Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Farbe der Träume

Die Farbe der Träume

Titel: Die Farbe der Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rose Tremain
Vom Netzwerk:
Harriets Hand. »Ich will mehr«, sagte er.
    Sie überließ ihm ihre Hand für einen kurzen Moment, zog sie dann rasch zurück.
    »Und ich will auch mehr!«, sagte sie verstimmt. Dann rief sie Lady, ließ Joseph stehen und ging den Hügel hinunter.
    Als beide später in ihrem Kattunzimmer im Bett lagen, begann Joseph, der nicht von dem Thema lassen wollte, sein Vorhaben zu rechtfertigen: »Wenn ich nicht gehe, dann bin ich weniger als Männer wie Hopton Fellwater. Alle auf der Südinsel werden reich sein, nur wir sind dann ausgeschlossen, weil ich zu feige war, um ebenfalls loszuziehen.«
    »Glaubst du das tatsächlich?«, fragte Harriet kühl.
    »Ja, das glaube ich.«
    »Und was wird aus der Farm, wenn du weggehst?«
    »Du wirst das schaffen«, sagte Joseph. »Ich habe doch gesehen, was du kannst. Du wirst dich um alles kümmern. Und Lilian hilft dir dabei. Im Winter komme ich dann zurück. Ich komme mit dem Gold zurück. Und wir fangen noch einmal von vorne an.«
    Harriet hätte jetzt gern gesagt, sie glaube nicht an das Gold, aber sie merkte, dass es nicht das war, was sie eigentlich meinte. Natürlich glaubte sie, dass Gold gefunden worden war, und Edwin Orchard hatte ihr ja auch erzählt, was Pare über die Funde im Greenstone-Fluss gesagt hatte. Außerdem konnte sie sich durchaus vorstellen, dass Joseph mannhaft schuften würde, schuften, bis er tot umfiel, um Gold am Hokitika zu finden, um es aus der Erde zu holen. Was sie aber nicht teilen mochte, war Josephs Überzeugung, Gold sei etwas, das ihnen Glück bringen werde. Für sie war das Glück irgendwo versteckt, es lag an einem Ort außer Reichweite, und eines Tages würde es sich ihr vielleicht sogar von sich aus offenbaren. Aber dass es aus Goldklumpen bestehen würde, glaubte sie nicht.
    Und deshalb schwieg sie eine Weile, da sie nichts zu sagen wusste. Und währenddessen versuchte sie sich vorzustellen, wie ihre Tage und Nächte ohne Joseph aussehen würden. Sie brauchte nicht lange, um zu erkennen, dass sie eigentlich überhaupt nichts gegen seine Abwesenheit einzuwenden hätte, genauso wie damals bei seiner Reise nach Christchurch mit Lilian, als sie ihre Feuer gelegt und die Flamme im Drachenbaum gesehen hatte.
    Und noch etwas anderes begriff Harriet recht schnell: wenn sie einverstanden war mit dem, was Joseph wollte, konnte sie etwas für sich verlangen, etwas, das ihr beharrlich verweigert worden war. Und so drehte sie sich schließlich zu ihm um. Sie berührte seine Wange so zärtlich wie seit langem nicht mehr.
    »Du hast Recht«, sagte sie. »Du solltest gehen, Joseph. In England gab es jedenfalls kein Gold. Kein bisschen.«
    »Nein«, sagte er. »Kein bisschen.«
    »Also solltest du die Chance ergreifen. Schließ dich den anderen an. Sieh zu, dass du ordentlich was abkriegst. Es wäre falsch, wenn ich dich aufzuhalten versuchen würde.«
    »Im Winter komme ich zurück.«
    »Ja.«
    »Und nun, da der Regen gekommen ist …«
    »Ja. Nun, da der Regen gekommen ist.«
    »Deine Bohnenernte wird gut sein …«
    »Wie wirst du in Hokitika leben, Joseph?«
    »Ich habe keine Ahnung. Ich werde es machen wie die anderen.«
    »Als Allererstes brauchst du aber Vorräte.«
    Harriet wartete, wie er darauf reagieren würde, denn jetzt näherte sie sich dem, was ihr Anteil bei dem Geschäft sein würde. Beide wussten, dass der Esel sie nicht zum Einkaufen nach Christchurch bringen konnte, ja, nicht einmal bis nach Rangiora. Und auch wenn Joseph es schaffen sollte, zu Fuß nach Rangiora zu laufen und dort eine Kutsche zu mieten, könnte er Harrietund Lilian trotzdem nicht in Okuku allein lassen – ohne jede Möglichkeit, von der Farm wegzukommen, ohne die Möglichkeit, in die Stadt zu gelangen.
    »Ich werde dafür sorgen, dass wir … von einer der Farmen weiter unten in der Ebene … wir werden jemanden finden, der uns einen anderen Esel verkauft«, sagte Joseph. »Und ich hoffe, der ist dann in besserer Verfassung.«
    »Nein«, sagte Harriet. Sie nahm ihre Hand weg und setzte sich auf. An ihrer Seite des Betts brannte noch eine Kerze, und jetzt warf Harriet einen riesigen dunklen Schatten an die weiße Kattunwand. »Ich will ein Pferd«, sagte sie. »Wenn ich kein Pferd bekomme, lasse ich dich einfach nicht gehen.«
    »Harriet …«, setzte Joseph an, doch sie schnitt ihm das Wort ab.
    »Ein Pferd ist stark genug, um den Ashley zu durchschwimmen, wenn es an die Fähre angebunden wird. Ein Esel kann das nicht. Wenn einer von uns einen Unfall hat, kann ein Pferd

Weitere Kostenlose Bücher