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Die Farbe der Liebe

Die Farbe der Liebe

Titel: Die Farbe der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vina Jackson
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in diesem Augenblick wahrscheinlich beim Autoscooter, einige Minuten bevor es zu regnen begann und sie Zuflucht in der Geisterbahn suchten. Nur eine Stunde später hatte Andrei seine Lippen auf ihre gelegt und ihr Leben für immer verändert – und hier vögelte er mit einer anderen Frau, die er höchstwahrscheinlich noch nie zuvor gesehen hatte. Bloß ein Test, wie sie von Tristan wusste, aber es wirkte nicht wie eine lästige Pflichtübung. Andreis Gesicht verriet deutlich seine Lust. Wusste er in diesem Augenblick bereits, wer Aurelia war, oder arbeitete er sich einfach durch sämtliche Mädchen auf dem Jahrmarkt?
    Aurelia schluckte, trotzdem konnte sie ihren Blick nicht abwenden. Gebannt verfolgte sie, wie die Körper aufeinanderklatschten, wie ihre Münder sich zu Schreien der Ekstase öffneten, wie sein muskulöser Körper mit ihrem weichen Fleisch verschmolz.
    Tristan hielt den Film an, spielte einen anderen ab, und dann noch einen und noch einen. Immer wieder Andrei in seiner Rolle als Statthalter beim Liebesakt mit Frauen jeder Art: jungen, alten, muskulösen, weichen, zarten, stämmigen, schönen, hässlichen. Nach einer Weile achtete Aurelia nicht mehr auf ihr Aussehen, sondern nur noch auf die Lust und das Begehren in ihren Gesichtern und in seinem. Sie hatte diesen Ausdruck bei ihm schon oft gesehen – seine sich kräuselnden Lippen und die zusammengekniffenen Augenbrauen –, all die Male, wenn er zu ihr ins Bett gekommen war und mit der Heftigkeit eines Mannes, der sein Besitzrecht über ihren Körper geltend machte, in sie eindrang. Nicht immer hatte sie es geschafft, der Anweisung des Netzwerks entsprechend die Augen geschlossen zu halten und sich einen Blick auf den Mann gegönnt, den sie liebte und der sie nahm.
    »Genug«, erklärte sie schließlich. »Ich habe genug gesehen.« Überrascht stellte Aurelia fest, wie ruhig und kühl sie das sagte.
    Tristan schaltete den Projektor aus, verstaute die Filmspulen sorgfältig in ihren Dosen, stellte sie ordentlich an ihren Platz im Regal zurück und führte Aurelia durch das Labyrinth der Korridore zurück zum Aufzug. Sie sprachen kein Wort. Kaum waren sie oben angekommen, stürzte Aurelia in den Garten, wo sie erleichtert Luft holte. Endlich nicht mehr eingesperrt! Sie ließ das tiefe Gefühl des Friedens in sich ein, das sie immer fand, wenn sie von den klaren Linien der sorgfältig gestutzten Hecken umgeben war, wenn die Blätter sanft rauschten und das Wasser leise über die Steine plätscherte.
    Als Tristan sie ansprach, hatte sie ihn schon halb vergessen.
    »Also?«, fragte er. »Wirst du es tun? Was ich dir vorgeschlagen habe? Und dich zwischen uns entscheiden?«
    »Ja«, antwortete Aurelia. »Ich werde mich entscheiden.«
    Sie wandte sich von ihm ab und schritt zu ihrem gläsernen Schlafzimmer in der Pagode, ohne noch einmal zurückzublicken.
    P. J. erwartete sie dort mit einem gesüßten Rosenblütentee in einer blassrosa Teetasse und mit einem Teller Mangoscheiben, die mit ein paar Spritzern Limette beträufelt und mit einer der purpurnen Blüten aus dem Garten dekoriert waren. P. J. war ihr so treu ergeben, dass er ein geradezu unheimliches, fast hellseherisches Gespür für ihre Wünsche und Gelüste entwickelt hatte. Gelegentlich kam es vor, dass sie selbst noch nicht richtig bemerkt hatte, dass sie in der Stimmung für etwas war, und P. J. es ihr schon reichte.
    Doch heute gab sie ihm nicht die üblichen Anweisungen.
    »Sei so gut und hole Madame Denoux, P. J.«, bat sie ihn.
    Er eilte davon und kam schon nach kurzer Zeit in Begleitung der dunkelhaarigen Frau zurück, die den größten Teil ihrer Ausbildung beaufsichtigt hatte.
    »Du hast nach mir gerufen, Aurelia? Das ist höchst ungewöhnlich.« Madame Denoux strich sich sorgfältig die Falten ihres bodenlangen Samtkleids glatt. Es war von der gleichen Farbe wie der Rosenblütentee, den P. J. für sie zubereitet hatte. Alle Kleider von Madame Denoux hatten den gleichen Schnitt, aber noch nie hatte Aurelia einen Farbton zweimal an ihr gesehen. Offenbar besaß sie so viele bunte Samtkleider wie Aurelia Slips. »Ich muss gestehen, du machst mich neugierig«, fügte Madame Denoux hinzu.
    Als Aurelia die Situation geschildert und ihren Vorschlag unterbreitet hatte, spielte ein Lächeln um ihre Lippen – ein kleiner Hinweis auf Verwunderung in ihrem ansonsten so gleichmütigen Gesicht.
    Es schien Aurelia eine Ewigkeit, bis Madame Denoux zu ihrer Antwort ansetzte.
    »Es ist eine alte

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