Die Falschmünzer vom Mäuseweg
kinderleichte
Frage stellte, drehte Tarzan sich erstaunt nach dem Mitschüler um.
Jürgen, der sonst in Englisch
einer der Besten war, stotterte.
Dr. Bienert wiederholte die
Frage. Aber Jürgen schien nichts zu begreifen. Er machte ein Gesicht, als
breche er gleich in Tränen aus.
Dr. Bienert ließ die Frage von
Gaby beantworten und fragte Jürgen dann, was mit ihm los sei, ob er sich krank
fühle.
Aber Jürgen schüttelte den Kopf
und presste die Lippen aufeinander.
Da stimmte was nicht. Tarzan
nahm sich vor, ihn in der Pause zu fragen.
Die Stunde verging. Es schellte.
Die Schülermeute rannte johlend hinaus. Auch Gaby, Karl und Klößchen lechzten
nach frischer Winterluft.
Tarzan rief, er käme gleich,
wartete aber, bis alle draußen waren — mit Ausnahme von Jürgen. Der saß wie ein
Häufchen Unglück auf seinem Platz.
»He, Jürgen, was ist los? Die
Ladehemmung von vorhin kam doch nicht von ungefähr!«
»Du hast es gemerkt, ja?«
»Ich habe gemerkt, dass du ganz
schön flachliegst. Ist es wegen der Falschgeldsache? Da brauchst du dir keine
Sorgen zu machen. Ich habe dir doch gesagt, dass Kommissar Glockner mich als
offiziellen Finder bekanntgeben wird. Kein Pauker erfährt, dass du in der Stadt
warst.«
»Doch.«
»Wie?« Erstaunt hob Tarzan die
Brauen. »Von mir nicht. Von dir nicht. Von Gabys Vater nicht. Von wem denn
dann?«
»Von Konrad Krumpe. Er erpresst
mich.«
Tarzan war jetzt ganz Ohr.
»Auch Krumpe«, sagte Jürgen,
»war gestern in der Stadt. Und im GLORIA-Kino. Er hat mich gesehen. Allerdings
weiß er nicht, dass ich Hausarrest hatte.«
»Na und? Dann ist ja alles in
Butter.«
»Von wegen. Er hat zufällig
beobachtet, dass ich das Geld fand. Natürlich weiß er nicht, dass es Falschgeld
ist.«
Tarzans Miene fror ein. Im
Hinterkopf formte sich nebelhaft ein Gedanke. Aber bevor der Gestalt annahm,
redete Jürgen weiter.
»Gestern hat er nichts gesagt.
Hat mich nicht angesprochen und sich auch sonst nichts anmerken lassen. Aber
vor der Englischstunde kam er zu mir.«
»Und?«
»Du glaubst nicht, wie
raffiniert der vorgeht. Die 9a hatte in der dritten Stunde frei. Krumpe hat das
genutzt und ist zu der Telefonzelle an der Bushaltestelle gelaufen. Von dort
hat er das Sekretariat angerufen. Hat die Stimme verstellt und sich als ein
Herr Schulze aus der Stadt ausgegeben. Hat behauptet, er hätte gestern vor dem
GLORIA-Kino ein Geldbündel verloren. Aber er hätte es bemerkt, wäre umgekehrt
und hätte gerade noch gesehen, dass es von einem etwa 13-jährigen Jungen
aufgehoben wurde. Dann freilich hätte sich der Junge — also ich — aus dem Staub
gemacht. Doch von einem Passanten wäre ihm, Schulze, gesagt worden, dass der
Junge ins Internat gehöre. Darüber wäre Schulze sehr froh gewesen, denn dass
ein Internatsschüler das Geld nicht behält, sondern sofort als ehrlicher Finder
abgibt, wäre wohl selbstverständlich — dächte er. Deshalb wollte er jetzt
nachfragen.«
»Mich laust der Affe!«, knurrte
Tarzan.
»Es geht noch weiter. Fräulein
Meerbott aus dem Sekretariat wusste natürlich rein gar nichts. Auch sonst
wusste niemand was. Die Meerbott antwortete diesem Schulze, alias Krumpe, das
müsse ein Irrtum sein. Denn hier gäbe es nur ehrliche Schüler und so. Krumpe
hat sich ins Fäustchen gelacht und mich heute ganz höhnisch gefragt, ob ich
schon auf dem Städtischen Fundbüro war, um das Geld abzugeben. Andernfalls
stünde wohl fest, dass ich das Geld behalten wolle. Dann wäre er aber mit 50
Prozent dabei. Sonst würde er dem Direktor ein Licht aufstecken, was für ein
überaus ehrlicher Schüler ich bin.«
Tarzan griff in die Luft — wie
nach einem unsichtbaren Gegner.
»Stell dir vor, Tarzan, er
macht’s. Dann fliege ich — trotz deiner Hilfe — flach auf die Schnauze.«
»Abwarten!«
Tarzan stand auf.
»Was willst du machen?«
»Mit Krumpe reden.«
»Da kannst du dir den Mund
fusselig reden. Das ist ein ganz sturer Hund.«
»Abwarten!«
»Ich glaube nicht, dass der
sich einschüchtern lässt.«
»Auf die Gefahr hin, dass ich
mich wiederhole«, Tarzan war bereits an der Tür: »Abwarten!«
Auf dem Pausenhof sah er sich
vergeblich nach Krumpe um.
Als er seine Freunde, die mit
anderen Schülern zusammenstanden, fragte, wussten die auch nichts.
Aber dann sah er ihn —
zufällig.
Krumpe kam gerade aus dem
Schülerklo und schnippte ein abgebranntes Streichholz in den Schnee.
Klarer Fall. Krumpe hatte auf
dem Klo geraucht — wie etliche andere
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