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Die Farbe der See (German Edition)

Die Farbe der See (German Edition)

Titel: Die Farbe der See (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan von der Bank
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Sie müssen jeden Augenblick um die Südspitze kommen!«
    »Lina, Gas geben!«
    Lina legte den Gashebel vorsichtig nach vorne.
    »Schnell! Mehr Gas!«, rief Ole hastig, und plötzlich dröhnte der Dieselmotor der Yacht auf.
    Die felsigen Ufer rechts und links reflektierten den Lärm und warfen ihn übermäßig laut zurück. Mit einem spürbaren Ruck drängte die Yacht nach vorne und beschleunigte.
    Schon nach wenigen Sekunden waren sie viel zu schnell!
    »Umkuppeln! Jetzt in den Rückwärtsgang!«
    Mit einem lauten Schlag sprang das Getriebe um, und der Motor stöhnte gequält auf, als die Schraube aus dem zügigen Vorwärtslauf brutal in eine Rückwärtsdrehung umgekuppelt wurde
    »Gut so! Jetzt auskuppeln, Leerlauf! Und Ruder eine Halbe Backbord!«
    Hastig suchte Ole das Wasser voraus ab. Der Knick, der die Fahrrinne um die Insel herum zurück nach Westen führte, lag nun unmittelbar voraus. Und mitten in ihm etwa zwei Meter unter der Oberfläche zwei große schwarzgrüne Felsbrocken, zwischen denen kaum genug Platz war, um den Kiel der Yacht hindurchzufädeln.
    »Halbe Drehung nach Steuerbord … Stopp! Geradeaus!«
    Ole registrierte, dass die Skagerrak dem Ruder trotz der geringen Fahrt lammfromm folgte. Ein Glück! Alles andere wäre jetzt fatal gewesen.
    Langsam kamen die Felsen unter Wasser heran. Verdammt wenig Platz!
    »Noch mal Vierteldrehung rechts … Geradeaus …«
    Linas Gesicht war blass vor Konzentration.
    »Rauchfahne verschwindet jetzt hinter der Felskuppe!«, kam es von oben.
    Der Bug, auf dem Ole stand, passierte soeben das kritische Tor der Unterwasserfelsen. Oles Griff um das Vorstag wurde härter. Jetzt kam es darauf an.
    »Wieder mehr Gas voraus!«
    Unwillkürlich verfolgte sein Blick einen der beiden schroffen Umrisse, bis dieser seitlich in der hellen Spiegelung des weißen Schiffsrumpfes verschwand. Es gab ein minimales knirschendes Geräusch und einen kleinen Ruck zur Seite.
    »Was war das?«, rief Lina erschrocken von hinten.
    »Alles gut!«, antwortete Ole.
    Der große Knall war ausgeblieben. Der Kiel war lediglich an einem der beiden Felsen entlanggeschrappt. Nicht die feine englische Art, aber egal! Hauptsache, sie waren durch! Erleichtert wandte Ole sich wieder nach vorn.
    Und erstarrte.
    Dort lag ein dritter Felsen!
    Er war über und über mit dunklem Kraut bewachsen, weswegen er sich kaum von der Farbe des tieferen Wassers abhob und Ole ihn zuvor übersehen hatte.
    Er lag genau mittschiffs voraus.
    »Ruder hart backbord!«, schrie Ole hastig. »Volle Fahrt voraus und Ruder bis zum Anschlag nach backbord!«
    Lina starrte ihn irritiert an, dann reagierte sie.
    Keine Sekunde zu früh! Der Bug schwang über den Felsen hinweg – aber der Kiel verpasste ihn!
    Ole schnappte nach Luft. Nur einen halben Meter weiter rechts und sie wären achtkantig aufgelaufen. Wie der vom Feuer beschädigte Mast eine solche Vollbremsung verkraftet hätte, wagte sich Ole nicht vorzustellen. Geschweige denn, was dann mit Sigur geschehen wäre.
    Noch immer beschleunigte die Yacht.
    Jetzt kam ihnen das gegenüberliegende Ufer viel zu schnell entgegen. Hier war der Grund gelb und grau und wurde rasch heller. Grober Kies mit Sand, steil ansteigend.
    »Zurück das Ruder, hart steuerbord!«
    Abermals war ein leises Knirschen zu hören und ein leichtes Ruckeln erschütterte das Schiff, als der Kiel über die Untiefe kratzte. Doch auch hier nahm die Fahrt kaum ab, was Ole zeigte, dass sie mit minimaler Grundberührung über den Kies hinweggerutscht waren.
    »Gut so … Ruder mittschiffs, mit Rückwärtsfahrt aufstoppen!«
    Ole atmete tief durch. Wie ein Pingpongball waren sie von Stein zu Stein durch die Biegung im Fahrwasser und um die Insel herumgeschliddert. Keine navigatorische Meisterleistung, aber immerhin hatten sie es geschafft. Vor ihnen lag wieder das freie Wasser des Kråkefjordes.
    Aber was war mit Richard?
    »Sigur, wo sind sie?«, rief er hinauf, während er zu Lina nach achtern ging.
    »Sehe sie nicht mehr!«, kam es von oben zurück. »Nicht mal mehr ihre Rauchfahne! Sie sind tatsächlich in den Stigfjord weitergefahren!«
    Erleichtert nickte Ole Lina zu, die verstand, dass sie vorerst in Sicherheit waren.
    »Ganz einfach …«, schnaubte sie. »Immer nur ganz wenig Gas geben, wie?«
    Wütend verschwand sie unter Deck, um nach dem verletzten Tore zu sehen, und überließ es Ole, ihren Verlobten aus dem Mast abzufieren.
    Als Sigur schließlich neben Ole an Deck stand, kam auch Lina zurück, ihr

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