Die Farbe des Himmels
Kaffee aus der Tasse schwappte. »Wieso? Ist da irgendwas an mir vorbeigegangen?«
»Ja, Micha ist Penner geworden«, stichelte Thea. »Er findet das Essen in der Kantine so mies, dass er jetzt lieber den Abfall durchsucht.«
»Ihr erfahrt alles bei der Besprechung.« Messmer ging in Richtung Waschraum. »Ich muss nur schnell mein neues Deo abspülen, dann können wir anfangen.«
Thea wollte gerade ihr Büro verlassen, als das Telefon klingelte. Seufzend ließ sie sich wieder auf den Stuhl fallen und nahm ab. Es war Hannes.
»Hi. Mach’s kurz, ich muss zur Besprechung.«
»Wir haben ihn auf frischer Tat ertappt. Ein junger Kerl, knapp zwanzig. Er stand im Schalterraum der Cannstatter Volksbank in der König-Karl-Straße und beschwatzte eine achtundsiebzigjährige Oma. Er sei von Möbel-Mammut, und sie müsse die Rechnung für eine Schrankwand sofort und in bar an ihn bezahlen. Sie solle am besten das Geld gleich abheben, wenn sie schon mal hier ist. Die Bankangestellte hat es mitbekommen und uns sofort alarmiert. Wir waren in Nullkommanix da.«
»Klasse, Hannes, ich bin stolz auf dich.«
»Oh, wie komme ich zu der Ehre?«
»Steht dieser Lichtenberg mit ihm in Verbindung?«, fragte Thea schnell, bevor Hannes dazu kommen konnte, ihr Lob falsch zu verstehen.
»Jetzt bin ich echt platt. Woher weißt du das?«
»Ach, war nur so ein Gedanke.«
»Der Typ ist voll und ganz geständig. Er war vor einigen Jahren selbst Patient bei Lichtenberg, und der hat ihn rekrutiert. Wir wissen nur noch nicht, wer sich diese Möbelhaus-Masche ausgedacht hat.«
»Das kriegen wir raus«, sagte Thea zuversichtlich. Tatsächlich nahm in ihrem Kopf schon ein Verdacht Gestalt an. »Bringt ihn her. Ich lasse ihn vernehmen.«
Otti wird sich freuen, dachte Thea, als sie aufgelegt hatte. Er wollte Lichtenberg so gern hinter Gittern sehen. Jetzt würde er doch noch auf seine Kosten kommen.
»Der Raum erstrahlt im hellen Glanze«, deklamierte Koch, als Messmer mit feuchtem Haar und einem Handtuch über der Schulter am Besprechungstisch Platz nahm. Auf den verständnislosen Blick von Rudolf Joost hin erklärte er: »Micha hat einen Nebenjob bei der Müllabfuhr angenommen und gerade den ersten Einsatz hinter sich.«
Messmer nahm die Kassette aus dem Diktiergerät und warf sie Kübler zu. »Die Zeugenvernehmung könntest du uns bei Gelegenheit mal ins Schriftdeutsche übersetzen. Das beherrschst du doch, oder?« Dann gab er einen kurzen Abriss der Befragung von Frau Laible und der anschließenden Durchsuchung der Mülltonne. Dabei blickte er an Thea vorbei. Sie verzog keine Miene und gab sich alle Mühe, nicht zu lachen.
Messmer räusperte sich. »Ich hab die Anfrage nach dem Autokennzeichen rausgegeben. Die vom Kraftfahrzeugbundesamt waren wider Erwarten schnell: Das Kennzeichen gehört zu einem Sattelschlepper der Spedition Walter & Söhne in Siegen. Ich schätze Frau Laible zwar nicht als sehr kompetent ein, was Autotypen betrifft, aber so blind kann sie nun auch nicht sein.«
»Dann besteht also nur noch die Möglichkeit, dass sie das Kennzeichen falsch notiert hat?«, fragte Joost.
Messmer nickte und griff nach den Weingummis. »Es könnte aber auch ein ausländisches Kennzeichen gewesen sein.« Er warf sich gekonnt einen Goldbären in den Mund und blickte zufrieden in sieben überraschte Gesichter.
»Als ich auf das Fax aus Flensburg gewartet habe, hab ich mir den Hausmüll von Antonia Linder flüchtig angesehen. Ganz, oben lag diese leere Verpackung.« Er zog eine hellgelbe Tüte mit brauner Schrift und appetitlich aussehenden Gebäckkringeln aus dem Beutel neben seinem Stuhl.
»Mulino Bianco – Abracci«, las er vor. »Das ist eindeutig kein deutsches Produkt. Klingt eher« – er machte eine wirkungsvolle Kunstpause – »italienisch?«
»Du meinst, also diese geheimnisvolle Blonde gestern vor dem Haus war ihre Schwester?«, fragte Ströbele und pfiff durch die Zähne.
»SI steht für Siena«, sagte Koch. »Klingelt da was bei euch?«
»Ich ruf gleich das BKA an und lasse das Kennzeichen in Italien ermitteln.« Verena Sander sprang auf und ging zur Tür.
»Und ich hab keine hundert Meter weiter bei Frau Kemmner auf dem Sofa gesessen und mir Geschichten über ein italienisches Model angehört, das zur selben Zeit greifbar nah vor dem Haus der Linder stand!«, stöhnte Messmer.
»Dieses Gebäck stammt jedenfalls eindeutig aus Italien, ich esse das Zeug von ›Mulino Bianco‹ immer beim Camping«, sagte
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