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Die Farbe des Himmels

Die Farbe des Himmels

Titel: Die Farbe des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Britt Silvija und Reissmann Hinzmann
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schaute Thea offen ins Gesicht. »Nach so langer Zeit? Wenn sie es in den ersten Ehejahren getan hätte, hätte es mich nicht überrascht. Nein, Helene lebt schon längst ihr eigenes Leben. Sie würde sich an Wolf nicht die Finger schmutzig machen.«
    Thea schaltete das Diktiergerät aus und erhob sich. »Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit genommen haben, Herr Merkle.«
    »Ach was, ich habe zu danken. Ich hoffe, Sie kriegen diesen Kerl. Keiner hat es verdient, so zu sterben.«
    Als Thea hinter Messmer die Treppe herunterkam, zeigte die große Standuhr in der Diele Viertel nach eins. Ich muss vom Auto aus telefonieren, dachte sie. Karolin steht bestimmt schon beim Schiller-Denkmal.
    Einmal mehr verfluchte sie diesen Job, bei dem sie beim besten Willen nie pünktlich zu einer Verabredung kam.
     
    Karolin hockte auf den Stufen von Thorwaldsens Statue des berühmten Dichters und kaute an einer roten Wurst.
    »Tut mir Leid, dass du warten musstest«, rief Thea schon von weitem. »Bist du schon lange da?«
    »Lang genug, um mir einen heftigen Sonnenbrand zu holen.« Karolin stand auf und umarmte Thea. »Bastian ist schon drin, dem war es zu heiß hier draußen.«
    »Ich hab versucht, dich anzurufen, hatte aber nur die Mailbox dran.«
    »Ich hab mein Handy vergessen. Komm, lass uns reingehen.« Sie verteilte den Rest ihres Brötchens großzügig an die Tauben, die sich vor dem Fruchtkasten um die Krümel stritten.
    »Hat euer Zeuge euch denn weitergeholfen?«, fragte Karolin.
    »Wir werden sehen, was der Haftrichter entscheidet. Letztlich hängt wohl alles von der DNA-Probe ab.«
    »Das heißt, ohne positive DNA reichen die Indizien nicht, um ihn in Haft zu behalten?«
    »So sieht es aus.«
    »Einen deprimierenden Job hast du da. Am Ende hast du das ganze Wochenende für nichts und wieder nichts gearbeitet.« Karolin stemmte die schwere Kirchentür auf. »Aber wenn er in Untersuchungshaft kommt, ist die Soko vorbei und du hast wieder normale Arbeitszeiten, oder?«
    »Schön wär’s«, seufzte Thea. »Solange seine Schuld nicht bewiesen ist, müssen alle Spuren bis zum Ende verfolgt werden. Dass wir einen Verdächtigen in Gewahrsam haben, heißt noch lange nicht, dass er auch der Täter ist. Leider.« Ihr wurde bewusst, wie sehr sie sich wünschte, dass Lichtenberg schuldig war. Es war sicher nicht nur eine Frage der Antipathie; sie fühlte sich ausgepowert und wünschte sich das Ende der Soko herbei.
    Nach mehreren Jahren der Restauration war die Stiftskirche nun schöner denn je. Das Sonnenlicht fiel durch die hohen Buntglasfenster auf die Grafenstandbilder an der Nordwand. Das bisherige dunkle Tonnengewölbe war herausgerissen worden, und die jetzt hohe Decke des Hauptschiffs strahlte in hellen Tönen. Die grünlich schimmernden dreieckigen Glassegel und die modernen Leuchten unterstrichen die Leichtigkeit des Raums.
    »Na, ihr Hübschen, ihr seid aber spät dran.« Unbemerkt war Bastian hinter sie getreten und hatte Karolin auf den Nacken geküsst, die erschrocken herumfuhr. »Unser neues Meisterwerk darf leider nicht vor der Eröffnung enthüllt werden. Aber einen kleinen Eindruck könnt ihr vom Altar aus schon bekommen.«
    Sie gingen langsam bis zu dem ausgehöhlten Sandsteinmonolith, über dem oberhalb der Kanzel der Gerichtsengel mit der Posaune und der gekreuzigte Christus schwebten, und wandten sich um. Über dem Eingangsportal war über die gesamte Wandbreite eine Plastikplane gespannt, die einen Entwurf der neuen Orgel zeigte. Auf den ersten Blick wirkte sie wie silberne Engelsflügel, die sich schützend über den Haupteingang breiteten.
    »Sie wird gigantisch. Wie ein Werk des Himmels«, flüsterte Thea ehrfürchtig. »Diese Unmengen von Pfeifen! Wie viele sollen es eigentlich werden?«
    »Genau fünftausenddreihundertsechsundsechzig«, sagte Bastian stolz. »Davon stammen dreihundertzweiundfünfzig aus der alten Orgel. Der Schwabe spart, wo er nur kann. Trotzdem kostet sie ein Vermögen. Es werden sogar Patenschaften für einzelne Orgelpfeifen vergeben, um sie zu finanzieren.«
    »Wieso musste überhaupt eine neue Orgel her?«, fragte Thea.
    »Es waren mehrere Register kaputt, und eine Reparatur hat sich einfach nicht mehr gelohnt«, sagte Karolin. Sie war viel kleiner als Thea und hatte sich auf die Zehenspitzen gestellt und auf Bastians Schulter abgestützt, um alles ganz genau sehen zu können.
    »Und was genau ist ein Register?«
    »Pfeifenreihen derselben Klangfärbung«, erklärte Bastian. »Man kann

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