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Die Farbe der See (German Edition)

Die Farbe der See (German Edition)

Titel: Die Farbe der See (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan von der Bank
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überhängenden Bug und Heck und dem betonten Deckssprung überraschend leicht und elegant. Das breite, weitläufige Teakdeck und die Anordnung der chromblitzenden Beschläge machten einen aufgeräumten Eindruck, und das wenige, das an Luken, Oberlichtern und Aufbauten darauf verteilt war, erglänzte in makellos lackiertem Mahagoni. Der mächtige Großmast mochte an die 90 Fuß hoch sein und war, ebenso wie der kleinere Besan, schneidig nach achtern gepfeilt. Ein Schiff, das von seiner gesamten Konstruktion her nur einem einzigen Zweck verpflichtet war: dem Sieg bei Segelregatten.
    Langsam schlenderte Ole nach achtern, um sich das Cockpit und die »Hütte« näher anzusehen, wie der kurze, etwas erhöhte Kajütaufbau direkt vor dem Steuerstand genannt wurde.
    Ole stutzte. Aus dem Niedergang schob sich genau in diesem Moment ein wohlbekannter stiernackiger Glatzkopf. Ole hätte mit allem gerechnet, aber nicht damit.
    »Meister Rausch?«, rief er aus und strahlte von einem Ohr zum anderen.
    Der Segelmacher fuhr herum, auch er über alle Maßen erfreut.
    »Ole! Das ist ja ein Ding! Was machst du denn hier? Mensch, komm an Bord!«
    Das ließ sich Ole nicht zweimal sagen. Der kräftige Griff, mit dem Rausch ihm von der Pier auf das Deck der Segelyacht hinüberhalf, artete in ein ausgiebiges herzliches Händeschütteln aus.
    »Erzähl! Wie ist es dir ergangen? Auf welchem schönen Schiff lässt dich der Führer über die Meere schippern?«, fragte Rausch, als er Ole ins Cockpit zog.
    »Auf der Schleswig-Holstein. Da!«, seufzte Ole und nickte zu dem unansehnlichen grauen Klotz hinüber. »Morgen früh laufen wir aus.«
    »Oh …«, machte Rausch. »Das ist ja weniger schön.«
    Er ließ offen, ob er damit Oles baldigen Fronteinsatz meinte oder das Schiff an sich, das auch er mit sichtlichem Missfallen betrachtete.
    Erst jetzt fiel Ole auf, dass Rausch ebenfalls Uniform trug. Die Abzeichen auf den Schulterklappen wiesen ihm den Dienstgrad eines Oberbootsmanns zu.
    »Und Sie?«, fragte Ole. »Was machen Sie hier?«
    »Seemännische Ausbildung von Offiziersanwärtern.«
    »Aber die Werkstatt …?«
    »Ach, die Zeiten sind nicht allzu rosig für alles, was mit Segeln zu tun hat«, antwortete Rausch gedehnt. »Und bevor sie mich einziehen und weiß der Geier wohin stecken, dachte ich, heuer ich lieber noch mal freiwillig an. Als Decksmeister in der Segelcrew von unserem guten Herrn Konteradmiral.«
    »Von Wellersdorff?«, fragte Ole. »Ist der etwa auch hier?«
    »Das will ich meinen! Der skippert die Yacht. Oder glaubst du, der überlässt irgendjemand anderem den Spaß, mit dem schönsten Schiff der ganzen verdammten Reichskriegsmarine über die Ostsee zu segeln?«
    Liebevoll tätschelte er den Kajütaufbau der Skagerrak. Aber dann verflog das sonnige Lächeln aus seinem Gesicht. Er sah sich vorsichtshalber um, ob sie allein waren, dann fuhr er mit gesenkter Stimme fort:
    »Wer wollte es ihm auch verdenken? Es gibt Gerüchte, dass er sich nicht mehr lange als Chef der Offiziersschule wird halten können. Differenzen mit dem Großadmiral und ein paar hohen Tieren aus der Partei. Du verstehst.«
    Ole nickte verständnisvoll, obwohl ihm nur zum Teil klar war, was Rauschs Andeutungen besagen sollten.
    »Und dann rat mal, wer außerdem noch zur Crew gehört?«
    Ole konnte nur die Achseln zucken.
    »Unser Herr Starbootweltmeister!«
    »Pimm? Pimm van Hütschler?«, fragte Ole zutiefst erstaunt.
    »Quatsch. Dein Freund, der Schnösel … Korfmann! Sein Vater meinte wohl, dass er noch ’ne handfeste Offiziersausbildung abhaben soll, bevor er ihn nach Berlin holt, um Karriere zu machen.«
    Ole runzelte die Stirn. Natürlich freute es ihn zu hören, dass Richard Korfmann es einmal mehr so gut getroffen hatte. Aber irgendwie hatte er auch gewisse Schwierigkeiten, sich den selbstbewussten, um nicht zu sagen selbstgefälligen Richard als gehorsam Befehle ausführenden Offiziersschüler vorzustellen.
    »Ist er an Bord?«, fragte er. »Richard meine ich?«
    »Nee, die sind natürlich alle auf Landgang. Apropos!
    Komm, ich zeig dir das Schiff!«, sagte Rausch aufmunternd und verschwand unter dem Schiebeluk.
    Ole folgte ihm bereitwillig in das kleine Deckshaus, das fast zu einem Drittel von einem großen Kartentisch eingenommen wurde. Von dort ging es weiter einen geschwungenen, steilen Niedergang hinab unter Deck.
    »In der Achterkammer logiert natürlich der Konteradmiral«, sagte Rausch und deutete auf eine Tür, die halb offen

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