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Die Farbe der See (German Edition)

Die Farbe der See (German Edition)

Titel: Die Farbe der See (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan von der Bank
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Gegenübers, sondern weil Olav von Norwegen eine echte Berühmtheit im Segelsport war, ein international gefeiertes Regatta-Ass, nicht zuletzt wegen seiner Goldmedaille bei den Olympischen Spielen in Amsterdam. Wo er, so schoss es Ole durch den Kopf, mit der Yacht an den Start gegangen war, deren Name Ole in gewisser Weise vor zwei Nächten das Leben gerettet hatte.
    Sofort nachdem Lina an Bord gekommen war, setzte Lundegård die Motoryacht zurück, wendete und nahm Kurs auf das U-Boot.
    Der Kronprinz ging zu den beiden älteren Herren in die kleine Kabine hinunter. Askildsen trat zu Ole und Lina.
    »Ich dachte, der Kronprinz ist bereits im Juni geflohen?«, fragte Lina noch immer verwundert.
    Askildsen lächelte sanft.
    »Das sollte allgemein auch geglaubt werden. Aber bisher ist nur sein Vater in England. Seine Königliche Hoheit, der Kronprinz, hat sich in den Bergen versteckt gehalten, um von dort aus den Widerstand zu organisieren. Die beiden anderen Herren sind Minister der Exilregierung, die vom Stortinget bestimmt worden ist. Das ist unsere Parlamentsversammlung«, fügte er für Ole erklärend hinzu.
    Dann verstummte Askildsen und blickte nach vorn.
    Die Motoryacht umrundete soeben das westliche Kap der Insel, und in einiger Entfernung kam die dunkle, matt glänzende Silhouette des U-Bootes in Sicht. Durch den Regen und die Schwärze der Nacht hindurch war sie vor dem Hintergrund des offenen Meeres kaum zu erkennen, bis die nächste Wiederkehr des Leuchtfeuers sie deutlicher hervorhob.
    Eine Identifikationsnummer oder sonstige Kennzeichnung hatte das englische Unterseeboot nicht, bis auf das White Ensign, die englische Seekriegsflagge, deren helles Tuch deutlich sichtbar von der achteren Plattform des Turmes auswehte. Ansonsten sah es auch nicht sehr viel anders aus als die deutschen U-Boote, die Ole in Kiel und Eckernförde gesehen hatte.
    Plötzlich begriff Ole, dass in wenigen Minuten alles vorbei sein würde. Es war ein Gefühl, als ob eine immense Last von seinen Schultern genommen würde und er zum ersten Mal seit Tagen wieder unbeschwert atmen konnte.
    Er griff nach Linas Hand. In ihrem Blick lag die gleiche Erleichterung. Und noch etwas anderes: Stolz.
    Hülsmeyers Pläne waren schon so gut wie verloren gewesen; sie hatten sie wiedergefunden. Sie waren in einen Hinterhalt gelockt und gefangen worden; sie hatten sich befreit und waren geflohen. Sie waren verfolgt und angegriffen worden; und abermals entkommen. Jetzt stand die Schatulle mit den Plänen, die den Kriegsverlauf beeinflussen würden, hier zwischen Oles Füßen und würde in wenigen Augenblicken in sicheren Händen sein.
    Sie hatten es tatsächlich geschafft!
    Als sie noch etwa fünfzig Meter von dem U-Boot entfernt waren, wurde oben am Turm eine Beleuchtung eingeschaltet, die das schmale Vorschiff in ein trübes gelbes Arbeitslicht tauchte. In ihrem Schein sahen sie mehrere Männer auf dem Laufdeck. Einer von ihnen, das war deutlich zu erkennen, trug eine Offiziersuniform der Royal Navy. Wahrscheinlich der Kommandant, dachte Ole, der sich zu Ehren seines königlichen Passagiers in die »erste Geige« geworfen hatte. Die übrigen vier Männer waren in dunkles Ölzeug gepackt. Zwei weitere standen oben im Turm.
    »Mine herrer, de blir klar!«, rief Lundegard in die Kabine hinunter und nahm die Fahrt aus der Yacht.
    Der Kronprinz und die beiden Minister kamen ins Cockpit hinauf und blickten zu dem U-Boot hinüber, das sie in Sicherheit bringen sollte. In ihren Gesichtern waren Anspannung und Erleichterung gleichermaßen zu lesen.
    »Ahoy there!«, rief der englische Offizier herüber. »Bring yourself alongside here!«
    Er zeigte mit dem Arm zu einer Stelle, die zum Anlegen geeignet war, und Lundegård stoppte das Motorboot dort auf. Askildsen war auf die Back geklettert und warf einem der U-Boot-Männer die Vorleine zu. Ole tat das Gleiche mit der Achterleine.
    Da das Unterseeboot durch seine seitlichen Auftriebskörper in der Wasserlinie breiter war als auf Deckshöhe, blieb zwischen ihm und der Motoryacht ein etwa eineinhalb Meter breiter Spalt, der mit einer Gangway überbrückt werden musste.
    »Get the plank, number two!«, rief der U-Boot-Kommandant zum Turm hinauf.
    Vermutlich meinte er damit den Zweiten Offizier.
    Nun trat Olav von Norwegen ans Schanzkleid der Motoryacht.
    »Awfully nice to see you, Commander!«, sagte er in bestem Upper-Class-Tonfall eines in England geborenen und erzogenen Aristokraten. »And very brave of you,

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