Die Farbe der Liebe
Marquis. Sie erkannte ihn, weil sie sein Porträt auf verschiedenen, von ihm teilweise im Gefängnis geschriebenen Büchern gesehen hatte. Sie hatte sie auf Anordnung der Hausdame lesen müssen, um ihre Ausbildung als Liebesdienerin zu vervollständigen. Seine Texte hatten sie fasziniert und zugleich abgestoßen, ihr vor allem aber gründlich die Ruhe geraubt.
Er trug das grellbunte Kostüm eines italienischen Pulcinell, das seinen rundlichen Leib viel zu eng umschloss.
»Es ist soweit«, flüsterte er.
Oriole erhob sich. Als sie sah, dass seine Blicke über ihren, von dem durchsichtigen Gewand kaum verhüllten, nackten Körper glitten, wurde sie rot.
Er bot ihr die Hand, um sie zu geleiten. Sie aber schlug sie aus. Lieber wollte sie ihm folgen. Sie verließen die Galerie durch eine Tür, dann gingen sie über eine Wendeltreppe nach unten, wo auf ihrem Weg die brennenden Fackeln wie Elmsfeuer zuckten. Schließlich kam sie in ein ovales Vestibül, in dem der Marquis Oriole zurückließ.
»Warte hier!«
Sie blieb schweigend stehen. Innerlich bebte sie. Nur zu gern hätte sie weiter dem Klang des Cellos gelauscht, doch die dicke Steinmauer, die sie von der großen Halle trennte, schluckte jedes Geräusch.
Schließlich öffnete sich langsam vor ihr die Tür und gab den Blick auf die Frau in Schwarz frei, die vor dem Mann kniete und ihm mit beharrlicher Leidenschaft den Schwanz lutschte.
Nach einem Stups in den Rücken setzte sich Oriole in Bewegung.
Als sie in die Halle trat, zog man ihr das durchsichtige Seidengewand vom Körper. Nackt bis auf die weichen Pantoffeln und den Schmuck, der ihre intimen Körperstellen aufreizend schmückte, schritt sie voran.
Sie konnte nicht anders, gebannt sah sie nach vorn. Dabei dachte sie an ihre Ausbildung in den letzten Monaten, an all die Unterweisungen über die Hintergründe des Rituals und an den Moment, als man ihr ihre Bestimmung offenbart hatte und sie zwischen freudiger Erwartung und Furcht hin- und hergerissen gewesen war.
»Jetzt!«, flüsterte jemand hinter ihr. Hunderte nahmen das Wort auf, sodass es wie von einem durcheinandergeratenen Chor durch den Raum hallte: »Jetzt!«
Als Oriole das Paar erreicht hatte, trat die Frau in Schwarz beiseite. Der Schwanz des Mannes ragte feucht von ihrem Speichel in die Höhe. Von Nahem war er schön und stolz, dunkel und von Adern durchzogen, kräftig, gefährlich und verlockend. Doch bei dieser Gelegenheit würde sie ihn nicht lecken, das wusste Oriole.
Vier der Männer, die sie zuvor bei dem rituellen Tanz beobachtet hatte, traten von hinten an sie heran. Die Maîtresse hatte sich zurückgezogen, sodass sie nur noch den Maître in seiner ganzen Pracht vor sich sah.
Alle vier Tänzer griffen gleichzeitig zu, an ihren Schultern und an ihren Waden, und hoben Oriole in die Höhe. Dann spreizte man ihre Beine. Heiße Glut schoss ihr ins Gesicht, als ihr bewusst wurde, wie nass sie war.
Der Maître machte sich bereit, und die Tänzer senkten Oriole auf ihn herab.
Kaum war er in sie eingedrungen, kam es ihr vor, als wäre er bereits ein Teil von ihr. Und jeder Muskel in ihrem Körper wollte nichts anderes, als ihn umschließen. Sie war ausgefüllt, und es war ein ganz anderes Gefühl, als sie erwartet hatte – es war Eroberung und Hingabe zugleich. Oriole schloss die Augen und ließ sich von ihren Empfindungen davontragen.
Die Tänzer ließen sie los, und sie spürte die Hände des Maîtres, die ihren Hintern umfassten, während er sich mit regelmäßigen, unerbittlichen Stößen in ihr bewegte. Sie fieberte jedem entgegen.
Die wehmütigen Klänge des Cellos wurden nun von den durchdringenden Geigen abgelöst. Und das Quartett steigerte das Tempo und die Lautstärke der Musik parallel zu den Stößen des Maîtres, bis sie zu einem schrillen Crescendo anschwoll.
Sie hätte nicht sagen können, wie lange es dauerte, doch irgendwann stieg in ihrem Innern ein Laut auf. Er drängte nach oben. Und unfähig, ihre benommenen Sinne zu beherrschen, schrie sie.
Ein Schrei der Lust.
Mit seinem Schwanz in ihrer Möse war sie mit dem Maître verbunden, ohne dass seine Hände sie noch stützten. Sie wollte ohnmächtig werden, als ihr Orgasmus sie mit sich fortriss, doch stattdessen blickte sie ihm ins Gesicht. Das Tuch war verschwunden, und sie sah zum ersten Mal seine Züge. Sie waren anziehend, wild und zärtlich.
Als er sich später von ihr löste, sagte er: »Es ist vollbracht, Oriole. Du bist die neue Maîtresse. Aber zuerst
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