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Die Familie Willy Brandt (German Edition)

Die Familie Willy Brandt (German Edition)

Titel: Die Familie Willy Brandt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Körner
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nährte seit jenem Morgen einen vorwurfsvollen, vergiftenden Groll gegen seine Frau. Sie sei, sagte er später, neben Herbert Wehner an seinem Rücktritt schuld.
    Matthias Brandt erinnert sich an den Augenblick nach dem Augenblick: »Ich wurde von einem der Au-pair-Mädchen zu meiner Mutter gerufen. Mein Vater muss kurz davor bei ihr gewesen sein, um ihr seinen Rücktritt anzukündigen. Sie lag noch im Bett und weinte und erzählte mir, war vorgefallen war. Sie war sehr getroffen von dem Vorgang, so viel zum Thema ›mangelnde Anteilnahme‹ oder ›sie hätte ihm in diesem Moment nicht die nötige Unterstützung gewährt‹. Dafür lege ich meine Hand ins Feuer: Der Rücktritt meines Vaters war für meine Mutter eine absolute Tragödie! Für sie bedeutete es das Scheitern einer guten und richtigen Sache, sagen wir es mal so. Da gibt es überhaupt kein Vertun! Jenseits aller privaten Verletzungen. Aber das Private überwog in diesem Moment nicht. Sie war ernsthaft traurig und empfand das als Unglück, und zwar nicht als privates. Ich konnte mit dieser Nachricht erst mal nicht so viel anfangen, weil ich nicht wusste, was ich mir unter einem Rücktritt vorzustellen hatte, weil mein Vater, solange ich auf der Welt war, noch nie zurückgetreten war. Das ging eigentlich immer nur eine Stufe weiter hoch. Ich habe aber sofort, wie man als Kind so ist, nachgedacht, was hat das für praktische Konsequenzen? Ziehen wir womöglich vom Venusberg in die Stadt, was total doof gewesen wäre, weil ich dann ja nicht mehr in der Nähe meines besten Freundes gelebt hätte. Solche Sachen gingen mir durch den Kopf.«
    Nachts zieht ein von den Jusos organisierter Fackelzug an dem Haus des Kanzlers vorbei, ein letzter solidarischer Gruß. Einige hundert Menschen versammeln sich, um ihre Trauer und Bestürzung kundzugeben. Nicht wenige weinen.
    Am Abend des nächsten Tages sitzt der Junge allein vor dem Fernseher, als plötzlich der Vater unvermutet hereinkommt. Er hat seinen Sohn seit einigen Tagen nicht gesehen. Er versucht sich an einer Erklärung. »Deine Mutter hat dir sicher schon erklärt …« Die Nachrichten beginnen. Der Rücktritt des Bundeskanzlers steht an erster Stelle. Brandt verstummt. Das Bild des Spions Guillaume wird eingeblendet. Der Vater beginnt nun wie ein Wahnsinniger zu lachen, es schüttelt den massigen Mann, dann geht er lachend und ohne ein weiteres Wort zu sagen ab, wird von dem Haus verschluckt, und dem Sohn ist unheimlich zumute.

Eine Schlagzeile, die viele Menschen betroffen machte: »Kanzler Brandt zurückgetreten!«
[picture alliance/Hartmut Reeh]
    Die Umzugshelfer werden informiert und nehmen ihre Arbeit auf.
    Die Brandts reisen nach Norwegen, Flucht vor den Schlagzeilen, dem Schmutz.
    Matthias langweilt sich in der Einöde, übt Englisch mit dem niedergeschlagenen Vater und spielt mit den Sicherheitsbeamten Fußball.
    Helmut Schmidt wird am 16. Mai 1974 zum fünften Bundeskanzler der Bundesrepublik gewählt.
    Zuletzt, schreibt Lars Brandt in »Andenken«, zuletzt, als das Haus leer und verlassen lag, als die Möbelwagen ihre Beute abtransportiert hatten, als die Truppen abgezogen waren und das Wächterhäuschen ohne Menschenseele in die Ferne glotzte, als alles Geschichte geworden war und die Bewohner des Hauses sich eine neue Bleibe gesucht hatten, lagen da noch ein paar gewaltige Elefantenstoßzähne auf dem Asphalt, so als ob das Haus die unverdaulichen Reste eines opulenten Mahles ausgespien hätte. Die Bewohner des Hauses waren mit dem Leben davongekommen. Das Haus hingegen, so viel war klar, würde nie wieder solche Bewohner erleben.

»Meine fünf liebsten Nationalspieler?«
    Matthias Brandt zieht die Fußballschuhe an, schnürt sie fest zu, macht eine doppelte Schleife. Er spielt ohne Schienbeinschoner, aber die Stutzen sind ordentlich hochgezogen. Das Trikot steckt vorbildlich in der Hose. Das hat der Trainer noch mal kontrolliert. Dann geht’s hinaus auf den Platz, wo der schwarze Mann steht und im Regen Rumpfbeugen macht.
»Meine fünf liebsten …?

..........

Günter Netzer – trotz einer durchwachsenen Nationalmannschaftskarriere, dann lange, lange nichts …
.................

Franz Beckenbauer .......
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Gerd Müller! Ich habe viele Jahre die These vertreten, dass Gerd Müller der beste Fußballspieler aller Zeiten war, weil er besser als jeder andere verstanden hat, worum es bei diesem Spiel geht .......
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Jetzt bloß keinen Fehler machen! Ich

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