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Die Farben der Finsternis (German Edition)

Die Farben der Finsternis (German Edition)

Titel: Die Farben der Finsternis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Pinborough
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ziehen, als ein junger Mann in einem langen, dunklen Mantel aus einem Wagen in der Reihe dahinter stieg.
    »Dr. Gibbs! Ist das zu glauben?«, sagte er und kam grinsendauf ihn zu. »Wir haben uns ja eine Ewigkeit nicht gesehen!«
    Dr. Gibbs runzelte die Stirn. Er hatte das Gefühl, den jungen Mann mit dem dichten schwarzen Haar noch nie gesehen zu haben – aber das hieß natürlich nichts, da er täglich so viele Menschen sah. War das ein ehemaliger Patient? Nein, er hatte ihn wie einen Freund begrüßt, also handelte es sich vielleicht um einen Medizinstudenten? Das musste es sein. Trotzdem schweifte sein Blick zu den Überwachungskameras, die auf hohen Pfosten über ihren Köpfen surrten und leise alle Aktivitäten auf dem Parkplatz aufnahmen.
    »Entschuldigung, ich weiß nicht genau, wo ich Sie hinstecken soll.« Er lächelte unbeholfen, aber das hinderte den jungen Mann nicht daran, freudig weiter auf ihn zuzugehen und ihn, ehe er sich’s versah, herzlich zu umarmen. Sein Gesicht wurde an die Schulter des Mannes gepresst, die in feine, teuer riechende Wolle gehüllt war. Savile Row. Also doch kein Medizinstudent.
    »Gute Nacht, Doktor«, flüsterte der junge Mann ihm ins Ohr, und ehe er sich befreien konnte, blieb ihm nach einem harten Schlag in den Magen die Luft weg. Er riss die Augen auf, als ein schrecklicher Schmerz seine Eingeweide zerriss und der Arm, der außer Sichtweite war, nach oben zuckte. Dr. Gibbs spürte die plötzliche Anspannung des anderen Mannes, der einen Schritt zurücktrat. Blut spritzte auf den Asphalt zwischen ihnen und tropfte von der Autotür herab. Rote Flecken beschmutzten die auf Hochglanz polierten schwarzen Schuhe des jungen Mannes.
    »Warum?« Er konnte das Wort nicht laut aussprechen. Dann rutschte er an seinem Wagen nach unten, während er zusah, wie der Mann sich umdrehte und mit gesenktem Kopf den Parkplatz verließ. Nicht sein Auto. Hatte nur gewartet.Warum? Er starrte zu Boden, wo Regen und Blut ineinanderflossen. Sein Blut . Sein Leben. Sein Tod. Eine erste Panikwelle schoss durch seine Adern, jene Adern, die so verzweifelt versuchten, Blut in seinem Körper zu halten, das es so eilig hatte, diesen zu verlassen.
    Ihm wurde schwindelig, schwarze Punkte flackerten in seinen Augenwinkeln und breiteten sich aus. Jemand würde kommen … die Kameras … jemand würde es sehen … Das konnte doch nicht wahr sein. Er konnte nicht sterben. Doch nicht hier. Nicht jetzt. Er doch nicht.
    Kurz darauf bewies ihm sein Körper das Gegenteil.

    Es ist nicht so warm wie in Paris und es regnet. Schwere Tropfen fallen auf die kurze Rutsche und das Klettergerüst zu ihrer Linken, als sie das nasse Tor öffnet und die Gärten am Woburn Square betritt. Der Weg ist aus gelbem Kies, hübsch, findet sie, vor dem grünen Hintergrund des Rasens. Er erinnert sie an die Gänge, und einen Augenblick lang erfüllt sie ein Gefühl, das sie nicht erkennt – ein Schmerz, etwas Neues unter vielem anderen. Heimweh. Sie schüttelt es ab und atmet die Luft ein, die nach Nässe, Benzin und dem Schweiß von Millionen riecht.
    Wasser tropft von den Blättern der Bäume, die in regelmäßigen Abständen zwischen dem schmiedeeisernen Zaun und dem Weg stehen, um mitten in der tosenden Stadt ein Gefühl von Frieden und Ungestörtheit zu vermitteln, und ein paar kühle Tropfen rinnen über ihren Nacken in den Kragen ihres weiten Pullovers. Vielleicht hätte sie sich wärmer anziehen sollen, aber es gefällt ihr, wie sich die weiche Jeans an ihren Beinen anfühlt und wie die Wolle über ihre Haut streift. Dennoch bekommt sie eine Gänsehaut auf den Armen, und ob ihr das gefällt, weiß sie nicht.
    Ein Bus hupt und eine Gruppe von Schülern, die sich wüst beschimpfen, geht auf der anderen Seite des Zauns vorbei. DieSprache klingt rau. London, stellt sie fest, fehlt die Pariser Romantik, und doch, denkt sie lächelnd, hat es etwas ganz Besonderes. Die Stadt ist alt und schmutzig, voller grausamer Wahrheiten, für alle sichtbar und doch verborgen. London ist schlau, schnell und voller Leben – zynisch in den Gesten, aber immer mit einem frechen Grinsen im Gesicht. London ist eine Stadt, die dir zuzwinkert, während sie dir die Brieftasche klaut. Völlig klar, dass der Architekt hier zu Hause ist. Es stinkt nach ihm.
    Sie lächelt der Gestalt zu, die in der Holzhütte am anderen Ende des Platzes auf sie wartet. Mit dem weißen Zaun in Bauchhöhe, der fast wie eine Palisade wirkt, und den hellblauen Bänken innerhalb der

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