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Die Farbe der See (German Edition)

Die Farbe der See (German Edition)

Titel: Die Farbe der See (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan von der Bank
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hinauf und machte dabei ein Gesicht, als würde ihm schon vom bloßen Nachobensehen schlecht.
    »Du bist nicht ganz richtig im Kopf!«
    »Es ist wichtig! Lina kann dich mit einem Fall sichern, während du kletterst!«
    Ohne zu zögern, lief Lina an den Mast, wo die Fallen und andere Leinen belegt waren.
    »Welches sollen wir nehmen?«, rief sie von dort.
    »Das Großfall. Zweiter Tampen an Backbord!«, antwortete Ole. »Du musst es einmal ganz um den Belegnagel laufen lassen, sonst kannst du sein Gewicht nicht halten. Wenn er klettert, holst du die Lose aus dem Tampen, wenn er anhält, belegst du ihn.«
    Sie winkte zum Zeichen, dass sie verstanden hatte, und war bereits damit beschäftigt, die große, schwere Taurolle bereitzulegen.
    »Sigur!«, wandte Ole sich wieder an ihren Verlobten. »Der Mast ist zu dick, um sich daran festzuhalten. Du musst dich an den anderen Fallen nach oben ziehen. Die kannst du einfacher greifen.«
    Sigur schien etwas erwidern zu wollen, doch dann schüttelte er nur den Kopf. Mit einem unwirschen Fluch auf Schwedisch ging er ebenfalls zum Mast, knotete sich das Ende des Großfalles um die Hüften und kletterte vom Deck auf den Großbaum und von dort weiter in den Mast. Mit Erleichterung sah Ole, dass er überraschend behände war und gut vorankam.
    Ole sah sich um. Querab passierten sie gerade den südlichen Zipfel von Smögholm. Ein Blick nach Norden verriet ihm, dass Richard mit dem Schnellboot noch immer von den Inseln vor Mollösund verborgen wurde.
    Aber sie selber hatten ebenfalls noch mehrere hundert Meter zurückzulegen, bis der Mast hinter der Inselkuppe verschwinden würde.
    Ole hielt die Luft an. Seine Anspannung wuchs von Sekunde zu Sekunde.
    Lina vorne am Großfall schien es genauso zu gehen. Ungeduldig blickte sie in den Mast hinauf.
    Sigur stand inzwischen auf dem unteren der beiden Salingspaare, die die seitlichen Wanten vom Mast abspreizten.
    »Noch nichts zu sehen!«, rief er zu ihnen hinunter.
    »Weiter!«, drängte Ole. »Weiter rauf!«
    Obwohl der Motor immer noch unter Volllast arbeitete und dröhnte, kamen sie nur quälend langsam voran.
    Dann hatte Sigur das zweite Salingspaar erreicht.
    »Noch nichts!«, rief er hinunter.
    Ole blickte nach vorne. Schräg voraus erhob sich der hohe Rücken der Insel. Nur noch ein paar Bootslängen, und sie wären außer Sicht.
    »Verdammt!«, kam es von oben. »Da sind sie!«
    Ole stieß hörbar die Luft aus.
    Wenn Sigur das Schnellboot hatte sehen können, so hatte Richard sie ebenfalls gesehen.
    Zwar verschwand die Yacht in diesem Augenblick vollends hinter der Kuppe von Smögholm, doch zuvor musste ihre Mastspitze klar und deutlich sichtbar wie ein Signalturm über der Insel gestanden haben.
    »Sie beschleunigen!«, rief Sigur von oben. »Und halten auf uns zu!«
    Lina warf Ole einen betroffenen Blick zu. Und jetzt? Ist jetzt alles vorbei, fragte ihr enttäuschter Gesichtsausdruck.
    »Noch ist nichts verloren!«, murmelte Ole und nickte ihr entschlossen zu.
    Dann drosselte er die Geschwindigkeit.
    Korfmann hatte einen Plan, Ole hatte ebenfalls einen. Bald würde sich zeigen, welcher von beiden der bessere war.
    »Siehst du da vorne den Seitenarm?«, rief er laut nach vorne.
    Wenige Bootslängen voraus zweigte ein schmales Stückchen Wasser nach Norden ab, das in einem kurzen, scharfen Bogen um Smögholm herum und zurück nach Westen führte. Es trennte das Eiland von der benachbarten, größeren Insel Lyr. Beiderseits des Fahrwassers waren die Felswände steil wie die einer Schlucht.
    »Da fahren wir rein und verstecken uns. Wir müssen nur immer diesen Felsrücken zwischen uns und ihnen haben, damit sie uns nicht sehen. Mit ein bisschen Glück denken sie, wir sind geradeaus weiter in den Stigfjord gefahren, und suchen dort erst mal alles nach uns ab.«
    Linas Augen weiteten sich in ungläubigem Staunen, als sie die schmale Einfahrt und die darin verstreut liegenden Felsen sah. Doch dann nickte sie zum Zeichen, dass sie verstanden hatte, und konzentrierte sich wieder auf das Großfall.
    Ole selber war nicht halb so zuversichtlich, wie er geklungen hatte. Das Wasser um die Insel herum war mehr ein nasser Trampelpfad als ein schiffbarer Kanal, gespickt mit Felsen und Unterwasserhindernissen und laut Seekarte gerade eben tief genug, um die Yacht hindurchzulassen. Zwar waren einige einzelne Felsen mit kleinen Kreuzen in der Karte markiert, aber was hieß das schon bei einem Kartenmaßstab von 1 zu 25 000?
    Ole würde auf seine

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