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Die Farben der Finsternis (German Edition)

Die Farben der Finsternis (German Edition)

Titel: Die Farben der Finsternis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Pinborough
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Umzäunung sieht das Häuschen sonderbar aus. Es handelt sich um einen Miniatur-Pavillon, in dem an sonnigen Tagen sicher viele Studenten sitzen oder Arbeiter ihr Mittagessen verzehren und sich unterhalten, vielleicht auch Liebespaare, die ineinander verschlungen die Welt an sich vorbeiziehen lassen. Das Häuschen wurde von einem guten Menschen gebaut, dessen ist sie sicher.
    »Das gefällt mir«, sagt sie.
    Der Landstreicher grinst zurück und fährt mit der Zunge über seine restlichen Zähne. Er zeigt die Lücken, während er die Saiten seiner Geige zupft. »Dachte ich mir.« Er legt das Instrument vorsichtig neben sich auf die Bank.
    »Meinetwegen musst du nicht aufhören«, sagt sie. Einen Augenblick lang kommt alles in der Welt zur Ruhe, aber dann überfluten die Geräusche der Stadt aufs Neue ihren Kopf.
    »Musik gibt es immer. Ich muss dir nichts vorspielen, damit du sie hörst.«
    Das stimmt. Sie hört die Melodien in allem und jedem. »Es tut gut, dich zu sehen.«
    »Ich dachte mir schon, dass du bald kommen würdest.« Seine Augen glänzen vor guter Laune. Sie freut sich, dass er seinenSpaß hat. »Hier passiert einfach alles auf einmal«, fährt er fort.
    »Nicht wahr?« Sie lässt den Blick schweifen. »Alles passiert ständig.« Für einen Moment ist sie völlig überwältigt. »Dieser Ort ist …«, sie weiß nicht genau, welches Wort sie wählen soll, »… dieser Ort ist …«
    »… wunderbar?« Er beendet ihren Satz mit einer Frage, aber sie lässt es offen. So wunderbar es auch sein mag, wegen der Wunder sind sie beide nicht hier, und das sollten sie lieber nicht vergessen.
    »Wie geht es ihm?«, fragt sie stattdessen.
    Der Penner lässt ein kehliges Lachen hören. »Oha, er ist schon was Besonderes. Glaubst du, wir sollten ihm jetzt helfen?«
    Der Regen ist stärker geworden. Sie durchquert die Umzäunung und setzt sich neben ihn. »Nicht sofort. Sehen wir ihm noch ein wenig zu.«
    Sie lächelt zu ihm hoch. Es tut wirklich gut, ihn zu sehen.
    »Spiel mir was Hübsches.«
    Und er spielt für sie.

    Adam Bradley rannte zwar nicht vom Parkplatz des Krankenhauses, aber er beschleunigte seine Schritte bis zu den Hauptstraßen, wo er sich dem Strom der Passanten anschloss, die alle rasch aus dem Regen herauskommen wollten. Wie erwartet folgte ihm niemand. Wahrscheinlich rief erst jetzt jemand die Polizei, nachdem man vergeblich versucht hätte, ein Wunder an Dr. Gibbs’ Körper zu vollbringen. Reine Zeitverschwendung. Nicht einmal Gott konnte den Mann wiederauferstehen lassen.
    Er ging langsamer und bog in eine Seitengasse, ehe er das Handy aus der Tasche holte. Bevor er zurückfahren konnte, musste er noch etwas erledigen. Er lächelte. Bisjetzt war der Tag gut verlaufen. Mr Bright würde mit ihm zufrieden sein.
    In dem Handy, einem Prepaid-Wegwerfgerät, einem von Hunderten, zu denen er Zugang hatte, war nur eine einzige Nummer gespeichert, und zwar auf Kurzwahl: die direkte Verbindung zum Polizeirevier von Chelsea. Im begrenzten Schutz eines Notausgangs drückte er auf den grünen Hörer.
    »Verbinden Sie mich bitte mit der Mordkommission«, sagte er. »Ich glaube, ich habe eben gesehen, wie jemand einen Mann umgebracht hat.«
    Der Sergeant am Empfang wollte seinen Namen und die Einzelheiten aufnehmen, aber Bradley atmete ein wenig schneller, um panisch zu wirken. »Hallo, wenn Sie mich nicht durchstellen, lege ich eben wieder auf. Wahrscheinlich hätte ich gar nicht anrufen sollen. Und wenn er mich nun gesehen hat? Und wenn …?« Er lächelte, als der Mann in der Leitung sich bemühte, ihn zu beruhigen, bevor er ihn bat zu warten. Einen Augenblick später meldete sich eine zweite Stimme.
    »Sie sprechen mit Detective Inspector Charles Ramsey. Möchten Sie ein Verbrechen melden?«
    »Ja, ich glaube, es war Mord. 36A, Dayton Gardens.«
    »Und wieso glauben Sie, dass dieses Verbrechen begangen wurde, Sir?« Der Mann war Amerikaner mit starkem Yankee-Akzent.
    »Ein Vorderfenster wurde eingeschlagen. Ich habe durch den Briefkastenschlitz geschaut und Blut auf den Fliesen im Flur entdeckt. Ich glaube, im Haus ist jemand gestorben. Da war noch ein Mann. Groß und dunkelhaarig. Ich habe gesehen, wie er von einem Raum zum nächsten ging. Dann bin ich weggelaufen.«
    »Wie sah dieser Mann aus?«
    »Ich weiß nicht genau. 1,80 m ungefähr, mit dunklen kurzen Haaren. Anzugträger. Etwa Ende dreißig. Zerknittertes Gesicht.«
    »Sie haben ihn aber ziemlich gut gesehen.«
    »Ich hatte Angst, Mann. Da war so

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