Die Farben der Finsternis (German Edition)
jemand ihre Namen laut aussprach.
»Auf dem Zettel steht auch eine Telefonnummer, falls Sie vorher anrufen wollen. Wollen Sie noch heute Abend dorthin fahren?«
»Nein, nicht in der Stoßzeit, da würde ich ewig brauchen. Ich muss im Zusammenhang mit meinem Fall noch jemand anderen besuchen. Die Großeltern nehme ich mir für morgen vor.« Er lächelte. »Vielen Dank für diese Infos.«
»Die Rechnung ist schon unterwegs, keine Sorge.« Jordan runzelte die Stirn und ging zum Fenster. »Was ist das denn? Spielt da unten wirklich jemand Geige?«
»Hört sich ganz so an.«
»Heutzutage gibt es in London wirklich Irre en masse.« Jordan lächelte. »Wahrscheinlich gefällt es mir deshalb sogut hier.« Er warf einen Blick nach draußen. »Das ist … der letzte Penner, aber der steht einfach da und spielt Geige. Kann doch gar nicht sein.«
Cass musste mitlachen. Immerhin war der Musiker, wer immer er sein mochte, kein Geist wie Christian – andere hörten ihn auch. Er war überrascht, wie erleichtert er war. Es gibt kein Leuchten . Sein Fassungsvermögen für Irrsinn war begrenzt.
»Wenn Sie diese Protokolle bekommen, mailen Sie sie bitte an meinen BlackBerry. Ich will vermeiden, dass irgendwer auf dem Revier sie abfängt und mich fragt, was ich hier eigentlich mache.«
»Keine Sorge. Passen Sie auf sich auf, Jones.«
»Ich tu nichts anderes«, sagte Cass. »Sie aber auch.«
Perry Jordan lachte nur.
Eine halbe Stunde später stand Cass in der engen Küche des Hauses, in dem Jasmine Green gewohnt hatte. Er konnte sich nirgends anlehnen, weil überall Kaffee und andere Substanzen klebten, die Cass lieber nicht näher untersuchen wollte. Neil Newton würde sich hier sicher wohlfühlen, obwohl Cass glaubte, dass die Studenten irgendwann ihrer Faulheit entwachsen und ein paar Putzmittel kaufen würden. So weit würde Newton wahrscheinlich nie kommen.
»Müssen Sie in Jasmines Zimmer?«, fragte Craig Mallory. Er hatte schwarze Augenringe und seine Pupillen waren dunkel und geweitet. Der Geruch von Cannabis hing schwer in der Luft und erklärte seinen Zustand. Das war Cass egal. Der arme Junge hatte zusehen müssen, wie seine Freundin die Arme in den Fernseher gestoßen hatte. Dann war sie in seinen Armen gestorben, während er noch versuchte sie herauszuziehen. Cass fand wirklichnichts dabei, wenn er sich zudröhnte, um besser schlafen zu können.
»Wenn ja, ist das kein Problem, aber Jasmines Eltern haben ihre Sachen schon abgeholt, dafür müssten sie bei denen vorbeischauen. Den Fernseher hatten wir schon weggeworfen, bevor sie kamen, weil wir dachten, das wäre vielleicht zu viel für sie …«
Mallory hatte halbherzig in die Tassen gesehen, die über die Küche verteilt waren, weil er eine suchte, die sauber genug war, um Cass einen Kaffee anzubieten. Doch er gab auf und sah Cass an. Der DI war erleichtert; das Leben war auch ohne Kolibakterien schwer genug.
»Eigentlich wollte ich mit Ihnen reden«, sagte er, bot dem Studenten eine Zigarette an und zündete sich auch eine an. »Sie haben wahrscheinlich schon gehört, dass es eine Verbindung zwischen Jasmines Selbstmord und anderen in der Stadt gibt.«
Mallory nickte. »Ja, das habe ich mitbekommen. Ich kannte aber keinen der anderen.«
»Das macht nichts, ich wollte ein paar Fragen über Jasmine stellen. Hatte sie einen Job? Irgendwas, wo sie bar bezahlt wurde, ohne Überweisung?«
»Nicht dass ich wüsste.« Der junge Mann runzelte die Stirn. »Aber komisch, dass Sie danach fragen. Mir war nämlich auch schon aufgefallen, dass sie mehr Bargeld hatte, zum Beispiel wenn wir einkaufen gingen. Früher hat sie häufiger mit Karte bezahlt. Sie hat gesagt, sie wollte ihren Dispo schonen.«
»Haben Sie sie gefragt, woher sie das Geld hatte?«
»Klar. Aber sie hat behauptet, sie würde es jede Woche von ihrem Konto abheben, um sich einen Überblick über ihre Ausgaben zu verschaffen. Als ob sie haushalten wollte.« So wie er Cass ansah, war das ein Fremdwort für ihn.»Sie hat gesagt, das hätte sie in einer dieser Shows gesehen, in denen sie einem zeigen, wie man sich besser organisiert.« Er machte eine Pause und zog wieder die Stirn kraus, als ihm trotz seines verrauchten Schädels dämmerte, was die Frage bedeutete. »Das stimmt also nicht.«
Cass gab dazu keinen Kommentar ab, sondern wechselte das Thema. »Hatte sie während der Woche abends regelmäßige Termine?«
»Das kann ich Ihnen schlecht sagen, weil ich im Sommer als Aushilfe bei Ed’s Pizza
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