Die Farben der Finsternis (German Edition)
testen soll.«
»Woran denken Sie da?«
»Das sage ich Ihnen, wenn ich mir sicher bin.« Er nahm sein Jackett vom Haken. »Danach können Sie nach Hause gehen. Ich muss noch ein paar Besuche machen, dann lasse ich es auch gut sein.«
»Noch mehr Geheimnisse?«, fragte Armstrong.
»Ich will mir den Freund von Jasmine Green noch mal vorknöpfen und zu den Denters fahren. Mal hören, ob einer von beiden einen Job hatte, der bar auf die Hand bezahlt wurde.« Er lächelte. »Keine Geheimnisse.«
»Bevor ich nach Hause gehe, rufe ich noch die Angehörigen und Freunde der anderen an.«
Cass war schon an der Bürotür, als er noch mal stehen blieb. »Sorgen Sie dafür, dass Neil Newtons Wohnung beobachtet wird. Aber unauffällig, ich will nur nicht, dass er abhaut.«
»Aber er hat ein wasserdichtes Alibi.«
»Kann sein, aber die paar Überstunden sind noch drin und die Sache mit der Türkette nervt mich echt.«
Cory Denters Vater ging nach dem dritten Klingeln dran. Er begrüßte Cass mit der monotonen Stimme eines Mannes, dem man das Herz gebrochen hatte. Cory hatte verschiedene Jobs gehabt, ja, aber soweit sein Vater wusste, wurde er nicht bar bezahlt. Er hatte auch nicht regelmäßig gearbeitet, sondern beispielsweise in den Weihnachtsferien in einem Restaurant gekellnert – solche Jobs eben. Coryhatte sein Studium zu ernst genommen, um durchgehend nebenher zu arbeiten. Er war ein guter Junge, der ständig gepaukt hatte. Mr Denter fragte kurz bei seiner Frau nach, aber die konnte Cass auch nicht mehr sagen.
Das Gespräch stockte. Cass hatte keine Antworten, die ihren Schmerz lindern konnten, und selbst wenn er irgendwann Erklärungen für den Tod ihres Sohnes liefern konnte, würden sie merken, dass der Schmerz deshalb nicht geringer wurde. Ihre Unwissenheit war kein Glück, das nicht, doch sie hatte etwas Gnädiges, denn im Augenblick konnten sie sich immerhin noch an einen Hauch von Hoffnung klammern.
»Bar auf die Hand?« Er hörte die bekannte Angst in Mr Denters Stimme. »Soll das heißen, dass mein Sohn doch in dunkle Geschäfte verwickelt war?«
»Nicht unbedingt«, erwiderte Cass. »Heutzutage versuchen viele Unternehmen, die Steuer zu umgehen. Alle haben zu kämpfen. Möglicherweise wusste er gar nicht, dass sein Arbeitgeber dadurch die Finanzbehörden betrog.«
Die Wahrscheinlichkeit war gering – Cass hatte Corys Sachen durchsucht und keine Lohnzettel gesehen, weder echte noch getürkte. Wenn er noch vor Kurzem gearbeitet hätte, wäre sicherlich irgendwas zu finden gewesen. Ein Wort hing ungesagt in der Luft.
Schließlich sagte er: »Ich kann mir nicht vorstellen, dass Ihr Sohn etwas mit Drogen zu tun hatte.« Na also, da war es, das Wort. Drogen. »Kids, die Drogen verkaufen, tun das normalerweise zur Finanzierung ihrer eigenen Sucht. An der Leiche Ihres Sohnes wurde nichts dergleichen festgestellt – und bei den anderen Studenten auch nicht.« Cass redete langsam und ließ jeden Satz wirken, ehe er weitersprach. »Ich kann Ihnen das natürlich nicht garantieren, aber ich habe im Gefühl, dass es keine solche Verwicklunggegeben hat. Sie hatten einen guten Sohn, Mr Denter. Auf Ihren Jungen können Sie stolz sein. Unabhängig davon, was ich herausfinde oder auch nicht, sollten Sie ihn so in Erinnerung behalten.«
Als der Mann leise ins Telefon weinte, legte Cass auf, um sie beide zu schonen.
In dem Haus, in dem Jasmine Green gewohnt hatte, ging niemand ans Telefon. Da konnte er später vorbeifahren. Jetzt stand noch ein privater Besuch an.
Perry Jordans Wohnung war nicht so protzig, wie Cass erwartet hatte, obwohl der Privatdetektiv doch leidenschaftlicher East-Ender war. Andererseits wurden sie alle älter, dachte er, als er in dem braunen Ledersofa versank, auch Perry Jordan. Der Mann, der ihm die Tür aufgemacht hatte, war nicht mehr der jungenhafte Draufgänger, der vor wenigen Jahren wegen eines falschen Loyalitätsbeweises aus dem Polizeidienst geflogen war. Der schlaksige Körper wurde an Brust und Schultern dicker und sein glattes Gesicht rauer, bereit für die Falten, die sich im Laufe der Jahre eingraben würden. Die Zeit wartete auf niemanden, so viel stand fest.
»Ich habe ein paar Informationen für Sie, aber es kam mir vor, als müsste ich Blut aus einem Stein melken.« Perry Jordan warf einige Blätter auf den Beistelltisch zwischen ihnen und beugte sich vor. »Je länger ich an diesem Auftrag arbeite, umso klarer wird mir, dass die Welt voller Geheimnisse ist.«
»Wie
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