Die Farbe des Todes: Ein Veronica-Sloan-Thriller (German Edition)
Abendessens geholfen, hatte entweder Gemüse geschnippelt oder im Sommer Würstchen in ihrem Garten in Richmond gegrillt. Da er in einem großen italienischen Haushalt aufgewachsen war, hatte er schon in jungen Jahren gelernt, in der Küche mitzuhelfen, und oft hatte er seine Frau zu Kochwettbewerben herausgefordert, bei denen die Kinder dann entscheiden mussten. Eddie Junior stimmte normalerweise für seinen Vater, weil sie die einzigen Mitglieder im Penisklub waren, wie sie immer witzelten, denn sie waren nur zu zweit gegen Ann und die drei Mädchen.
Achtzehn perfekte Jahre lang hatte er die Mahlzeiten im Kreise seiner Familie eingenommen. Aber jetzt kaute seine Frau das Würstchen eines anderen Mannes.
Seinen Töchtern hatten sie die Zuneigung zu ihrem Vater mit den Kreditkarten ihres Stiefpapas abgekauft.
Sein eigener Sohn hatte sich von Urlauben in der Karibik und Tickets für die besten Plätze beim Super Bowl verführen lassen und alle Gedanken an seinen Vater durch solche Verlockungen ersetzt.
Sie hatten ihn verlassen. Und wenn Eddie sich dazu zwang, sich in der ungewohnten Stille an den großen, leeren Küchentisch zu setzen, vermisste er sie am meisten.
Er griff nach der Flasche Jim Beam, die er in letzter Zeit meistens in Reichweite hatte. Wenn er zu Hause war, trug er sie mit sich herum, ließ die Flasche locker zwischen den Fingern baumeln. Auf der Arbeit hatte er sie oft entweder in seiner Aktentasche oder in seinem Schreibtisch. Manchmal hatte er auch einfach einen Flachmann in der Tasche.
Jim und er waren alte Freunde. Ja, er würde sogar sagen, dass sein Jimmy der treueste Freund war, den er hatte. Sie hatten sich während Eddies Studienzeit kennengelernt und waren seitdem praktisch unzertrennlich gewesen, obwohl andere versucht hatten, sie auseinanderzureißen. Sie hatten zusammen gute und schlechte Zeiten durchgemacht, wobei die schlechten Zeiten meistens dann angebrochen waren, wenn Eddie versucht hatte, Jim aus seinem Leben zu verbannen. Normalerweise, weil seine Frau darauf bestanden hatte.
Aber er hatte seinen Freund nie lange im Stich gelassen, war immer wieder zur Flasche zurückgekrochen, wenn das Leben schwierig wurde. Jim hatte seiner Enttäuschung stets die Spitze genommen, wenn sein Job nichts als Frust war, wenn die Rechnungen sich gestapelt hatten, wenn seine Frau ein Aas und seine Töchter kleine Biester und sein Sohn ein langhaariges Arschloch gewesen waren. Jim war immer für ihn da gewesen.
Doch seit Jim und er nun allein am Tisch saßen, musste er immer wieder an die Zeit zurückdenken, bevor Alice ihn verlassen hatte.
Sie hatte behauptet, sie könne nicht mit einem Mann zusammenleben, der zu schwach sei, etwas aufzugeben, das ihn umbringe. Ha. Das war ein Vorwand gewesen, und er hatte ihr nicht geglaubt. Sie hatte sich mit diesem reichen Scheißkerl zusammengetan, und ihn verdammt fix geheiratet. Wahrscheinlich hatte sie Eddie schon die ganze Zeit betrogen.
Aber davor, als sein Sohn gerade laufen konnte und die Mädchen noch Zöpfe trugen, war es die schönste Zeit des Tages gewesen, wenn er mit der ganzen Familie beim Abendessen saß. Immer, wenn es Erbsen gab, und das war oft, kicherten die Mädchen und taten nur so, als würden sie ihr Gemüse essen. Söhnchen Eddie bettelte, sein Vater solle ihn nach dem Essen mit nach draußen nehmen und auf der Schaukel anschubsen. Allie lächelte ihn über den Tisch hinweg an und bestätigte ihm schweigend, dass das Leben sehr, sehr schön war.
Und es war wirklich sehr schön gewesen.
Bis diese Schlampe dann mitsamt den Kindern abgehauen war. Nur diesen Stuhl, diesen Tisch und seinen alten Kumpel Jim hatte sie ihm gelassen.
»Die kann uns doch mal, was, mein Freund?«, murmelte er, indem er die Flasche an den Mund hob. Er trank einen großen Schluck, denn er hatte Durst. Gerade war er von der Arbeit nach Hause gekommen, vom Stress eines Buchhalters bei der Regierungsbehörde. Als kleiner Bürohengst, der mit Zahlen jonglierte, hatte er schon die höchste Stufe auf seiner Karriereleiter erreicht, und diese bittere Enttäuschung bedrückte ihn manchmal, wenn er sie zu all den anderen Nöten seines Lebens hinzuzählte.
Eddie starrte auf den Teller vor sich. Ein Stück Pizza lag darauf – hart, nachdem er es in der Mikrowelle aufgewärmt hatte – , und daneben ein paar Dosenerbsen. Er konnte nicht sagen, warum zur Pizza Erbsen gehörten, aber er würde sie trotzdem dazu essen. Er hatte die Speisekammer immer voller Erbsen in
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