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Die Farbe der See (German Edition)

Die Farbe der See (German Edition)

Titel: Die Farbe der See (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan von der Bank
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verrückt«, sagte sie nachdenklich. »Aber ich denke, wir sollten zurück und nachsehen.«
    »Zurück nach Marstrand?«, rief Sigur hellauf entsetzt. »Bist du von allen guten Geistern verlassen?«
    »Natürlich nicht mit diesem Schiff. Wir werden den Landweg nehmen.«
    »Begreifst du denn nicht? Das ist doch genau das, was er will!«
    Wütend fuchtelte er mit der Hand in Oles Richtung. »Er will uns nur deswegen dahin zurücklotsen, damit er uns an seine Leute ausliefern kann!«
    Jetzt platzte auch Ole langsam der Kragen. Es ging um die Pläne. Darum, ob Tausende unschuldiger Menschen starben. Er brauchte nicht viele Worte, um seinem Unmut Luft zu verschaffen.
    »Du bist bloß zu feige! Das ist es!«
    Es dauerte zwei Sekunden, die Sigur brauchte, um Oles Spruch zu verarbeiten. Dann flog seine Faust durch die Luft.
    Ole hatte den Schlag kommen sehen und konnte gerade noch nach hinten ausweichen. Zum Glück war das Steuerrad zwischen ihnen. Und als Sigur dieses Hindernis umgehen wollte, stand bereits Lina zwischen ihnen.
    »Hört sofort auf, ihr Idioten!«, rief sie wütend und hielt sie beide mit ausgestreckten Armen auseinander. »Ihr benehmt euch wie die Schuljungen! Jetzt reißt euch gefälligst zusammen!«
    Wütend starrte Sigur Ole aus seinen eng stehenden Augen an, aber er machte keinen weiteren Versuch, ihn anzugreifen.
    »Ole, geh zurück ans Steuer!«, befahl Lina. »Damit wir nicht noch eine Tonne überfahren!«
    Dann wandte sie sich Sigur zu und zog ihn am Ärmel mit sich auf das Seitendeck. In scharfen schwedischen Sätzen begann sie auf ihn einzureden. Zunächst hielt Sigur wütend dagegen, doch je länger sie mit ihm diskutierte, desto stiller wurde er. Schließlich zuckte er die Achseln und murmelte etwas, das eine Entschuldigung sein konnte, und dann kam, was Ole insgeheim bereits befürchtet hatte: Sie nahmen sich in die Arme und küssten sich.
    Ole merkte, wie er zu ihnen hinstarrte, und griff hastig nach der Seekarte, um sich dahinter zu verstecken.
    Am nördlichen Ausgang des Kyrkesundes nahm er wie mit Lina besprochen Kurs auf Mollösund. Auch diese Ortschaft lag laut Karte an einer engen, wenn auch nicht ganz so langen Durchfahrt zwischen zwei größeren Inseln.
    Der südliche Eingang zu diesem Sund war hinter mehreren hohen Schären verborgen, so dass die Yacht bereits die Mitte des Kråkefjordes erreicht hatte, als sie den ersten Blick auf den Ort werfen konnten.
    An der Kaimauer zwischen mehreren kleinen Fischkuttern lag ein größeres Schiff. Wegen seiner grauen Tarnfarbe dauerte es einen Moment, bis Ole es vor dem Hintergrund der Felsen ausgemacht hatte.
    »Das Schnellboot!«
    Noch während er den Warnruf ausstieß, riss Ole das Ruder herum, bis es knirschend in den maximalen Anschlag ruckte. Gleichzeitig legte er den Maschinenhebel auf volle Fahrt. Der Dieselmotor dröhnte laut auf und spie eine Fontäne aus schwarzem Qualm und Kühlwasser durch den Rumpfauslass ins Wasser. Im engen Radius und mit starker Krängung drehte die Skagerrak auf den vorherigen Kurs zurück.
    Oles einziger Gedanke war, so schnell wie möglich die Deckung der vorgelagerten Schären zwischen sich und das Schnellboot zurückzubekommen.
    Als der Halbkreis vollendet war und die Yacht geradeaus an Fahrt aufnahm, fixierte Ole das Ruder und sprang zu Lina und Sigur, die am Want des Besanmastes standen und angespannt nach hinten starrten. Mit angehaltenem Atem beobachteten sie, wie sich die Felsbuckel langsam wieder vor die Ortschaft zu schieben begannen.
    Fast hatten sie es geschafft. Doch gerade, als nur noch ein schmaler Spalt in der Blickachse zwischen ihnen und ihren Feinden klaffte, war klar und deutlich zu erkennen, wie dort drüben auf dem Schnellboot hektische Aktivität ausbrach.
    »Sie haben uns gesehen!«
    Männer rannten über Deck und gestikulierten wild in ihre Richtung. Leinen wurden gelöst. Eine schwarze Qualmwolke über dem Achterdeck zeigte an, dass die Motoren hochgefahren wurden.
    Lina und Sigur tauschten entsetzte Blicke. Ole fluchte lautlos.
    Richard! Er musste, nachdem er von der Polizei über das Verschwinden der Skagerrak informiert worden war, sofort beschlossen haben, gar nicht erst in Marstrand einzulaufen, sondern hatte das Schnellboot direkt von Süden kommend in die Schären gesteuert, um ihnen hier den Weg abzuschneiden. Ein verdammt schlauer Schachzug, wie Ole mit einem bitteren Geschmack im Mund anerkennen musste.
    »Können wir irgendetwas tun?«, fragte Lina.
    Ole spürte ihren

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