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Die Farbe der See (German Edition)

Die Farbe der See (German Edition)

Titel: Die Farbe der See (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan von der Bank
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und Orust die Küste hinauf, bisweilen nach Westen hin offen zur See, meist jedoch innerhalb der vorgelagerten Schäreninseln.
    Sicherheitshalber drosselte Ole die Geschwindigkeit der Yacht, bis der Zeiger der Logge nur noch vier Knoten Fahrt durchs Wasser anzeigte. Die Seekarte, die er neben sich auf die Cockpitbank gelegt hatte, um sie jederzeit im Schein der Kompassbeleuchtung konsultieren zu können, war in diesem Streckenabschnitt förmlich gesprenkelt mit kleineren und größeren Schären und gefährlichen Unterwasserfelsen, und obwohl die Passage mehrfach die Richtung wechselte, wiesen nur drei kleine Leuchtfeuer den Weg in der Dunkelheit.
    Von der bloßen Farbe her waren Stein und Wasser bei Nacht kaum zu unterscheiden. Ole war heilfroh darüber, klare Sicht zu haben und einen leichten Schwell, der ihm trotz der Windstille mit kleinen weißen Wellenkränzen oder dunkleren Strudeln anzeigte, wo die tückischen Felsen unter der Oberfläche lauerten.
    Als knappe eineinhalb Stunden später der helle Streifen am nördlichen Horizont seine rötlichen Arme über den ganzen Himmel auszustrecken begann und sich die Farben von Fels und Wasser wieder trennten, hatte die Skagerrak die gefährlichste Strecke bereits glücklich hinter sich gelassen. Und knappe neun Meilen zwischen sich und Marstrand gebracht.
    Querab im Osten hatten sie vor wenigen Minuten einen Fischereihafen mit dem bezeichnenden Namen Skärhamn passiert, und direkt voraus blinkte jetzt das Peilfeuer der engen Passage von Kyrkesund.
    Die Holzhäuser des kleinen, pittoresken Ortes lagen beiderseits des schmalen Fahrwassers über die steilen Felsufer gewürfelt, und ihre bunten Farben leuchteten im ersten Morgenlicht warm und einladend. Die Bugwelle der Skagerrak klatschte leise an die glatten Felsufer des Sundes. Kleine Holzstege säumten den Weg und die Veranden der weiter unten gelegenen Häuser waren mit Pfählen bis über das Wasser gebaut. Weiter oben, wo der blanke Fels mit Gras, Brombeergestrüpp und knorrigen, windgebeugten Eichen bewachsen war, stand eine schlichte, weiß getünchte Holzkirche, die dem Ort vermutlich seinen Namen beschert hatte.
    Wenn man vom Bellen eines Hundes und dem Krähen eines Hahnes einmal absah, lag noch alles in tiefem Schlaf.
    Abermals drosselte Ole die Fahrt, um nicht mehr Lärm und Wellenschlag als notwendig zu verursachen. Sicher nicht verkehrt, dachte er, wenn man sie hier noch nicht bemerkte.
    Nach einer Dreiviertelmeile wichen die steilen Felsen vor dem Bug auseinander, und der schmale Sund öffnete sich zu einem zauberhaften, stillen und an den flachen Ufern mit Schilf bestandenen Salzwassersee, der zu allen Seiten von hohen, runden Felsrücken beschützt wurde. Unter normalen Umständen ein idealer Ankerplatz.
    Ole hatte keine Vorstellung, wohin und wie weit Sigur und Lina überhaupt zu fahren gedachten. Oder wie lange sie noch warten konnten, bis sie einen Arzt für ihren verwundeten Kameraden suchen mussten.
    Die ganze Zeit über war Ole alleine an Deck gewesen. Nur einmal hatte Lina den Kopf durchs Luk gesteckt, um nach weiterem Verbandszeug und Schmerzmitteln für Tore zu fragen, der offensichtlich inzwischen zu sich gekommen war.
    Von Sigur hatte er nichts gesehen und gehört. Ole vermutete, dass er vollauf damit beschäftigt war, das Versteck der Pläne zu suchen.
    Bei diesem Gedanken rätselte Ole, ob es tatsächlich noch einen Flecken an Bord geben konnte, den Strasser und seine Leute nicht bereits abgesucht hatten. Er war mehr als skeptisch. Sie hatten ja sogar die massiven Kielhölzer unten in der Bilge auf versteckte Hohlräume abgeklopft.
    Das Fahrwasser voraus war durch kleine rote und grüne Tonnen markiert. Am anderen Ende der kleinen Binnenbucht teilte es sich vor einer einzelnen hohen Insel mit steil abfallenden grauen Felswänden. Mit einem Blick auf die Seekarte prüfte Ole die verzeichneten Wassertiefen und entschied sich für die östliche der beiden Strecken, die eine knappe Meile weiter in die nächste, zum Meer hin offene Bucht mündete. Deren Name war in der Karte als Kråkefjord verzeichnet, vielleicht weil von hier aus mehrere Wasserstraßen in unterschiedliche Richtungen auseinanderführten, ähnlich wie die Arme eines Kraken.
    Als Ole die Weggabelung erreicht hatte, drehte er das Ruder ein paar Strich nach Steuerbord, um den Bug auf das rechte der beiden Fahrwasser zu richten.
    Jetzt erschien Lina an Deck. Wortlos setzte sie sich neben Ole auf das Cockpitsüll, die Beine angewinkelt

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