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Die Farbe der See (German Edition)

Die Farbe der See (German Edition)

Titel: Die Farbe der See (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan von der Bank
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und schnupperte in den Wind. Inzwischen war eine moderate Brise aufgekommen. Drei Beaufort aus Nordwest, ideale Bedingungen.
    »Wir sollten wenigstens noch die Segel setzen, bevor wir von Bord gehen«, sagte er. »Damit sie möglichst viel Strecke macht, bevor das Schnellboot sie findet.«
    »Gut!«, nickte Lina erleichtert.
    Und zum ersten Mal, seit Ole sie wiedergesehen hatte, kehrten mit ihrem Lächeln auch die Grübchen auf ihre Wangen zurück.
    Zehn Minuten später passierten sie das enge Fahrwasser von Mollösund. Wie Sigur vorausgesagt hatte, standen mehrere Polizisten auf der Pier, die ihnen zuriefen, unverzüglich anzuhalten. Zum Glück kamen sie nicht auf die Idee, auf sie zu schießen. Oder mit einem der Fischkutter die Verfolgung aufzunehmen. Das wollten sie offensichtlich doch lieber dem deutschen Schnellboot überlassen. Denn noch während die Yacht an ihnen vorbeirauschte, sah Ole einen der Uniformierten zu einem kleinen Gebäude am Hafen laufen, dessen schlanke, hohe Antenne es als die örtliche Funkstation auswies.
    Als der Sund hinter ihnen lag, steuerte Ole zunächst noch knappe drei Meilen weiter im Schärenfahrwasser nach Norden. Erst hinter den nächsten Inseln, als sie den Blicken der Polizisten von Mollösund längst entkommen waren, stoppten sie auf. Lina verschwand unter Deck, um sich um Tore zu kümmern, und Ole und Sigur machten sich daran, die Segel zu setzen.
    Das Groß war der dickste Brocken und kam zuerst an die Reihe. Normalerweise waren zum Setzen des schweren, über einhundertfünfzig Quadratmeter großen Tuches ein halbes Dutzend Männer notwendig. Sie waren nur zu zweit. Also hieß es improvisieren.
    Mit einem schweren Umlenkblock führte Ole das Fall vom Mast nach vorne auf die Ankerwinsch. Diese verfügte über zwei stabile, seitlich in den Winschkopf einsteckbare Stangen, die es in ein altertümliches Gangspill verwandelten und es ihnen ermöglichte, im Kreis um die Winsch gehend die schwere Last den Mast hinaufzuziehen. Nach drei Minuten war das Großsegel oben. Und sie selber waren in Schweiß gebadet.
    Ole ließ die Yacht unter Motor wieder Fahrt aufnehmen, drehte den Bug nach Westen und nahm Kurs auf die Insel Käringön. Dann belegte er erneut das Ruder und ging mit Sigur daran, die beiden Vorsegel zu setzen, Baumfock und Klüver. Zum Schluss kam der Besan an die Reihe, der an dem hinteren, wesentlich kleineren Mast der Yawl gefahren wurde.
    »Brauchen wir das Ding überhaupt noch?«, schnaufte Sigur und wischte sich über das schweißnasse Gesicht.
    Die Frage war berechtigt. Bereits jetzt war der Gewinn an Geschwindigkeit beachtlich. Raumschots, mit leichter Krängung und dem zusätzlichen Schub des Motors rauschte die Yacht nur so dahin. Ohne auf die Logge zu blicken, schätzte Ole ihre Fahrt auf gute zehn Knoten. Was sollte da noch ein viertes, kleines Segel bringen?
    »Der Besan muss auf jeden Fall rauf«, erklärte Ole. »Den braucht sie, damit sie geradeaus segelt, wenn niemand mehr am Ruder ist.«
    Ole wusste, dass es einer feinen Abstimmung zwischen Besan und Klüver bedurfte, den beiden Segeln, die am weitesten von der Schiffsmitte entfernt waren. Wenn sie in ihrem Winkel zu Schiff und Wind nicht sauber getrimmt waren, würde die Yacht langsam in die eine oder andere Richtung eindrehen und schließlich irgendwann stehen bleiben. Oder, weitaus schlimmer, doch noch auf eine der vorgelagerten Klippen auflaufen und damit verraten, wo sie sich versteckt hatten.
    Aber das musste Ole einem Segler wie Sigur eigentlich nicht erklären.
    »Wir können gerne eine Pause machen«, sagte er stattdessen und grinste. »Wenn du eine brauchst.«
    Sigur starrte ihn einen Moment lang finster an. Dann brummte er einen Fluch auf Schwedisch, spuckte in die Hände und griff ins Besanfall. Keine Minute später füllte sich auch das letzte Segel mit Wind.
    Auf der Insel voraus wurden jetzt bereits die ersten rot gestrichenen Fischerhütten sichtbar. Ole sprang ans Ruder zurück und korrigierte den Kurs, bis der Bug der Yacht auf eine Lücke zwischen zwei Schären südwestlich von Käringön zeigte.
    »Eine Meile noch«, sagte er. »Fünf Minuten.«
    Sigur verschwand unter Deck, um Lina mit Tore zu helfen.
    Ole belegte das Ruder und machte sich an den Schoten von Besan und Klüver zu schaffen, bis er die Yacht auf perfekte Geradeausfahrt getrimmt hatte. Dann begann er, das Beiboot längsseits zu holen; bei dieser Geschwindigkeit eine weitere Knochenarbeit.
    Als er die kurze Vorleine des

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