Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Farbe Des Zaubers

Die Farbe Des Zaubers

Titel: Die Farbe Des Zaubers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Asprin
Vom Netzwerk:
zusammen, ähnlich jener, die Ischade von der Mädchenleiche, von Razkuli und von Stilcho gelöst hatte. Es schien ein Mädchenschatten zu sein, mit verschwommenen Umrissen, schwankend, doch wie dichter Rauch in der Dunkelheit verharrend. »Hole mir den Schatten eines Mannes, den man Harran nannte«, befahl die Königin. »Er befindet sich noch innerhalb der Mauern, er wurde erst heute beerdigt.«
    Skotadi wiegte sich wie Rauch im Wind, verneigte sich und verschwand in der bleicheren Dunkelheit. Der Bann über Siveni und Mriga wich, sie konnten sich wieder bewegen, doch der Speer war verschwunden. Er lehnte am Thron, und seine Spitze war nun lebloses Metall, das im grauen Schein des Kohlenbeckens schwach rauchte. »Da ihr euch nicht einigen könnt, soll er entscheiden!« bestimmte die Königin.
    Während sie sprach, kehrte Skotadi zurück und verneigte sich vor der Königin. »Majestät«, meldete sie, »dieser Mann befindet sich nicht innerhalb der Tore.«
    Selbst Ischade wirkte erstaunt. »Unmöglich!« rief Siveni. »Wir haben ihn beerdigt!«
    Die Königin richtete die dunklen Augen auf sie. »Wenn meine Leibmagd sagt, daß er nicht hier ist, befindet er sich auch nicht hier!«
    Mriga war ratlos. »Wenn er nicht hier ist, wo könnte er dann sein?«
    »Im Himmel?« Siveni dachte ganz offensichtlich an all die Mühe, die sie umsonst auf sich genommen hatten.
    Ischade verzog die Lippen. »Jemand aus Freistatt?«
    »Jeder, der stirbt, kommt hierher«, erklärte die Königin. »Wie lange sie bleiben und was sie aus diesem Ort machen, solange sie hier sind, ist ihre eigene Sache. Doch es gibt wahrhaftig nur sehr wenige Sterbliche, die nichts zu büßen haben, ehe sie weiterziehen. Doch ...« Sie überlegte kurz, sichtlich interessiert. Mriga erinnerte sich an den Blick müden Interesses, der ihr an Ischade aufgefallen war, und Hoffnung erwachte in ihr. »Es gibt noch eine andere Möglichkeit.«
    Tyr hüpfte hoch, bellte aufgeregt, rannte ein Stück zur Flügeltür, dann drehte sie um, bellte aufs neue, diesmal lauter und hüpfte auf der Stelle von einem Fuß auf den anderen.
    »Die Beerdigung ermöglicht es einem, die Grenze zu überqueren«, sagte die Königin, »»zwingt jedoch nicht dazu ...«
    Tyr rannte kläffend zur Tür. Mriga blickte Siveni bestürzt an, denn sie erinnerte sich, daß Tyr sich nicht in das Boot hatte begeben wollen ...
    Die Königin erhob sich. »Skotadi! Die Kutsche meines Gemahls!« Siveni hielt plötzlich ihren Speer in der Hand. Er blitzte wieder, jedoch sehr gedämpft. »Madam, Göttinnen«, forderte die Königin die drei auf, »wir wollen sehen, wohin uns die Kleine führt.«
    Seltsamerweise befand sich die Tür nun lediglich ein paar Schritte entfernt. Vor der Freitreppe stand ein großer eiserner Prunkwagen mit vier rabenschwarzen Rappen als Gespann. Skotadi stand an der Kutscherseite und hielt die Zügel. Sie stiegen ein, und Skotadi trieb die Pferde mit einem Peitschenknall an.
    Die Kutsche rollte in absoluter Stille durch den Hof und das Tor. Selbst draußen auf den Straßen klangen die Schreie und das Wehklagen gedämpft und verstummten schließlich vor Staunen und Furcht — denn, wie Mrigas Allwissenheit ihr verriet, hatte die Königin der Unterwelt ihre dunklen Hallen seit vielen Jahrzehnten nicht mehr verlassen. Der einzige Laut war Tyrs vergnügtes Bellen, während sie vorauslief, um den Weg zu weisen.
    Es fiel Mriga schwer, Siveni anzusehen, während sie westwärts den Statthalterweg entlangfuhren, und Siveni blickte sie gar nicht an. Es bedurfte keiner Allwissenheit, den Ärger zu hören, der wie unterdrückter Donner in ihr grollte. »Hör zu«, flüsterte sie Siveni ins Ohr, »du weißt genau, daß ich recht habe.«
    »Ganz sicher nicht!« Siveni schwieg kurz, um auf die dunklen, vertrauten Straßen zu blicken, die vorbeiglitten, dann sagte sie: »Du hast es verdorben! Ist dir das klar? Ihr, du und er, könntet inzwischen draußen sein. Und ich wäre schon zurechtgekommen. Ich komme immer zurecht!« Wieder machte sie eine Pause. »Verdammt, Mriga, ich bin eine 77 jungfräuliche Göttin! Er liebt mich, aber ich kann ihm nicht geben, was er von mir möchte! Du dagegen kannst es. Und wenn ich hier unten bleibe, erhältst du meine Eigenschaften — alle, außer dieser einen. Mein Priester bekommt, was er sich wünscht — mich. Und du kriegst ihn ...«
    Mriga blickte Siveni, die sie nicht ansehen wollte, lange an und fing an, sie wie verrückt zu lieben, auf ähnliche Weise, auf

Weitere Kostenlose Bücher