Die Farbe der See (German Edition)
trugen erheblich zu Oles steigender Zuversicht bei. Sie drehten sich um ihre gemeinsame Zeit in der Jugendgruppe des Yachtclubs, um Mädchen und wichtige Leute, die dort ein und aus gegangen waren. Und natürlich ums Segeln, das einzige Thema, bei dem Ole einigermaßen mit Richard mithalten konnte. Zwar ließ Oles Freund vor den übrigen Kadetten keinen Zweifel daran, wer von ihnen beiden aus seiner Sicht der bessere Segler war. Fast hätte man glauben können, dass es Richard gewesen war und nicht der geniale Pimm von Hütschler, der ihr Starboot zum erneuten Weltmeistertitel gesteuert hatte.
Immerhin würdigte Korfmann Ole als »passablen« Vorschoter. Auch wenn Ole diese Unterscheidung ein wenig gegen den Strich ging, immerhin hatten sie während der Regatta gleichauf gelegen, so war er Richard dennoch von Herzen dankbar, dass er ihn im Kreise seiner Kameraden wie einen Freund behandelte und ihm damit half, den verunglückten Einstand zu korrigieren, den sich Ole mit seinen Kochkünsten bei den Kadetten geleistet hatte.
Das Einzige, was Oles Stimmung nach wie vor ein wenig trübte, war das Gesicht von Meister Rausch, wenn er zu ihm herübersah. Er war mürrisch und wortkarg, und offenbar schien ihm seine neue Aufgabe in der Kombüse doch nicht so einfach von der Hand zu gehen, wie er Strasser hatte glauben lassen.
Ole rätselte noch immer, was den Segelmacher geritten hatte, für ihn als Koch einzuspringen.
Und dann war da natürlich noch der Kaleu. Der böse Geist an Bord dieses Schiffes.
Zwar hatte Ole nach Kräften versucht, ihm aus dem Weg zu gehen. Aber die finsteren Blicke, mit denen Strasser ihn auf Schritt und Tritt verfolgte, spürte er so deutlich wie die Gischt auf der Haut.
Erst vorhin hatte er Ole beim Einstecken eines Reffs ins Großsegel vor allen anderen Crewmitgliedern angeblafft. Dass Ole offensichtlich keine Ahnung vom Umgang mit Segeln habe, hatte er geschimpft, weil er die Reffbändsel am Groß viel zu stramm angezogen habe.
Und jetzt, keine zwanzig Minuten später, machte er Ole lautstark dafür verantwortlich, dass die mangelhaft verzurrte Reffbahn des Großsegels permanent im Wind flappte und gegen den Baum schlug.
Idiot, dachte Ole. Der Konteradmiral hat absolut recht, wenn er meint, dass du nicht segeln kannst!
Wortlos stand Ole auf, um das Segel festzuzurren. So fest, wie er es eigentlich schon vorhin getan hatte.
»Hohmeier! Sie helfen ihm! Korfmann, sie auch!«, rief der Kaleu Richard und einem weiteren Kadetten zu, der etwas weiter vorne auf der Kante saß. »Damit er’s diesmal endlich richtig macht!«
Die beiden sprangen sofort auf und gingen Ole zur Hand.
Hohmeier war ein fröhlicher, untersetzter Bursche mit rötlich blondem Haar, einer Unzahl an Sommersprossen und einem breiten rheinländischen Akzent. Er war ungefähr in Oles Alter oder knapp darüber und teilte sich mit Richard unter Deck eine der Schlafkammern. Offensichtlich der Benutzer des Spindes mit seinem chaotischen Inhalt.
»Donnerwetter! Der hat ja regelrecht einen Narren an dir gefressen«, staunte Hohmeier, als sie gemeinsam die flatternde Segelbahn auf den Großbaum zogen. »Was hast du dem bloß getan?«
Ole zuckte nur die Achseln. Was sollte er auch sagen?
»Was wohl? Er hat für ihn gekocht. Das trägt er ihm immer noch nach!«, warf Korfmann trocken ein und setzte einen halben Schlag auf den Reffbändsel, den Ole gerade stramm gezogen hatte.
»Richard will damit sagen, dass wir und die anderen Jungens eigentlich ganz froh sind, dass du nichts mehr mit der Kombüse zu tun hast!«, erklärte Hohmeier grinsend. »Ich bin übrigens der Karl.«
Er streckte Ole unter dem Segel die Hand hin. Ole schlug ein.
»He! Das ist kein Kaffeekränzchen!«, bellte Kaleu Strasser in diesem Augenblick aus dem Cockpit. »Storm, halten Sie mit Ihrem gottverdammten Geschwätz meine Kadetten nicht von der Arbeit ab, klar?«
Karl drehte den Rücken zum Cockpit und schnitt eine Grimasse, die ziemlich gekonnt Strassers Gesichtsausdruck imitierte. Ole senkte hastig den Kopf, damit der Kaleu sein breites Grinsen nicht sehen konnte.
Am frühen Abend passierte die Skagerrak die Insel Fænø und kreuzte gegen einen starken Gegenstrom das enge, gewundene Fahrwasser von Middelfart hinauf. Der Wind hier im Sund war böig und die Schläge waren kurz und kräftezehrend.
»Klarmachen zur Wende!«, rief der Konteradmiral, der das Ruder übernommen hatte, und mit eiligem Getrappel wurden Schoten und Winschen bemannt.
»Ist
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