Die Farben der Finsternis (German Edition)
Bright die Verehrung in seinem harten, kalten Blick. Einen Augenblick war er beinahe traurig, aber Mitleid hieße, sich gehen zu lassen. So viele waren letzten Endes entbehrlich, und in jedem Spiel gab es Figuren, die der Meisterstratege opfern musste, wenn er gewinnen wollte.
»Ich möchte, dass Sie ein paar Dinge für mich erledigen und gleichzeitig Ihrem alten Freund Detective Inspector Jones eine Lehre erteilen. Langsam sollte er wirklich lernen zu gehorchen.« Mr Bright lächelte. »Aber nur, wenn es mir passt.«
»Ich verstehe nicht, was Sie an ihm so interessant finden«, sagte Bradley. Er wirkte fast eifersüchtig, als er höhnisch die Mundwinkel nach unten verzog. So vorhersehbar – doch diese grenzenlose Loyalität hatte gleichzeitig etwas Amüsantes.
»Das müssen Sie nicht verstehen. Verständnis für meine Beweggründe steht nicht in Ihrer Arbeitsplatzbeschreibung.«
»Was soll ich für Sie tun?«
»Ich denke, es wird Ihnen gefallen. Aber Sie müssen schnell sein.«
Cass wollte Perry Jordan gerade per Telefon darum bitten, die Nummer von Powell zu besorgen, als Eagleton anrief.
»Was kann ich für dich tun, Doc?«
»Das weiß ich auch nicht genau«, antwortete der junge Mann. »Es geht um das Gehirn von Angie Lane. Irgendwas stört mich. Die Sache ist die …«
»Nicht am Telefon. Ich kann mich in diesem Scheißverkehr nicht konzentrieren. Ich komme in die Pathologie.«
»Wirklich?«
»Ja, ich bin sowieso unterwegs. In zwanzig Minuten bin ich bei dir.«
Er legte lächelnd auf. Es war nicht nötig, Jordan anzurufen; Nigel Powell wohnte in Chelsea und Eagletons Labor lag dort in der Nähe. Er konnte direkt zum Haus des ehemaligen Krankenhausverwalters fahren, ohne zu sehr aufzufallen, weil er weder im Büro noch mit Armstrong unterwegs war. Cass wollte Powell noch an diesem Tag sehen; je mehr er darüber herausfand, was mit dem Kind seines Bruders in der Nacht seiner Geburt geschehen war, umso stärker wurde sein Gefühl, dass ihm weitere Steine in den Weg gelegt wurden. Er wendete den Wagen und fuhr in den westlichen Teil der Stadt.
Eine gute halbe Stunde später betrachtete er mehrere Gehirnscans aus verschiedenen Perspektiven und strengte sich an, so zu tun, als wüsste er, was er vor sich hatte.
»Mach, was du willst, Jones, aber geh bloß nicht zum Theater.« Eagleton grinste. »Als Schauspieler bist du eine Niete.«
»Selber Niete. Weißt du inzwischen, was die Hirnschäden verursacht haben könnte?«
»Nein. Deshalb kommt mir deine ausdruckslose Miene so bekannt vor. Ich habe keine Ahnung und der Boss auch nicht. Die Läsionen stammen von keiner uns bekannten Krankheit; es sieht fast so aus, als wäre das Gehirn an mehreren Stellen gleichzeitig von selbst gerissen, wie unter massivem Druck. Doch jede einzelne Verletzung ist chirurgisch sauber – sogar ohne wesentliche innere Blutungen. Dr. Marsden hat gesagt, so etwas habe er noch nie gesehen, und ich habe die gesamte Fachliteratur durchsucht und nichts gefunden. Der Chef« – Eagleton löste den Blick von den Scans und sah Jones an – »der übrigens unter seinerernsthaften Fassade ein echt interessanter Typ ist, hat recherchiert und mehrere Aufsätze aus der Schweiz gefunden, denen zufolge schwere psychologische Traumata im akuten Augenblick der Erfahrung physische Hirnschäden verursachen können, die oft so geringfügig sind, dass die Ärzte sie gar nicht wahrnehmen. In dem Artikel steht weiterhin, dass dies die Erklärung für Persönlichkeitsstörungen bei Menschen sein könnte, die extremem posttraumatischem Stress ausgesetzt waren.«
»Und glaubst du das?«
»Scheiße, nein, und Dr. Marsden auch nicht – das ist eine schwachsinnige Theorie, die klinisch nicht bewiesen ist. Doch angenommen, es wäre etwas dran, dann hätten unsere toten Studenten Schreckliches mitgemacht, um solche Schäden davonzutragen.«
»Und was stört dich bei Angie Lane?« Cass wollte zum eigentlichen Thema zurück. Er brauchte harte Fakten, keine Theorien, die sein eigenes Gehirn durcheinanderbrachten.
»Ich bin mir einfach nicht mehr sicher.«
»Was soll das heißen?«
»Ich weiß nicht, ob sie so ist wie die anderen. Das geht schon so, seit du diesen Typen verhaftet hast, der Lidster ermordet hat.« Er zeigte auf einen Scan direkt vor seiner Nase. »Sie hat erhebliche Verletzungen und eine Gehirnblutung, wo sie mit dem Kopf aufgeschlagen ist. Deshalb kann man schwer sagen, ob sie darunter die gleichen Läsionen aufweist wie die anderen.
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