte tief Luft. »Wer von den beiden ist mit Ihnen zur Schule gegangen?«
Hewitts Lächeln wurde ein wenig breiter. »Austin. Und er ist zufällig mit meiner Kusine verheiratet. Aber das bedeutet nicht, dass ich ihn … dass ich beide nicht einsperren würde, wenn Sie Anzeige erstatten wollen.«
»Ich werde den Lackschaden schätzen lassen, und danach möchte ich innerhalb von vierundzwanzig Stunden einen gültigen Scheck in der Hand haben. Auf der Entschuldigung bestehe ich nicht.«
»Ich kümmere mich darum.«
»Sheriff?« Jake sprach erst weiter, als Hewitt sein Notizbuch wieder in der Tasche verstaut hatte. »Sie kennen Austin vermutlich gut genug, um zu wissen, dass er ein ziemliches Arschloch sein kann.«
»Ja, sicher.«
»Und Sie wissen – als sein Freund und als Menschenkenner –, wozu er fähig wäre und wozu nicht.«
Hewitt musterte Jake, dann glitt sein Blick zu der Stelle, wo Digger auf dem Boden saß und eine weitere geschnorrte Zigarette rauchte. »Ich werde es im Kopf behalten.«
Als der Gerichtsmediziner eintraf, zogen sich Callie und Jake an den Zaun zurück. Von dort aus konnten sie die Geschehnisse beobachten, ohne im Weg zu stehen.
»Ich war noch nie in einen Mordfall verwickelt«, sagte Callie. »Und es ist gar nicht so aufregend, wie ich es mir immer vorgestellt habe. Eigentlich ist es eher beleidigend, dass wir uns gegenseitig ein Alibi beschaffen müssen.«
»Niemand glaubt im Ernst, dass einer von uns Dolan den Schädel eingeschlagen hat.« Jake steckte die Hände in die Taschen seiner Jeans und stieß dort auf eine vergessene Tüte mit Sonnenblumenkernen. »Hewitt ist cleverer, als er aussieht.«
»Das kannst du laut sagen.«
Jake griff in die Tüte, fuhr Callie durch die Haare und präsentierte ihr dann ein paar Sonnenblumenkerne, als habe er sie dort hervorgezaubert. Sie lächelte und zeigte dabei ihre Grübchen.
»Er wird schnell herausfinden, dass Dolan tot ein viel größeres Hindernis für die Ausgrabung ist als lebendig.«
»Das glaube ich auch«, sagte Callie kauend.
»Wir werden einige Tage verlieren, und dabei ist die erste Saison sowieso schon kurz. Die ganze Stadt ist in Aufruhr, und wahrscheinlich haben wir das Gelände voller Gaffer, wenn es wieder freigegeben wird.«
In diesem Moment kam Rosie zu ihnen herüber. »Sie lassen Digger jetzt in den Wohnwagen, damit er sich umziehen kann. Der arme Kerl ist völlig fertig.«
»Es ist ein Unterschied, ob man jemand findet, der erst seit ein paar Stunden tot ist, oder ein Skelett, das schon seit tausenden von Jahren in der Erde liegt«, sagte Callie.
»Da sagst du was.« Rosie blies die Wangen auf und stieß geräuschvoll die Luft aus. »Hört mal, ich habe keine Lust, hier herumzuhängen, während die Polizei ermittelt. Heute lassen sie uns sowieso nicht mehr arbeiten. Ich dachte, ich mache mit Digger einen Ausflug. Vielleicht sehen wir uns die Schlachtfelder mal an und gehen später noch ins Kino. Wollt ihr mitkommen?«
»Ich habe noch etwas Privates zu erledigen.« Callie warf einen Blick zum Wohnwagen. »Glaubst du, du kommst allein mit ihm klar?«
»Ja. Ich lasse ihn in dem Glauben, dass er mich ins Bett bekommt. Das
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